Hard-Kohr ganz prviat

Dominik ist auf dem Platz „Hard-Kohr“, geht gerne rustikal zur Sache und keinem Zweikampf aus dem Weg. Aber wie tickt der 26-Jährige privat? EintrachtTV und die „Eintracht vom Main“ haben Kohr an einem freien Tag besucht und waren mit dem Mittelfeldspieler unterwegs. Immer an seiner Seite: Frau Melissa und Hund Abby. Der ehemalige U-Nationalspieler hat dabei über den Beginn seiner Karriere, die Fußballerfamilie Kohr, Frankfurt, seinen perfekten freien Tag und beim gemeinsamen Spaziergang auch über das vierbeinige Familienmitglied gesprochen.

Länderspielpause. Die in Frankfurt verbliebenen Spieler genießen einen freien Tag. Dominik Kohr hat das EvM- und ETV-Redaktionsteam in seine Wohnung eingeladen. In der Frankfurter Innenstadt hat er mit Frau Melissa sein Domizil bezogen. Im Eingangsbereich zieren vier Trikots die Wand, eingerahmt sowie mit Autogrammkarten, Bildern und Zeitungsausschnitten garniert. Eines davon ist das Dress von der erfolgreichen U21-EM 2017, als Kohr mit dem deutschen Team den Titel holte. Auf der überdachten Terrasse, die vom Weg ins Wohnzimmer aus erreichbar ist, lädt eine Sitzecke bei entsprechendem Wetter zum Verweilen ein; der Grill ist unter einer Schutzhülle versteckt. Kohr bietet einen Kaffee an. Wir bejahen – und die Maschine verrät, dass hier ein passionierter Kaffeetrinker wohnt.

Dominik, wie steht es um deine Barista-Künste? Kannst du mit Teamkollege Kevin Trapp mithalten?
Kaffee muss morgens schon sein, das pusht auf jeden Fall und lässt mich gut in den Tag starten. Gerade wenn ich mal länger geschlafen habe (lacht).  Meine Barista-Künste sind allerdings noch nicht so ausgeprägt wie etwa bei Kevin, der seine Kreationen gerne mal auf Instagram postet. Davon bin ich noch weit weg, das ist schon eine Kunst für sich. Bei mir gibt es grundsätzlich nur Café Americano, etwas anderes haben wir nicht im Sortiment (lacht).

Anfang Juni des vergangenen Jahres unterschrieb Dominik Kohr einen Vertrag bei der Eintracht. Seit knapp eineinhalb Jahren lebt der frühere Leverkusener und Augsburger in der Mainmetropole.

Wie gefällt dir Frankfurt?    
Mir und meiner Frau gefällt Frankfurt sehr gut. Die Stadt passt gut zu uns, weil sie nicht zu groß ist. Alles ist zu Fuß gut erreichbar. Für unseren Hund Abby haben wir beispielsweise einen Park direkt vor der Tür. Außerdem kommen wir durch die Spaziergänge mit ihr auch raus an die frische Luft. Das tut uns ja genauso gut (lacht).

Du lebst recht zentral in der Innenstadt. War es für euch auch eine Option, ein bisschen weiter außerhalb zu wohnen?
Es ist tatsächlich das erste Mal, dass wir so zentral in der Stadt wohnen. In Augsburg hatten wir ein Haus mit Garten, da konnte Abby immer herumtollen. Deswegen haben wir danach auch in Frankfurt geschaut, aber leider haben wir nichts Passendes gefunden. Hier sind wir aber sehr zufrieden und fühlen uns wohl.

Was unterscheidet die Stadt Frankfurt von Augsburg oder Leverkusen?
Jede Stadt hat ihren eigenen Charakter. Augsburg ist sehr klein und ich bin eigentlich immer einem meiner Mitspieler über den Weg gelaufen, wenn ich in der Stadt unterwegs war. In Leverkusen war es ganz anders. Wir haben in Düsseldorf gewohnt, von da aus hast du auch mal 40 Minuten Fahrzeit zum Training gebraucht. In Frankfurt ist es eine ganz eigene Welt und man hat einen starken Kontrast: Einerseits das Bankenviertel, in dem jeden Tag mit viel Geld gehandelt wird und andererseits auch Ecken wie das Bahnhofsviertel, wo es auch mal nicht so privilegiert zugeht. Trotzdem kann man hier sehr viel unternehmen und kommt auch raus.

