700 Kilometer, 12.000 Höhenmeter
Ein Radrennen, das eigentlich gar kein richtiges Radrennen ist – das ist die Tour de Friends. Ein Format, bei dem es nicht darum geht, am schnellsten zu
sein, sondern – wie der Name schon verrät – gemeinsam mit Freunden ins Ziel zu kommen. Ende September fand die Tour in Kolumbien statt. Zwei Triathleten der Eintracht stellten sich gemeinsam dieser Herausforderung und fuhren mit dem Adler auf der Brust in fünf Etappen und einem Ruhetag über 700 Kilometer und 12.000 Höhenmeter durch die atemberaubenden Landschaften der kolumbianischen Anden.
Ein Reisebericht von Christoph Winck und Sven Kapell
Am 30. September 2024 starteten wir unser großes Abenteuer für dieses Jahr. Vor uns lagen nicht nur klimatische und topografische Herausforderungen, sondern insbesondere auch unvergessliche Erlebnisse gemeinsam mit ca. 200 gleichgesinnten Rennradfahrenden. Von der pulsierenden Hauptstadt Bogotá bis ins malerische Buga, nahe Cali, fuhren wir durch tropische Täler, über imposante Bergrücken und durch faszinierende Landschaften. Die Tour de Friends wurde für uns zu einem unvergesslichen Erlebnis, das Sport, Natur und Gemeinschaft miteinander verband.
Akklimatisierung in Bogotá
Da wir uns recht kurzfristig entschieden hatten, an der Tour de Friends teilzunehmen, mussten wir unsere Flugbuchung an die noch verfügbaren Fahrradkapazitäten anpassen und sind knapp eine Woche vor Start der ersten Etappe in Bogotá angekommen. Wir hatten also etwas Zeit, uns zu akklimatisieren, Bogotá zu erkunden und auch schon erste Touren mit dem Rad zu fahren. Die Kolumbianer haben uns herzlich empfangen und gaben uns das Gefühl, sich über unseren Besuch zu freuen.
Begeisterte Radkultur – Die Ciclovia
Kolumbien ist ein Land, das den Radsport lebt, und das wurde uns gleich zu Beginn unserer Reise deutlich. Bogotá zeichnet sich durch viele Radwege, aber auch durch massiven Autoverkehr aus. Wir hatten das Gefühl, dass die Autofahrer viel Rücksicht auf Radfahrende genommen haben und es deswegen überhaupt nur möglich war, in dieser Stadt Rad zu fahren. Eine Besonderheit ist die Ciclovia, an der wir in Bogotá teilgenommen haben. Dabei werden sonntags in Kolumbien an vielen Orten Hauptverkehrsstraßen für Autos gesperrt, sodass Radfahrende und Laufende die Straßen für sich nutzen können. Die Begeisterung und die Stimmung waren großartig.
Die Tour de Friends war bestens organisiert
An der Tour selbst haben rund 200 Radfahrende aus der ganzen Welt teilgenommen, darunter viele Deutsche, da die Tour von einer deutschen Organisation veranstaltet wurde. Wir waren mit dem Rennrad unterwegs und der tägliche Transport unseres Gepäcks von einem Zielort zum nächsten war organisiert. Da wir mit vielen Gleichgesinnten unterwegs waren, herrschte eine bemerkenswert positive Atmosphäre. Erfahrungen wurden ausgetauscht und wir knüpften neue Freundschaften. Die Unterkünfte waren teilweise einfach, aber völlig ausreichend. Wir übernachteten in geteilten Zimmern und lernten auch dadurch schnell neue Leute kennen. Nach jeder Etappe wurde das Ziel mit lauter Musik gefeiert. Es spielte keine Rolle, ob man schnell oder langsam war.
Die Königsetappe: Alto de Letras – Der längste Anstieg der Welt
Ein absolutes Highlight war die zweite Etappe, die uns über den legendären Alto de Letras führte. Der längste Anstieg der Welt erstreckt sich über 80 Kilometer und führte uns von tropischen Temperaturen bis auf 3.600 Meter Höhe. Besonders herausfordernd waren die extremen Klimaschwankungen, die typisch für Kolumbien sind. Während wir im Startort Honda auf 500 Höhenmeter bei fast 40°C starteten, erreichten wir den Gipfel des Letras bei nur 5°C. Den langen Anstieg meisterten wir überraschend gut. Doch was zunächst wie die größte Herausforderung der Tour aussah, entpuppte sich nicht als härtester Teil der Etappe. Es war die anschließende Abfahrt, die uns vor eine der größten Herausforderung unseres bisherigen Radfahrer-Lebens stellte. Es war kalt und als wir den Gipfel erreichten, setzte Starkregen ein, was die Straße in eine rutschige Piste verwandelte. Unsere Finger waren so kalt, dass das Bremsen zur Tortur wurde. Die Sicht war schlecht und der Gedanke, auf der regennassen Straße auszurutschen, machte die Abfahrt mental zur echten Zerreißprobe. Anhalten war aufgrund der Kälte keine Option, es war kein Unterschlupf zum Aufwärmen in Sicht und in absehbarer Zeit würde niemand kommen, der einen mit ins Tal nehmen würde. Es fühlte sich an, als würde diese Abfahrt nie enden, aber nach unzähligen Kilometern erreichten wir schließlich die Ebene – völlig durchgefroren, aber erleichtert. Zum Glück hatten wir am folgenden Tag einen Ruhetag und mussten nicht sofort wieder auf das Rad. So hatten wenigstens die Schuhe ausreichend Gelegenheit, wieder zu trocknen.
Eine letzte Überraschung – 20 Kilometer Schotter
Die drei darauffolgenden – auch nicht anspruchslosen – Etappen führten uns durch Regenwald, Kaffeeanbaugebiete und einiges mehr. Es gab anstrengende Aufstiege, rasante und wunderschöne Abfahrten mit großartigen Aussichten und interessanten Ortsdurchfahrten. Auf der letzten Etappe erwartete uns noch eine kleine Überraschung: Kurz vor dem Ziel in Buga fuhren wir über 20 Kilometer lang auf einer Schotterpiste, was mit dem Rennrad eine besondere Herausforderung war. Obwohl sämtliche Etappen gut für Rennräder ausgelegt waren, sorgte dieser Abschnitt noch für eine letzte harte Probe von Fahrer und Material. Schlussendlich erreichten wir unser Ziel und konnten die Tour erfolgreich und glücklich abschließen. Die After-Show-Party am Abend war ein weiterer Höhepunkt – ein ausgelassenes Fest mit allen Teilnehmenden, das die Tour gebührend abschloss.
Fazit
Die Tour de Friends war für uns ein unvergessliches Erlebnis. Die sportliche Herausforderung, die beeindruckende Landschaft der Anden, die Gastfreundschaft und die fantastische Gemeinschaft mit den anderen Radfahrenden haben diese Reise zu einem echten Abenteuer gemacht.
Kolumbien hat uns nicht nur als Radsportdestination begeistert, es wäre auch sonst auf jeden Fall eine Reise wert gewesen. Viva Colombia!