Sein Abschiedsspiel, Eintracht Frankfurt gegen die WM-Mannschaft 1974 (nur Breitner und Schwarzenbeck fehlten), am 12. November 1980 im Waldstadion war vor 45.000 Zuschauern ein rauschendes Fest mit einem Hauch von Wehmut. Die „Abendpost/Nachtausgabe“ widmete ihm die Sonderbeilage „Tschüß Grabi“ mit zwölf Beiträgen der verbundensten Menschen und Wegbegleiter in seinem Leben. Auszüge und Zitate, ebenso entnommen aus dem Buch „Welt Sport“:

Der Bundestrainer, Helmut Schön:

„Dein Erfolg basierte auf Deiner brillanten Technik, die Du aber nie zum Selbstzweck demonstriert, sondern stets in den Dienst Deiner Mannschaft gestellt hast. Mit Genugtuung denke ich an das WM-Finale 1974 in München, als Du in meiner taktischen Planung eine wesentliche Rolle gespielt hast, die gefährlichen Sturmläufe des glänzenden linken Verteidigers Ruud Krol zu verhindern. Du hast ihn fest gebunden, nicht nur kämpferisch, sondern weit mehr mit Deinem Geschick, Deinem technischen und taktischen Verhalten und hast damit auch wichtige Voraussetzungen für unseren späteren Sieg geschaffen. Du weißt genau, wie gerne ich Dich als Spielerpersönlichkeit in Argentinien dabei gehabt hätte, musste Deine Argumente letzten Endes respektieren. Am Ende Deiner ruhmreichen sportlichen Laufbahn möchte ich Deine Leistungen mit nur drei Worten ausdrücken: Danke, lieber Jürgen.“

Der Kapitän, Franz Beckenbauer:

„Zwischen Jürgen und mir stand einmal ein schweres Missverständnis, aber nur 24 Stunden lang. Nach der Niederlage gegen die DDR war in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, als hätte ich den Grabi aus der Mannschaft geekelt. Wir haben uns ausgesprochen. Denn so, wie es in den Zeitungen stand, hatte ich es nicht gemeint. Meine Aussage, Grabowski sei ein Typ, von dem man nicht erwarten kann, dass er ständig seinem Gegner nachläuft, war nicht als Vorwurf gemeint, sondern ich wollte ihn damit vor der allgemeinen Kritik sogar in Schutz nehmen. Jürgen hat mir das geglaubt. Die Sache war ausgeräumt. Als Jürgen zu meinem Abschiedsspiel nach New York kam, habe ich mich riesig gefreut und ihm angeboten, meinen Platz bei Cosmos einzunehmen. Denn ein so brillanter Fußballspieler bringt auch mit 36 noch seine Leistung, nicht nur in New York, sondern auch in der Bundesliga.“

Der Lieblingstrainer, Gyula Lorant: 

„Ohne Jürgen Grabowski wären die Perfektion meines Raumdeckungssystems und die beispiellose Erfolgsserie von 22 Spielen ohne Niederlage nicht möglich gewesen. Ich brauchte einen Umsetzer meiner Gedanken auf dem Spielfeld, einen Mann im Mittelfeld ohne direkten Gegenspieler, der klug, gut abgeschirmt, eigene Ideen entwickelt, die Bälle hält und verteilt, quasi ein zweiter Libero im Mittelfeld, eine Position, die es bisher noch nicht gab. Der Grabi war bei der Eintracht dieser ideale Mann.“

Der Sonderbeilagenredakteur und Freund, Hartmut Scherzer:

„Jürgen Grabowski als Kolumnisten der Abendpost/Nachtausgabe zu gewinnen, war ein Coup. Nach der Absage an Helmut Schön sagte er auch mir ab. ,Ich kann doch nicht erst der Nationalmannschaft absagen und sie dann in Argentinien kritisieren.‘ – ,Jürgen, kein Mensch verlangt von dir, dass du nun in Argentinien wie Willi Schulz die Keule rausholst und auf deine Kameraden reinschlägst, gegen die du nächste Saison wieder spielen musst. Du sollst den Lesern nur schildern, wie du die Weltmeisterschaft erlebst, mal von der anderen Seite.‘ Jürgen überlegte ungewohnt kurz: ‚Okay, ich mach‘s unter diesen Bedingungen, dir zuliebe.‘“

Der Journalist, Peppi Schmitt:

„Als Newcomer hatte ich 1974 den Star kritisiert. Grabi kam in einem Spielbericht, seiner Meinung nach, zu schlecht weg. Krach gab es deshalb nicht, vielmehr eine fachliche Diskussion. So gesehen, habe ich Jürgen Grabowski einiges zu verdanken.“

Der Kamerad, Bernd Hölzenbein:

„Irgendwie war der Grabi immer eine Art Vorbild, und ich hatte nie den Ehrgeiz, mit meinen 40 Länderspielen seine 44 zu übertreffen. Jürgen Grabowski gebührt die Nummer eins bei der Eintracht. Er hat es verdient.“

Seine Mutter, Ottilie Grabowski:

„Sie werden es kaum glauben: Heute Abend, beim Abschieds- spiel meines Sohnes, gehe ich zum ersten Mal in meinem Leben ins Stadion.“

Der Fan und Freund, Demetre Papadakis:

„Wie Pelé.“

Der „gute Geist“, Anton Hübler (Zeugwart):

„Jürgen hat sich als Kapitän für alle zerrissen, nicht nur für die Stars, sondern auch für die Anfänger.“

Seine Frau, Helga Grabowski:

Das erste Rendezvous mit einem berühmten Fußballstar – ich war darauf vorbereitet, dass mir Jürgen wahrscheinlich mit seinen Taten bei der Eintracht und in der Nationalmannschaft imponieren würde. Doch er hat mich mit etwas ganz anderem tief beeindruckt. Wir wollten ins Kino, an der Hauptwache. Ein Stadtstreicher mit einer Plastiktüte begegnete uns im Dunklen und steuerte auf Jürgen zu. Als Großstadtmädchen habe ich ihn von dem Mann weggezogen. ‚Komm, lass ihn, wir wollen doch ins Kino.‘ Jürgen ließ sich wegziehen, und das hat ihm keine Ruhe gelassen. ,Vielleicht wollte der Mann etwas von mir‘, sagte er. Wir sind danach eine halbe Stunde lang durch alle Straßen zwischen Hauptwache und Liebfrauenberg gezogen und haben den Mann gesucht, aber leider nicht mehr gefunden. An Kino war natürlich nicht mehr zu denken. Der Hauptfilm lief längst. Ich war dennoch nicht sauer. Ganz im Gegenteil. Der Vorfall hat mich sehr für Jürgen eingenommen. Von einem Fußballstar hatte ich so etwas nicht erwartet. Es war kein Sonderfall. Für andere Menschen nimmt er sich immer Zeit und kommt dadurch natürlich oft zu spät. Wie zu unserem ersten Kinobesuch.“