Hast du einen Lieblingsplatz in Frankfurt?
Wir gehen gerne mit unserem Hund zur Oberschweinstiege, weil man dort nach einem Spaziergang entspannt etwas trinken und essen kann. Aktuell ist das zwar schwierig, weil alle Restaurants und Biergärten geschlossen haben. Aber das ist definitiv einer meiner Lieblingsplätze hier. Außerdem bin ich, wenn ich mal raus möchte, innerhalb von 15 Minuten in einem schönen Waldgebiet. Bis zum Stadion ist es auch nicht weit. Deshalb ist die Lage für mich optimal.

Zur Oberschweinstiege kommen wir später noch, schließlich möchten wir auch Abbys „Spielwiese“ kennenlernen. Zeit dafür hat Kohr am heutigen Tag, denn es ist trainingsfrei.

Wie sieht euer perfekter freier Tag aus?  
Normalerweise frühstücken wir zusammen und gehen dann mit dem Hund spazieren. Entweder im Park oder wir fahren in den Wald – je nachdem, wie das Wetter ist. Manchmal liegen wir aber auch nur auf der Couch, schauen einen Film und genießen einen entspannten Tag zu zweit. Heute freue ich mich, dass Felix Wiedwald [Anm. d. Red.: ehemaliger Frankfurter Torhüter, der jetzt in den Niederlanden beim FC Emmen spielt] zu Besuch kommt, er möchte noch ein paar Sachen in Frankfurt abholen. Wir verstehen uns immer noch sehr gut. Außerdem zocke ich gerne auf der Xbox zur Entspannung – nicht nur an einem freien Tag.

Dominik führt uns in sein „Zockerzimmer“, gleichzeitig auch ein Fitnessraum. Auf dem Schreibtisch stehen zwei Bildschirme, in einem Regal sind akkurat ein paar Ordner aufgereiht. Das Laufband kommt eher in der Saisonpause zum Einsatz, der Boxsack auch schon mal nach einer Niederlage. „Hier haue ich gerne mal dagegen, wenn es nicht so gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt haben“, erzählt er. Eine Runde auf der Xbox darf nicht fehlen. Unser Fotograf schlüpft in die Rolle von Union Berlin, einem der nächsten Gegner der Eintracht. Angestachelt von unserem Kameramann kommentiert Kohr einige Szenen. „Komm schon, Kohr, Grätsche!“, setzt er auch virtuell zu seiner Spezialität an und schiebt nach dem erfolgreichen Tackling mit einem Schmunzeln hinterher: „Der hat eben ein richtig gutes Timing.“ Kohr gewinnt mit 4:0. „Bas war mal wieder eiskalt vor dem Tor“, lobt er den Torschützen. Zurück im Flur bleiben wir an einer riesigen Weltkarte stehen

Haben die verschiedenen Farben der Pins eine Bedeutung?   
Wenn wir ein Land bereist haben, markieren wir das, um zu sehen, wo wir schon überall waren. Blau steht für mich, rot steht für uns beide und gelb zeigt, wo meine Frau unterwegs war. Man sieht, dass wir noch einiges vor uns haben.

Was möchtet ihr gerne noch sehen?   
Mittel- und Südamerika, aber auch Afrika würden wir gerne noch intensiver bereisen und die Kultur und die Leute besser kennenlernen. Was waren die schönsten Reisen bisher? Ich denke, Denver in Colorado. Meine Frau hat dort ein Au-pair-Jahr gemacht, deshalb fliegen wir eigentlich jedes Jahr dorthin. Weil sie dort jetzt schon viele Bekannte hat, bekommen wir von den Einheimischen mittlerweile nicht mehr das klassische Touristenprogramm aufgebrummt, sondern unternehmen gemeinsam etwas, das auch ihnen gefällt. Dabei können wir auch gleichzeitig unsere Englischkenntnisse trainieren (schmunzelt).

