„Ich möchte Deutschlands Nummer eins werden“

Im Podcast „Eintracht von Main“ spricht Torhüterin Stina Johannes über ihre Entwicklung in zwei Jahren bei der Eintracht, ihren Ehrgeiz und die Perspektive in der Nationalmannschaft. Die „Eintracht vom Main“ druckt einige Auszüge aus der Folge ab, die unter anderem über den QR-Code unten direkt abrufbar ist. 

 

Stina, wie blickst du auf die zweieinhalb Jahre zurück, seit du in Frankfurt bist?
Hätte man mir vor zweieinhalb Jahren gesagt, dass es so laufen würde, hätte ich demjenigen die Füße geküsst und gesagt: Nehme ich sofort. Es waren bislang extrem gute zweieinhalb Jahre. Ich bin total dankbar. Ich hatte vor meinem Wechsel eine schwierige Saison, war viel verletzt, wusste nicht, wo es hingeht, gleichzeitig haben viele von mir als Nachfolgerin von Merle Frohms gesprochen. Ich wollte erst einmal Stück für Stück zu alter Stärke zurück und mich dann weiterentwickeln. Das ist total aufgegangen. Mein erstes Jahr endete damit, dass ich mich als dritte Torhüterin in den WM- Kader gespielt habe. Im vergangenen Jahr konnte ich zum ersten Mal in der Champions-League-Gruppenphase spielen, war bei jedem Nationalmannschafts-Lehrgang dabei und durfte mit zu Olympia. Ich genieße das alles sehr. 

 

Du giltst als sehr akribischer und ehrgeiziger Mensch. Wie zeigt sich das in deinem Alltag?
Ich nehme mir gerne nach dem Training noch die Zeit, mit unserem Torwarttrainer Dennis Tiano auf dem Platz zu bleiben, Dinge auszuprobieren, Situationen zu simulieren. Ich möchte mich beispielsweise auch noch in meinem Offensivspiel verbessern, lernen, wie viel Risiko ich in welchen Situationen gehe. Aber auch wenn ich beim Krafttraining bin, arbeite ich total detailverliebt, plane meine Sessions schon Tage vorher, schicke Videos an meinen Coach, schaue, wie ich jede Bewegung noch verbessern kann. 

 

Wie hilft dir dein abgeschlossenes Mathematikstudium auf dem Platz?
Ich würde sagen, dass ich sehr logisch an Dinge herangehe, sehr klar, ohne große Umwege. Also: Was ist der schnellste Weg von A nach B? Wie kann ich das Risiko kalkulieren? Das hilft auf dem Platz. Auch im Spiel geht es darum zu antizipieren, wo der Ball hinkommt. Welche Optionen hat die Stürmerin dann? Ist A oder B wahrscheinlicher? Wenn sie sich für A entscheidet, was mache ich dann? Natürlich klappt diese Denkweise nicht 90 Minuten lang, aber es ist das Ziel, so in den entscheidenden Situationen zu denken. 

 

„Ich möchte mich beispielsweise auch noch in meinem Offensivspiel verbessern, lernen, wie viel Risiko ich in welchen Situationen gehe“ 

 

 

Ihr stellt bislang in der Liga die beste Defensive. Woran liegt das aus deiner Sicht?
Der Grundkern des Teams ist schon sehr lange zusammen, kennt sich einfach extrem gut, ist sehr gut befreundet. Ich weiß in der Viererkette genau, wer wo steht – genauso andersherum. Wir kennen unsere Bewegungen. Ich weiß zum Beispiel manchmal, dass ich mich fallen lassen kann, weil ich Vertrauen habe, dass Sara mit ihrem Speed das Sprintduell gewinnen will. Während ich mich absetze, rufe ich schon Soffe zu, dass sie sich fallen lassen und ich sie anspielen kann. Das passiert schon automatisch und passt echt gut. Natürlich geht es aber nicht nur um die letzte Kette. Wir brauchen das Mittelfeld und die Angriffsreihe genauso. Da gelingt es uns in dieser Saison bis- lang sehr gut, konsequent zusammenzuarbeiten. 

 

Trotzdem steht im Sport häufig die Offensive deutlich mehr im Vordergrund als die Defensive. Wie gehst du damit um?
Der ganze Fußball ist auf die Offensive ausgerichtet, das ist einfach so, auch wenn es ein Spiel von Elf gegen Elf ist. Torhüterinnen werden dann oft daran gemessen, wie oft sie zu Null spielen. Aber man kann auch in einem Spiel zwei Gegentore kassieren, bei denen man chancenlos ist, aber ein überragendes Spiel machen. Da ist das System manchmal etwas undankbar. Trotzdem ist das eher die Außenwahrnehmung, im Team erhält jede Position ihre Wertschätzung. 

 

Wie sehen deine Ambitionen in der Nationalmannschaft aus?
Erstmal muss ich sagen: Wir haben in Deutsch- land sehr viele sehr gute Torhüterinnen. Ann- Kathrin Berger hat bei Olympia ein tolles Turnier gespielt und einen entscheidenden Anteil an der Bronze-Medaille gehabt. Durch das Karriereende in der Natio von Merle Frohms hat sich meine Situation etwas verändert, ich bin quasi eine Position aufgerückt. Klar ist, dass „Anne“ Berger mit ihren 34 Jahren vermutlich keine vier Jahre mehr spielen wird, dann wird es einen Wechsel geben und viele junge Torhüterinnen kommen nach. Ich habe mir in den vergangenen anderthalb Jahren ein gewisses Standing im Nationalteam erarbeiten können. Von daher ist es definitiv mein Ziel, wenn „Anne“ Berger ihre Karriere beendet, die neue Nummer eins Deutschlands zu werden.