Abenteuerreise Europa

Im September startet die Eintracht wieder in den Europapokal. Die EvM-Redaktion und die Kollegen des Eintracht Frankfurt Museums freuen sich auf neue Abenteuer und blicken zurück in die Geschichte. Denn in den vergangenen 60 Jahren haben die Fans der SGE international allerhand erlebt.

Feuerwerk in Frankfurt
Gleich mal der Hinweis an die Leserschaft: Bitte, bitte nicht wiederholen. Als die Eintracht am 13. April 1960 die stark favorisierten Profis der Glasgow Rangers im Europapokalhalbfinale mit 6:1 aus dem Stadion zaubert, feiern die Fans die Tore der Eintracht mit permanentem Abschießen von Feuerwerkskörpern. Die Konsequenz damals: Der Stadionsprecher mahnt zur Vorsicht, da die heruntergehenden Raketen für kleinere Waldbrände sorgen. Die Presse hingegen ist voll des Lobes: Rundschau, BILD, FAZ und FNP loben die Fans für das Feuerwerk, selbst die Verantwortlichen der Eintracht freuen sich in den „Eintracht-Heften“, dass die Fans das Stadion „in den Krater eines Vulkans“ verwandelt haben. Zum Abschluss nochmals der Hinweis an die Leserschaft: Bitte, bitte nicht wiederholen. Das waren andere Zeiten!!! 

Platzstürme in Kilmarnock
An das Messepokalspiel beim FC Kilmarnock am 22. September 1964 erinnern sich nur noch wenige Fans. Typisch SGE, könnte man sagen. Das Hinspiel hatte die Eintracht mit 3:0 gewonnen, im Rückspiel in Schottland waren die Adlerträger nach zwei Minuten in Führung gegangen. Damit ist man durch. Normalerweise. Doch die Schotten drehen das Spiel, siegen mit 5:1 und werfen die Eintracht aus dem Wettbewerb. Hinweis: Schauen Sie sich die Zusammenfassung mal auf youtube an. Als sich die Sensation abzeichnet, stürmen die schottischen Fans nach jedem weiteren Tor zu hunderten das Spielfeld. Und werden von wenigen autoritären Polizisten schnell wieder zurück auf die Plätze gejagt. Bis zum nächsten Tor ... 

Support in Istanbul
1992 spielte die Eintracht bei Galatasaray Istanbul. Das Stadion war total ausverkauft, Galatasaray-Fans ohne Tickets kletterten am Gebäude hoch und so mancher flutschte elegant wie eine Katze durch die Gitter der Toilettenräume ins Stadioninnere. Im Stadion erlebten die mitgereisten Eintrachtler etwas ganz Abgefahrenes: Wechselgesänge. Eine Tribüne fängt an, die andere antwortet. Sowas wird’s in Deutschland nie geben, dachten wir traurig und warteten auf eine Gesangspause des Stadions, um dann mal kurz mit einem „Eintracht“ auf uns aufmerksam zu machen. Das musste nur zweimal gerufen werden, dann hat man wegen des Pfeifkonzerts eh nix mehr gehört. 

Äppler ins Glück
Am 21. Mai 1980 besiegt die Eintracht im Europapokalfinale Borussia Mönchengladbach mit 1:0 und gewinnt den Titel. Das Stadion steht Kopf und bei der Siegerehrung haben viele Tränen in den Augen, als Bernd Hölzenbein den Pott als Erstes an den verletzten Jürgen Grabowski übergibt. Mindestens ein Fan im ausverkauften Stadion bejubelt den Titelgewinn ohne gültige Eintrittskarte. Die Geschichte des Fans, der als „Mitarbeiter des Getränkestands“ mit einer vollen Apfelweinkiste am Eingang durchgewunken wurde, ist belegt. Der junge Mann hatte im Stadion gleich was zum Anstoßen auf den Erfolg. 

