Kein reiner Männersport

Seit fast 100 Jahren wird bei Eintracht Frankfurt Rugby gespielt – seit etlichen Jahren als Spielgemeinschaft Rhein-Main mit Frauen anderer Vereine aus der Region wie Mainz, Hausen und Heusenstamm sogar in der Bundesliga. Für Frauen gab es innerhalb dieses Sports allerdings auch bei der Eintracht lange keinen Platz. Als sich Corinna Völker der Abteilung vor 24 Jahren anschloss, hatten Frauen weder eine eigene Mannschaft noch die Möglichkeit, richtig zu trainieren. Dass das Frauen-Rugbyteam der Eintracht heute das größte und erfolgreichste der Region ist, ist vor allem der heutigen Abteilungsleiterin zu verdanken. 

Als Corinna Völker Ende der 1990er Jahre zur Rugbymannschaft von Eintracht Frankfurt dazustieß, war die Abteilung von einer eigenen Frauenmannschaft noch weit entfernt. Corinna, die von Susanne Wodarz zum Rugby motiviert wurde, machte sich gemeinsam mit der mehrfachen Nationalspielerin an den Aufbau eines Frauenteams. Die Voraussetzungen dafür waren damals allerdings alles andere als günstig. „Wir mussten im Training immer auf den Hartplatz oder auf irgendwelche Randstücke des Platzes ausweichen und hatten auch

keine eigenen Duschen. Das war vor allem ein Problem, weil wir die gleichen Trainingszeiten wie die Männer hatten“, blickt sie auf ihre Anfänge in der Abteilung zurück. Da es oftmals auch an einem Trainer für die Frauenmannschaft fehlte, musste Corinna regelmäßig bei den Männern mittrainieren. „Viele der Männer fanden das überhaupt nicht gut“, erinnert sie sich. „Es gab oft die Situation, dass mir im Training kein Ball zugepasst wurde oder blöde Kommentare fielen. Ich musste mich richtig beweisen, bis so langsam die Akzeptanz kam.“

Leichter wurde es für Corinna und ihre Mitspielerinnen erst, als die Mannschaft anfing, Rugby an der Universität anzubieten. Darüber konnten nicht nur motivierte Spielerinnen, sondern auch ein Trainer für das Frauenteam gefunden werden, welches 2004 schließlich erstmals am Ligabetrieb teilnahm. „Ab diesem Zeitpunkt hat sich das Frauenrugby bei der Eintracht immer mehr gefestigt“, erklärt sie, die damals auch anfing, sich als Frauenwartin in der Abteilung zu engagieren. Allein war sie mit ihrem Einsatz für die Rugbyfrauen allerdings nie wirklich, wie Corinna berichtet: „Es gab immer Männer, die mich gefördert und besonders unterstützt haben. Das war auch der Grund für mich weiterzumachen, weil ich immer das Gefühl hatte, dass es im Verein Leute gibt, die mich und mein Anliegen supporten.“ 

„Wenn du gesehen und gehört werden willst, musst du dich vorne hinstellen und sprechen“ – Corinna Völker – 

Seit 2018 ist die ehemalige Nationalspielerin nun Abteilungsleiterin und damit eine von drei Frauen bei der Eintracht, die eine Führungsposition innerhalb der Abteilungen innehaben. „Wenn du gesehen und gehört werden willst, musst du dich vorne hinstellen und sprechen“, erklärt Corinna zu weiblichem Engagement innerhalb der Abteilungen. „Wenn ich möchte, dass Frauen im Sport gleichberechtigt behandelt werden, dann muss ich auch selbst etwas dafür tun. Ich kann nicht über die bestehenden Zustände meckern, wenn ich selbst nicht dazu bereit bin, Hand anzulegen. Es ist wichtig, dass Menschen, die Dinge verändern wollen, solche Positionen innehaben.“

Obwohl sich in den vergangenen 25 Jahren viel für die Frauen im Rugby verändert hat, gibt es weiterhin noch viel zu tun, wie die Abteilungsleiterin erklärt. „Es ist immer noch so, dass Frauen gerade im Sprachgebrauch nicht mitgemeint und -gedacht werden. Wenn bei Sitzungen zum Beispiel von der Nationalmannschaft gesprochen wird, sind damit in der Regel die Männer gemeint. Obwohl die Frauen auch zwei Nationalmannschaften und noch weitere im Jugendbereich haben, wird der Begriff der Nationalmannschaft mit Männern assoziiert. Dafür, dass das ein Problem ist, gibt es weiterhin noch nicht so viel Verständnis.“ Auch deswegen möchte Corinna vor allem im Jugendbereich Mädchen noch stärker ansprechen. „Wir sind der einzige Verein in Frankfurt, der auch Frauenrugby anbietet, das ist eine große Chance für uns.“ Prinzipiell solle man Rugby nicht als Männersport sehen, nur weil er körperbetont ist, findet die 42-Jährige. „Es ist einfach ein Sport, den Frauen ebenso gut ausüben können wie Männer. Vielleicht haben wir körperlich andere Voraussetzungen, das heißt aber nicht, dass wir den Sport schlechter ausüben – höchstens vielleicht etwas anders.“