Alles
Gute, Kalli!
Karl-Heinz Feldkamp, 1988 DFB-Pokalsieger als Trainer von
Eintracht Frankfurt, feiert am 2. Juni seinen 90. Geburtstag. Die EvM-Redaktion
spricht mit Feldkamp über sein Leben zwischen Marbella und Braunschweig, über
Detari und Stein, den Cup in Frankfurt und darüber, warum er gerne länger als
die 14 Monate bei der Eintracht geblieben wäre.
Text:
Michael Wiener
Fotos: imago images, privat
Wie sehr Karl-Heinz Feldkamp sein Leben genießt und wieviel
Freude er daran hat, merkt man bei seiner Antwort auf die Frage, was er denn an
seinem 90. Geburtstag machen werde. „Wir feiern im kleinen Kreis in
Braunschweig, ein paar Tage später dann etwas größer bei meinem Sohn in Aachen.
Meine Kinder wollen für mich die Feier ausrichten. Aber bei meinem 95. bestimme
ich alles selbst, ich habe das Restaurant schon im Auge“, lächelt der Jubilar,
den die Eintracht-vom-Main-Redaktion kürzlich in Berlin getroffen hat.
Die Ärmel seines weißen Sommerhemds sind hochgekrempelt,
seine Erinnerungen an Ereignisse vor fast 40 Jahren total präsent, es wird viel
gelacht und gescherzt. Kalli Feldkamp ist gut drauf, erfreut sich bester
Gesundheit und hat – wie seine Antwort in Richtung seines 95. Geburtstages
beweist – noch viel vor. Tennis („nur noch Doppel“) und Schwimmen („in meinem
Pool“) halten ihn fit, dazu seine Frau Helma, die „mich immer antreibt“, sagt
er augenzwinkernd.
Der 1. FC Kaiserslautern hat ihn zum DFB-Pokalfinale
eingeladen, in den Tagen rund um das Endspiel standen Treffen mit vielen ehemaligen
Weggefährten an. Denn nicht nur mit der Eintracht hat Feldkamp den DFB-Pokal
gewonnen, auch mit den Roten Teufeln reckte er die Trophäe 1990 in die Höhe.
Und auch 1985, als das DFB-Pokalfinale erstmals nach Berlin kam, mit Bayer 05
Uerdingen. Einer seiner Schlüsselspieler damals: Ex-Eintracht-Coach Friedhelm
Funkel, als Trainer mit dem 1. FCK zurück in Berlin – und dem neuen
Doublesieger Bayer 04 Leverkusen knapp unterlegen. Im kicker sagt Funkel über
Feldkamp anlässlich dessen Geburtstages: „Er ist eine herausragende
Persönlichkeit mit der unglaublichen Fähigkeit, auf Menschen einzugehen. Wie er
Spieler behandelt, motiviert und heiß gemacht hat sowie Emotionen zeigte, dabei
aber nie die Menschlichkeit vergessen hat – das war wirklich bewundernswert. Da
habe ich in den fünf Jahren, die ich mit ihm zusammenarbeiten durfte, wirklich
viel von ihm gelernt. Er war für mich ein wegweisender Trainer. Egal in welcher
Situation wir waren, er hat immer die Kontenance behalten. Er hat immer
versucht, positiv voranzugehen.“
Mit den Pfälzern hatte Feldkamp schon 1981 das Endspiel
erreicht, damals in Stuttgart gegen die Eintracht (1:3). Seit 1985 werden die
Endspiele stets in der Hauptstadt ausgetragen. „Ich habe die Atmosphäre in
Berlin immer gemocht. Die Entscheidung, Berlin als festen Standort für das
DFB-Pokalfinale zu installieren, hat dieses auf ein neues Niveau gehoben. Auch
wenn es vor der Wende natürlich nicht so einfach war, dorthin zu kommen.
Insbesondere für die Fans“, berichtet er. Seine Berlin-Pokal-Bilanz: drei
Endspiele, drei Siege, mit Uerdingen (2:1 gegen Udo Latteks Bayern 1985) und
Kaiserslautern (3:2 gegen Rehhagels Bremer 1990) sicherlich in der
Außenseiterrolle.
Favoritenstatus genoss die Eintracht unterdessen 1988 gegen
den VfL Bochum. „Wir haben zwar keine starke Bundesligasaison gespielt, aber
dennoch haben viele einen Sieg erwartet“, erzählt der 90-Jährige. Es sollte die
Sternstunde von Lajos Detari werden, der in der 81. Minute einen Freistoß ins
VfL-Tor zirkelte und der Eintracht DFBPokalsieg Nummer vier bescherte. „Lajos
war eine Bereicherung für die Mannschaft, hat die Fehler der anderen verdeckt.
