Ralph Gunesch „Das Schönste, das passieren kann, ist, dass ich in den Jungs nicht nur die Begehr- lichkeit wecke, Fußballprofi werden zu wollen, sondern Fußball- profi bei Eintracht Frankfurt werden zu wollen“ Stück weit die Verantwortung im Individual- training, bin aber sehr froh, dass wir z. B. mit Alex Meier und Ervin Skela nicht nur zwei Ex- Profis, sondern auch zwei Legenden im Ver- ein haben, die sich unter anderem auch um den Bereich Individualtraining kümmern. Und das ist auch ganz entscheidend. Ich möchte mir nicht anmaßen, zu sagen, was es bedeu- tet, für Eintracht Frankfurt zu spielen – schließlich habe ich hier nie gespielt. Ich weiß aber sehr wohl, was es bedeutet, für einen Verein mit großer emotionaler Bindung zwi- schen Mannschaft und Fans zu spielen. Mei- ne acht intensiven Jahre beim FC St. Pauli haben mich gelehrt, was du als Einheit alles erreichen kannst – und das versuche ich zu vermitteln. Das Schönste, das passieren kann, ist, dass ich in den Jungs nicht nur die Begehrlichkeit wecke, Fußballprofi werden zu wollen, sondern Fußballprofi bei Eintracht Frankfurt werden zu wollen. Das ist etwas, das mit Geld nicht zu bezahlen ist. Das ist ein Faustpfand, den wir hier bei der Eintracht ha- ben. Den kannst du dir nicht kaufen. Das ist einfach eine Sache, die ist da, die wird gelebt, die hat sich entwickelt, die ist historisch be- dingt. Dies möchte ich neben fußballerischen Inhalten allen unseren Spielern vermitteln. … den Ablauf einer Arbeitswoche: So etwas wie eine klar definierte Arbeitswo- che gibt es im Grunde nicht. Es kommt natür- lich auch immer darauf an, was, wann für wel- ches Team auf dem Programm steht. Wann trainiert die U21, wann spielt sie? Wann trai- nieren U19 und U17, wann finden deren Par- tien statt? Der Austausch mit den Trainern ist sehr, sehr eng. In den ersten Wochen habe ich mir viel angeschaut, weil ich zu diesem Zeit- punkt noch nicht hineingrätschen wollte. Die Spieler hatten am Anfang der Saison ohnehin viel zu verarbeiten – ein neues Team, teilwei- se neue Trainer, neue Inhalte. Ab den Trai- ningslagern hat meine tagtägliche Arbeit be- … die ersten Monate bei Eintracht Frankfurt: Wir haben den Dienstbeginn bewusst auf den 1. Mai gelegt, weil zum einen speziell mei- ne Position neu ist und sich zum anderen vie- les im NLZ gerade im Um- beziehungsweise Neuaufbau befindet. Deshalb war es gut, dass ich einige Wochen Zeit hatte, Dinge zu planen, zu konzipieren und vorzubereiten. Das alles erst während der Saisonvorberei- tung 2022/23 konzeptionell auf die Beine zu stellen, wäre sehr schwierig geworden. In den ersten Wochen der Vorbereitung habe ich mir zunächst einen Überblick über unsere Mann- schaften verschafft. Seit den Trainingslagern Ende Juli ging die tagtägliche Arbeit mit den Jungs los. Es hat bis hierhin alles wunderbar funktioniert. Es macht großen Spaß, ich bin gut aufgenommen worden und dadurch, dass einige Positionen neu geschaffen bezie- hungsweise neu besetzt wurden, herrscht im NLZ insgesamt so etwas wie eine Aufbruch- stimmung. … die Position des Übergangstrainers: Meine offizielle Bezeichnung ist Übergangs- trainer. „Übergang“ hat in diesem Fall aber nichts mit einer zeitlichen Begrenzung zu tun. Spieler und junge Talente, die den Sprung aus dem Junioren- hin in den Herrenfußball ma- chen, sind oftmals ein wenig auf sich allein gestellt. Meine Position ist neu geschaffen worden, um unseren Top-Talenten und