Gehofft,
gebangt, gefeiert
Eine Saison der Extreme endet. Der Abschluss: Einmal mehr
emotional. Die Einordnung: Nicht so einfach. Ein Versuch.
Text: Daniel Grawe, Stephan Weidemeyer
Bilder: Eintracht Frankfurt
Das Spieljahr 2023/24 endete, wie es begann. Mit einem
Schützenfest in der Region. 13:1 gegen Germania Frankfurt in Dreieich, das
letzte Tor standesgemäß durch den scheidenden Kapitän Sebastian Rode. 15:1 am
15. Juli 2023 beim FSV Braunfels. Ganz so lockerflockig wie im Rahmen von
„Eintracht in der Region“ ging es in den vergangenen Monaten sportlich beileibe
nicht zu. Unterm Strich aber auch nicht unerfolgreich. Ein Blick in den
Rückspiegel.
Heisse Ware…
…war das Stichwort im Sommer. Neben dem Trainerteam
wechselten auch je gut ein Dutzend Profis zu der oder von der Eintracht weg.
Ein Umbruch, wie er im Buche steht. Mit dem Rekordtransfer von Randal Kolo
Muani am Deadline Day.
Zu jenem Zeitpunkt…
…war das Team um den neuen Chefcoach Dino Toppmöller mehr
als manierlich in die Saison gestartet. Saisoneröffnung gegen Nottingham Forest
(0:0), zwei Rhein-MainDuelle in der Bundesliga gegen Darmstadt (1:0) und Mainz
(1:1) sowie die erfolgreichen Anläufe im DFB-Pokal bei Lok Leipzig (7:0) und im
Play-off um die UEFA Europa Conference League gegen PFC Levski Sofia (1:1, 2:0)
– alles ungeschlagen.
Dann kam der Herbst
Dass das zu weiten Teilen runderneute SGEGebilde längst
nicht formvollendet sein konnte, zeigte sich nach vier weiteren ungeschlagenen
Pflichtspielen ab Ende September, als der ersten Saisonniederlage, dem 0:2 in
Wolfsburg, auch in der Gruppenphase der Europa Conference League ein kleiner
Dämpfer folgte – 1:2 beim PAOK FC in buchstäblich letzter Sekunde.
Aufgerafft
Toppmöllers Mannen ließen sich von ihrem Weg nicht beirren,
erkämpften gegen den 1. FC Heidenheim ein 2:0 und blieben insgesamt wieder acht
Partien unbesiegt. Nach der ersten Länderspielpause gelangen in drei Spielen
binnen neun Tagen zwölf Buden: 3:1 bei der TSG Hoffenheim, 6:0 gegen Helsinki,
3:3 gegen Borussia Dortmund.
Der erste grössere Rückschlag
Den
Tortriumphen folgte bis in den Dezember hinein die erste Phase der, zumindest
ergebnismäßigen, Tristesse. Angefangen beim 2:2 in Bremen ließen die Adler
fünfmal in Folge zwei Gegentore zu und verloren bis zum Nikolaustag viermal am
Stück. Sie sicherten zwar mittlerweile die internationale K.-o.- Runde in 2024,
verloren aber auch Platz eins an Saloniki. Das DFB-Pokalaus beim Drittligisten
und späteren Halbfinalisten Saarbrücken tat sein Übriges.
Lichtblick am Rande: Seit Ende November fasst der Deutsche
Bank Park 58.000 Zuschauer.
Die Reaktion…
…ließ nur drei Tage auf sich warten. Eine K.-o.-Niederlage
lässt sich natürlich faktisch nicht vergessen machen, auf emotionaler Ebene
hätte das 5:1 gegen Rekordmeister Bayern München nicht passender kommen können.
Balsam auf die geschundene Pokalseele, aber freilich kein Allheilmittel.