Lieber Städtetrips oder Ausflüge aufs Land?
Für mich muss es nicht unbedingt eine Stadt sein, ich mag eher die ländliche Gegend. Meine Frau könnte den ganzen Tag am Pool liegen (lacht). Mir reicht das nach einem Tag und ich möchte wieder etwas Neues sehen. Mich würde es beispielsweise auch packen, eine längere Strecke mit dem Auto abzufahren und die Landschaft zu genießen. Etwa von San Francisco nach Los Angeles.

Was war die aufregendste Reise bisher?
Las Vegas mit meinen Jungs war auf jeden Fall eine Reise wert. Ich kann jedem nur empfehlen, mal dort mal gewesen zu sein (lacht).

Ein Bild von dem Ausflug in die Zockerstadt hat im „Zockerzimmer“ einen Ehrenplatz. Kohrs Reise dorthin war in seinen Junggesellenabschied im vergangenen Jahr integriert. Seine Frau Melissa hat er standesamtlich bereits im Dezember 2018 geheiratet, ein halbes Jahr später folgte die kirchliche Trauung. Seit einiger Zeit ist Abby der treue Begleiter des Paares. Mit ihr und Ehepaar Kohr fahren wir zur Oberschweinstiege und möchten beim Spaziergang erfahren, wie Dominik und Melissa auf den (Berner Sennen-)Hund gekommen sind.

Wie kam es dazu, dass ihr euch einen Hund zugelegt habt?    
Wir haben uns im Internet nach Züchtern erkundigt und haben dann – damals noch in Augsburg – einen gefunden, der Welpen hatte. So haben wir uns Abby ausgesucht.

Ist es euer erster Hund?   
Ja. Sie ist super zutraulich und lieb. Normalerweise läuft sie dann immer ein paar Meter vor uns, schaut aber immer zurück und hat uns wieder im Blick. Sie ist einfach ein Herz von Hund und wir sind sehr froh, dass wir sie haben. Wann immer es geht, nehmen wir sie mit.

Wir sind im Waldgebiet zwischen Frankfurt und Neu-Isenburg. Was gefällt euch hier so gut?
Wir können das Waldstück in weniger als einer Viertelstunde mit dem Auto erreichen und haben ein großes Gebiet, in dem wir meistens über eine Stunde unterwegs sind. Anschließend gehen wir, sofern das Lokal geöffnet hat, gerne in die Oberschweinstiege und trinken etwas. Manchmal essen wir auch, das Schnitzel hier kann ich empfehlen. 

Ebenso wie der Hund gehört für Dominik der Fußball zur Familie – und das s beim 26-Jährigen schon in der dritten Generation auf sehr hohem Niveau. Dominiks Großvater Siegfried Kohr spielte für Eintracht Trier, ebenso wie Vater Harald. Der 58-Jährige schaffte es von dort in die Bundesliga, dort absolvierte der Stürmer für Kaiserslautern und Wattenscheid knapp 100 Partien. Dominiks zwei Jahre jüngere Schwester Karoline spielt seit 2016 für den 1. FC Köln.

Dominik, der Fußball wurde dir quasi in die Wiege gelegt.
Irgendwie war es klar, dass ich auch schon früh Fußballprofi werden wollte. Angefangen habe ich im Nachbardorf beim TuS Issel [Anm. d. Red.: im Kreis Trier-Saarburg] und bin im Alter von 15 Jahren in die Jugend von Bayer 04 Leverkusen gewechselt. Ich war bei einer Gastfamilie untergebracht, weil es damals in Leverkusen kein Internat gab.

Das war sicherlich kein leichter Schritt für dich?
Das ist richtig. Meine Gasteltern waren allerdings supernett und haben mir das Leben dort sehr einfach gemacht. Außerdem hatte ich mit Marian Sarr [Anm. d. Red.: ehemaliger Jugendspieler von Bayer 04 Leverkusen], der ebenfalls bei ihnen gelebt hat, immer einen tollen Freund und Teamkollegen an meiner Seite. Ich bin sehr froh, dass ich das in jungen Jahren so erleben durfte, und würde es auch genauso nochmal machen.