Zimmersuche in Moskau
Am 14. September 1993 siegte die Eintracht bei Dynamo Moskau in der ersten Runde des UEFA-Cup mit 6:0. Die mitgereisten Anhänger feierten den Kantersieg euphorisch. So mancher kam abends aber vermutlich nicht mehr ins Bett, weil er es einfach nicht gefunden hat. Denn die Eintracht-Fans waren im Hotel Rossija untergebracht, und das war der Legende nach das größte Hotel des Universums und hatte 400.000 Betten (Wikipedia berichtet zumindest, dass es das größte Hotel Europas war). In der Realität hatte es auf jeden Fall acht Eingänge, die alle gleich aussahen – und im Innenhof einen typischen osteuropäischen Birkenwald. Wer durch den falschen Eingang ins Hotel marschierte, war verloren – und so traf man die ganze Nacht über versprengte Frankfurter, die auf der Suche nach ihren Zimmern waren. 

Strip in Vilnius
1995 konnte sich die Eintracht nicht für den UEFA-Cup qualifizieren, man scheiterte in der Sommerpause im legendären „Ui-Cup“ – in Bordeaux. Ein Gruppenspiel im UI-Cup führte die Frankfurter Mannschaft damals nach Vilnius in Litauen. Begleitet wurde die Truppe von knapp 20 Fans, einer von ihnen war Manfred „Adi“ Adelmann. Adi ließ es sich auch in Vilnius nicht nehmen, im Stadion zu strippen. Dumm war, dass das Spiel im TV übertragen wurde – und Adi da zu sehen war. Noch am gleichen Abend wurde er direkt aus dem Hotel weg verhaftet. Und am Rückreisetag erst wieder aus dem Kerker freigelassen, nachdem jeder der Reisegruppe 10 Dollar für die Freilassung gezahlt hatte. 

Lost Places: Prypjat
Knapp 3000 Eintracht-Fans reisten im Februar 2019 nach Charkiw, um die Mannschaft im Spiel gegen Schachtar Donezk zu unterstützen. Einige Fans hatten in der Ukraine aber verschiedene weitere Termine. Eine Gruppe junger Leute z.B. hatte sich zu einer Touristenexpedition nach Prypjat angemeldet. Die 50.000-Menschen-Stadt Prypjat war unmittelbar nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 geräumt worden. Die Geisterstadt ist mittlerweile eine touristische Attraktion – es gibt sogar die Forderung, sie in die Welterbeliste der UNESCO aufzunehmen. Sollte das passieren, gehören zukünftig auch diverse Eintracht-Aufkleber, die im Stadion von Prypjat hinterlassen wurden, zum UNESCO-Welterbe. 

Zöllner in Tel Aviv
Das hätte eine tolle Bembelbar werden können. Zum Europa-League-Spiel in Tel Aviv 2013 organisierten die Eintrachtfans eine Bembelbar am Strand. Extra dafür wurden mehrere hundert Dosen Apfelwein nach Tel Aviv verschifft. Doch am Flughafen dann das böse Erwachen. Der Zoll war mit der Deklarierung als „Apfelsaft“ nicht einverstanden und verweigerte die Herausgabe des Stöffchens. Der Kampf um den Apfelwein forderte sogar Oberbürgermeister Feldmann, der sich verzweifelt bemühte, auf politischem Wege die Freigabe zu erhalten. Doch alles Bemühen half nix. Die Eintracht verlor bei Makkabi mit 2:4, der Apfelwein blieb am Flughafen – die Bembelbar war trotzdem wunderschön – am Strand von Tel Aviv. 

Eishockey in Salzburg
Tja, und im vorvergangenen Jahr wurden tausende Fans, die zum Europapokalspiel nach Salzburg gereist waren, vom Sturmtief „Sabine“ überrascht. Das Spiel bei RB wurde abgesagt und kurze Zeit später auf den nächsten Abend verschoben. Was macht man nun in der fremden Stadt, fragten sich hunderte Frankfurter. Die eine Hälfte landete im Irish Pub, wo es so laut, eng und heiß war, dass man kaum über „diesen Virus“ diskutieren konnte, der immer mehr in den Medien auftauchte. Die andere Hälfte fuhr einfach zum Eishockey und supportete das Team des Klagenfurter AC, der sein Auswärtsspiel in Salzburg ob der unerwarteten Unterstützung glatt mit 4:3 gewann. AUSWÄRTSSIEG!