Sprung auf Platz sechs
Jenes Duell, das kurz vor Weihnachten die Gemüter lächeln
ließ, sollte Monate nach dem Sprung auf Platz sechs indirekt eine der größten
Diskussionsgrundlagen bilden. Aber der Reihe nach: In einer spielerisch nicht
berauschenden, aber kämpferisch tadellosen Darbietung erzwingt die SGE zu Hause
gegen Borussia Mönchengladbach in Überzahl in der Nachspielzeit zwei Tore zum
2:1-Sieg. Oberes Drittel erreicht. Schluss. Aus. Frohes Fest.
Knackiger Winter
Zum einen tat sich nochmal etwas personeller Natur. Sechs
Spieler gingen, fünf davon zunächst leihweise, vier kamen – und einer davon,
Hugo Ekitiké, auf der Zielgeraden richtig in Fahrt. Zudem verpflichtete
Frankfurt Robin Koch, zuvor vom Leeds United FC ausgeliehen, bis 2029. Auf dem
Platz präsentierten sich die Adlerträger achtsam, krallten sich in Leipzig ein
1:0, auch daheim gegen Mainz gelang dieses Ergebnis. Weniger erfreulich stimmte
alle Beteiligten das 2:2 in Darmstadt nach 2:0-Führung.
Fragiler Februar
Mit dem Monat wechselte auch der Trend. Aus im Europapokal
gegen Union Saint-Gilloise – 2:2 nach 2:0-Führung und 1:2 im Rückspiel – dicke
Tränen beim die längste Zeit der Saison verletzten Kapitän Sebastian Rode, der
wusste, dass seine letzte Europapokalreise an jenem Abend ein Ende gefunden
hatte, und insgesamt kein Sieg in sechs Spielen. Die Aussicht, höher
anzugreifen, wich immer konkreter dem Bewusstsein, Platz sechs zu verteidigen.
Schneckenrennen um Europa
Entsprechend ging es ins letzte Quartal. In Heidenheim
gelang mit Wille und Maulwurfshügel ein 2:1, danach bezwang Frankfurt
Hoffenheim – am Ende der erste Verfolger – mit 3:1. Eintracht Frankfurt
International im nächsten Jahr schien einzig eine Frage der Form, der Zeit oder
von beidem. Was in der Folge schlicht fehlte, waren Siege.
Für Holz
Einen gab es in den verbleibenden neun Ligaduellen
zugegeben noch. Und der war in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Am 30.
Spieltag wurde der ersten Konkurrent FC Augsburg mit 3:1 distanziert, ein
Fußball-Erfolg zudem, der dem kurz zuvor, am 15. April 2024 verstorbenen Bernd
Hölzenbein im Fußballhimmel gewidmet wurde.
Vorstandsmeldungen
Auf operativer Ebene hatte im März der langjährige
Finanzvorstand Oliver Frankenbach bekanntgegeben, zum 30. Juni 2025 von seinem
Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen. Im April verlängerte Sportvorstand
Markus Krösche seinen Vertrag vorzeitig bis 2028.
Was bleibt
47
Punkte, Platz sechs nach der Hinrunde, Platz elf in der Rückrundentabelle und
trotzdem Rang sechs in der Endabrechnung. Neben den Moment der Gewissheit,
wieder mindestens der UEFA Europa League anzugehören (bestätigte sich nach der
Königsklassenfinalniederlage des BVB), trat nach dem Schlusspfiff gegen Leipzig
am letzten Spieltag gleichermaßen die Gewissheit, dass Sebastian Rode und
Makoto Hasebe endgültig die Fußballschuhe an den Nagel gehängt haben. Die
Gefühlswelten – seien wir ehrlich – mit Worten nicht zu beschreiben.
Vergebene
Matchbälle hin, verlorene Leistungsträger her – was unverändert bleibt, war am
18. Mai in fetten Lettern in der NWK zu lesen: „Für immer Frankfurts Stolz“.
Natürlich ist das Buch damit nicht geschlossen, einzig ein
weiteres Kapitel in 125 Jahren Eintracht Frankfurt.