Wie sieht die Unterstützung deiner Familie aus – insbesondere durch deinen Vater, der ebenfalls in der Bundesliga gespielt hat?
Er hat immer gute Tipps auf Lager und ist meistens der Erste, mit dem ich nach einem Spiel telefoniere. Es ist mir immer wichtig zu wissen, was er zu meiner Leistung sagt, und gerade vor dem Tor kann er mir noch den einen oder anderen Ratschlag geben (lacht). Er war früher bei jedem Training und bei jedem Spiel dabei und wir haben danach immer gleich miteinander über das Spiel gesprochen. Später war er auch mein Trainer am Fußballstützpunkt. All das führte dazu, dass wir eine sehr innige Beziehung zueinander haben. Wir haben zuhause eine CD, auf der seine besten Szenen und Tore drauf sind. Die haben meine Schwester und ich von klein auf angeschaut. Vielleicht schaue ich sie mir demnächst nochmal an, um in Zukunft wieder erfolgreicher vor dem Tor zu sein (lacht).

In Sachen Torquote liegen dein Großvater, dein Vater und deine Schwester deutlich vor dir. Du hast früher auch offensiver gespielt und Tore geschossen. Wie wurdest du zum defensiveren „Sechser“?
Ich habe als Stürmer angefangen, war auch sehr erfolgreich und bin als „Zehner“ in die Leverkusener Jugend gewechselt. Da haben das Trainerteam und ich allerdings festgestellt, dass ich meine Stärken auch in der Defensive habe. So wurde ich zum „Sechser“ umgeschult und bin seitdem im Mittelfeld beheimatet.

Dort zeigst du deine Qualitäten gerne mal auf die robuste Art und Weise, was dir den Spitznamen „Hard-Kohr“ eingebracht hat. Wie kam es dazu?
Als ich in Augsburg neben Daniel Baier [Anm. d. Red.: ehemaliger FCA-Kapitän] gespielt habe, waren die Tugenden Körperlichkeit, Robustheit und der unbedingte Wille, alles für das Team zu geben, unheimlich gefordert. Daniel war technisch sehr stark und ich musste als Ausgleich dazu den Abräumer im Mittelfeld geben. Das hat mich zu dieser Zeit sehr geprägt. Als ich dann nach einem Spiel wieder in den Mannschaftsbus eingestiegen bin, hatte er eine Kamera und hat zu jedem Spieler etwas gesagt. Dabei hat er mir diesen Spitznamen gegeben. Das haben die Fans mitbekommen. Ich denke, wenn man sieht, wie ich auch in Frankfurt auf dem Feld auftreten möchte, passt das ganz gut (lacht). Trotzdem ist es mir immer wichtig, meinen Gegner nie absichtlich und ernsthaft zu verletzen. 

Und es führte dazu, dass du von den 11Freunden mal zu einem Shooting in einer Metzgerei eingeladen wurdest.
Eine nette Geschichte. Zudem sollte man das nicht zu ernst nehmen. Mit dem Blut sah das schlimmer aus, als es ist. Ich versuche auf dem Platz einfach nur, hart in die Zweikämpfe zu gehen und meinen Gegner mit allen erlaubten Mitteln vom Ball zu trennen. „Hard-Kohr“ passt auf jeden Fall sehr gut.

Das Wort „Hard“ kommt auch in einem seiner Alben vor („Work Hard“), in die er bei Instagram seine Aktivitäten kategorisiert hat und damit seine Fans am Leben teilhaben lässt.  Unter „Love“ findet sich ein Bild seines romantischen Heiratsantrags an Melissa, bei „Football“ sind Schnappschüsse aus seiner Karriere abgelegt, unter „Travel“ zeigt er einen Strike beim Bowling, den Strand von Abu Dhabi sowie Eindrücke aus London, Paris und Amsterdam. Von seinen Charityaktivitäten berichtet er, während sich „Prinzessin Abby“ (eine der Bildunterschriften) beim Chillen, im Lastenfahrrad und Eisschlecken zeigt. An diesem Nachmittag sehen wir – und ihr in unserem ETV-Beitrag –, wie Abby sich im Wald pudelwohl fühlt und das herrliche Wetter mit Herrchen und Frauchen genießt. Die Runde an der Oberschweinstiege fällt heute etwas kürzer aus. „Wiede kommt gleich. Macht’s gut“, verabschiedet sich Kohr, der Abby dabei liebevoll zurück in den Kofferraum setzt.

Interview: Michael Wiener
Bilder: Max Galys