poten- ziellen zukünftigen Profis frühzeitig zur Seite zu stehen, das geht in etwa ab der U16 los. Darüber hinaus bin ich verantwortlich für den Bereich Individualtraining von der U21 bis zur U12. In der Ausbildungskonzeption wollen wir künftig verstärkt dahin gehen, die Spieler in- dividuell bestmöglich weiterzuentwickeln. Bereits in Ingolstadt habe ich versucht, den Jungs Dinge mitzugeben, von denen sie die nächsten Jahre noch profitieren können – un- abhängig davon, welche Position der Spieler spielt und welches System gespielt wird. Es gibt gewisse Grundprinzipien, Basisfähigkei- ten, die du im Profifußball einfach brauchst. Die Lücke zwischen dem Übergang aus dem Nachwuchsfußball in den Profibereich wer- den wir nie ganz schließen können. Wir kön- nen aber versuchen, sie kleiner zu machen, die Jungs besser darauf vorzubereiten, damit die Anpassungszeit nicht so lang ist. Im Profi- geschäft hast du nämlich keine Zeit. Deswe- gen bin ich auch froh, dass zu dieser Saison unsere U21 an den Start gegangen ist, weil die Jungs schon in jungen Jahren Erwachse- nenfußball spielen können. … die Emotionalität als Komponente: Ich möchte betonen, dass ich das alles natür- lich nicht allein mache. Ich habe zwar ein gonnen. Konkret sieht das so aus, dass ich mir an einem Tag die Innenverteidiger zur Seite hole, an einem anderen Tag mit Alex Meier zusammen die Stürmer. Dies geschieht im- mer in Absprache mit dem jeweiligen Chef- trainer. Wir versuchen es immer mit einem gewissen Vorlauf zu planen – am Ende kommt es aber oftmals anders aber durch den en- gen Draht untereinander ist das alles kein Problem. … den Austausch mit dem Profibereich: Der Austausch mit den Kollegen der Fußball AG ist rege. Es gibt meinerseits ein monatli- ches Reporting, das ausgewählte Spieler be- trifft, mit subjektiven und objektiven Fakto- ren. Subjektive Faktoren sind beispielsweise Eindrücke, wie sich der Spieler aus unserer Sicht im jeweiligen Monat präsentiert hat. Die objektiven Faktoren beschreiben unter ande- rem die Spielminuten, die Belastungswerte und Laufwerte. So haben wir die Möglichkeit, nachzuvollziehen, wie viel Belastung der Spieler im Vergleich zu einem Profi auf seiner Position erfahren hat. Es gibt einen regelmä- ßigen Austausch mit dem Profi-Trainerteam um Oliver Glasner, Ronald Brunmayr und Mi- chael Angerschmid. Darüber hinaus sind die Fachbereiche, wie Athletik- oder Torwarttrai- ner, eng miteinander vernetzt. Mit im Boot sind natürlich auch Timmo Hardung als Leiter Lizenzspielerabteilung und Markus Krösche. … die herausfordernde, aber auch span- nende Saison: Uns ist bewusst, dass uns eine sehr lange und kräftezehrende Spielzeit bevorsteht. Da kommt viel auf uns zu. Mit der Hessenliga, die allein 38 Spieltage zu bieten hat. Mit den U19- und U17-Bundesligen, mit der UEFA Youth League. Mit dem Rhein-Main-Cup, in dessen Rahmen unsere Spieler von der U17 bis zur U21 Leistungsvergleiche mit dem FSV Frankfurt, dem SV Wehen Wiesbaden, dem SV Darmstadt 98, dem 1. FSV Mainz 05 und mit Kickers Offenbach absolvieren. Es gibt für die Jungs zwar nichts gewinnbringende- res als Spiele – Spiele sind immer besser als Training – aber das müssen wir alles mitein- ander koordnieren. Wir haben in allen Berei- chen noch Potenzial, das wir Laufe der Zeit immer weiter zur Entfaltung bringen möch- ten. Für den momentanen Stand habe ich aber schon ein sehr gutes Gefühl und freue mich auf die kommenden Monate. 23