3
Zum dritten Mal in Folge spielte die Eintracht
international, zum dritten Mal hintereinander überstand sie die Gruppenphase
und zog in die K.-o.-Runde ein – und das im dritten unterschiedlichen
europäischen Wettbewerb: auf UEFA Europa League und Champions League folgte
2023/24 die Conference League.
8
Achtmal hat es die Eintracht nach Umschaltmomenten in der
Liga klingeln lassen, nur drei Teams waren in Kontersituationen noch
erfolgreicher. Im Gegenzug wurde Frankfurt in 34 Spielen nur dreimal
ausgekontert – ligaweit Platz drei.
12
Sechs in der Bundesliga, sechs in der Conference League.
Zwölf Tore legte Farès Chaibi, zur Saison 2023/24 aus Toulouse gekommen, auf.
16
Genau diese Zahl an Eintrachtlern trug sich in der
Bundesligarunde 2023/24 in die Torschützenliste ein. Übrigens: Frankfurt
erzielte 88 Prozent der 51 Saisontore im Oberhaus aus dem Spiel heraus – der
höchste Anteil ligaweit. Wettbewerbsübergreifend waren es 18 verschiedene
Torschützen.
17
Apropos Torschützen: Omar Marmoush markierte in Bundesliga,
DFB-Pokal und UEFA Conference League 17 Treffer und schwingt sich damit zum
internen Toptorjäger auf. In der Liga kommt der Ägypter auf zwölf Tore – in
seinen 62 Bundesliga-Begegnungen davor für Wolfsburg und Stuttgart netzte er
insgesamt achtmal.
22
Standhaft nach der Halbzeitpause – 22 Gegentore, und damit
in der Bundesliga hinter Leverkusen (13) und Dortmund (17) die drittwenigsten,
musste die Eintracht in der Liga im zweiten Durchgang hinnehmen.
36,4
Topspeed auf dem Bundesliga-Rasen: Ansgar Knauff gehört zum
schnellsten Trio der Saison. Er brachte es auf eine Höchstgeschwindigkeit von
36,4 km/h – mit diesem Speed geblitzt wurden neben Knauff auch Alphonso Davies
und Eren Dinkci.
40/121
Makoto Hasebe war bei seiner Einwechslung am 34. Spieltag
gegen Leipzig 40 Jahre und 121 Tage alt und ist damit – wenig überraschend –
der älteste Frankfurter Spieler der Bundesligahistorie.
44
Wettbewerbsübergreifend bringen es Willian Pacho und Junior
Dina Ebimbe auf 44 Pflichtspieleinsätze, knapp dahinter folgt Kevin Trapp mit
43. By the way: Pacho, im Sommer vergangenen Jahres aus Antwerpen zur Eintracht
gestoßen, stand in 33 der 34 Ligapartien auf dem Rasen, und das stets von der
ersten bis zur letzten Minute.
284
Am 30. Spieltag platzte bei Hugo Ekitiké der Knoten, der
Franzose traf erstmals im Eintracht-Trikot. Durch das Tor im Heimspiel gegen
Augsburg wurde er zum 284. Bundesligatorschützen der Eintracht – das sind
historisch die meisten aller Klubs.
384
Makoto Hasebe zog bei seinem 384. Bundesligaeinsatz in der
Rangliste der ausländischen Spieler mit den meisten Bundesligaspielen mit
Robert Lewandowski auf Rang zwei gleich. Mehr als die beiden hat nur Claudio
Pizarro (490). Darüber hinaus überholte Hasebe in der internen Frankfurter
Liste Oka Nikolov als alleinigen „Rekordausländer“.
25.611
Auf zusammengenommen 25.611 intensive Läufe in 34 Partien
kommt die Eintracht – Platz zwei in der Beletage hinter Wolfsburg (26.851). Den
internen Bestwert in dieser Statistik steuert Mario Götze bei (2.145).