Seine Technik und seine Genauigkeit im Passspiel waren überragend, seine
Ausstrahlung in der Kabine beispiellos.“
„Unten
wurde gefeiert, oben der Motor der Mannschaft verkauft“ --
Karl-Heinz Feldkamp --
Doch schon in Berlin passieren Dinge, die dem Trainer nicht
schmecken. „Im Hotel wurde unten gefeiert und oben der Motor der Mannschaft
verkauft“, sagt Feldkamp über den bevorstehenden Wechsel des Ungarn. Problem an
der Geschichte: „Ich habe davon erst im Trainingslager vor der nächsten Saison
erfahren, als er binnen 48 Stunden griechischen Boden betreten sollte.“ Detari
verließ das Camp in Norddeutschland über Nacht.
Von dort an passte es nicht mehr zwischen Feldkamp und der
Eintracht. „Ich hätte sofort aufhören müssen, das habe ich versäumt. Die
Rücksichtslosigkeit der Verantwortlichen hat mich tief getroffen. Denn
natürlich wollte ich nicht, dass er geht. Diese Situation hat zu einer Lustlosigkeit
bei mir geführt.“ Die Eintracht startete schlecht in die Saison 1988/89, Mitte
August waren die Tage von Feldkamp nach nicht mal 14 Monaten gezählt.
Dabei hatte es ihm in Frankfurt sehr gefallen. „Wir haben
in Neu-Isenburg gewohnt. Wir hatten selten so viel Besuch, weil Frankfurt so
zentral liegt und attraktiv ist. Die Wege waren kurz, auch zum nächsten
Tennisklub. Unsere Tochter ging hier zur Schule. Wir wären gerne länger
geblieben.“ Zumal er sich zugetraut hätte, aus der Mannschaft noch mehr rauszuholen.
„Uli Stein war der beste Torwart, den ich jemals in meiner Mannschaft hatte.
Und ich hatte auch Keeper wie Hellström und Immel. Manni Binz war der perfekte
Sechser, ein toller Spieler. Andy Möller hatte ein Riesentalent“, spricht er
stellvertretend über drei Akteure der damaligen Mannschaft, wobei Möller
bereits im Winter der Saison 1987/88 zum BVB gewechselt war.
Als er 2018 von der Eintracht ebenso wie die 1988er-Helden
zum DFB-Pokalfinale eingeladen war, habe er sich mit Binz ausgetauscht. „Du hättest
mehr aus dir machen können“, habe Feldkamp zu ihm gesagt, und Binz habe
entgegnet: „Du hast recht“.
Feldkamp holte im letzten Drittel seiner Trainerkarriere
dafür mehr aus anderen Mannschaften und Spielern raus. Nach kuriosen Jahren in
Kairo, wohin ihn ein ägyptischer Schönheitschirurg aus Frankfurt vermittelt
hatte, gewinnt er noch Meisterschaften und nationale Pokalsiege mit
Kaiserslautern und Galatasaray Istanbul. Vor seinem Engagement in Frankfurt
hatte er neben Kaiserslautern und Uerdingen auch Wattenscheid 09, Gütersloh,
zweimal Bielefeld und den BVB angeleitet.
Spieler von der Jugend bis zum letzten Aktiventag bei
Rot-Weiß Oberhausen, Trainer und Sportdirektor, in den 1990ern dann TV-Experte
bei Nationalmannschaftsspielen: Über 60 Jahre spielte der Fußball eine sehr
große Rolle in seinem Leben. Heute verfolge er die Bundesliga nur noch
gelegentlich, hat aber freilich seine Freude an Stadionbesuchen und Treffen mit
alten Weggefährten, wenn er in Deutschland ist. Sein Lebensmittelpunkt befindet
sich zumindest abseits der Tourismushochzeiten in Marbella, wo er schon vor 40
Jahren ein Haus gekauft hat. Und sich in diesem Sommer dort mit Friedhelm
Funkel zum Tennis verabredet hat.
Marbella, Berlin, Braunschweig. Karl-Heinz Feldkamp ist
gerne unterwegs und gibt seine Lebensfreude weiter. Alles Gute zum 90.
Geburtstag, lieber Kalli!