Was macht eigentlich …
… Serge Branco?
In der letztlich vom Aufstieg gekrönten Saison 2002/03 absolviert Serge Branco 17 Spiele für die Eintracht. Seinen letzten Einsatz hat er bereits im April an der Seite von Spielern wie Bindewald, Schur und Toppmöller. Kürzlich war Branco zu Gast im Deutsche Bank Park – und erzählte, warum er aktuell nach langer Zeit wieder in Deutschland lebt.
Serge Branco
Serge Branco kehrte nach fast 20 Jahren kürzlich in den Deutsche Bank Park zurück. Für ihn ein besonderer Moment, der viele Erinnerungen an seine Zeit bei den Adlern weckte. Der heute 44-Jährige spielte von 2000 bis 2003 für die Eintracht, es war seine längste Station in einer Karriere mit 18 Vereinen. Doch seine Verbindung zur Eintracht ist nie abgerissen. „Ich habe an vielen Orten gespielt, aber Eintracht Frankfurt bleibt immer bei mir im Herzen“, erzählt er.
Noch bevor Branco nach Frankfurt kam, sammelte er in Braunschweig erste Erfahrungen mit der deutschen Sprache, unterstützt von seiner damaligen deutschen Freundin. Diese Sprachkenntnisse halfen ihm, sich schnell im Team der Eintracht einzufinden und mit seinen Mitspielern zu kommunizieren. „Wir Afrikaner haben immer Spaß gemacht“, erinnert sich Branco, während andere immer sehr „seriös und diszipliniert“ waren. Auch an seine Gewohnheit, oft zu spät zum Training zu kommen, denkt er lachend zurück: „Ich war nie pünktlich, die anderen waren immer eine halbe Stunde früher da.“
Als frischgebackener Olympiasieger, der 2000 mit Kamerun die Goldmedaille gewann, wurde Branco wie ein Star in Frankfurt empfangen: „Ich war überall – im ZDF, Sat1. Für mich war es wie ein neues Leben.“ Während seiner Zeit in Deutschland befand sich die Einführung des Euro im Übergang, was anfangs für Verwirrung sorgte: „Ich habe nicht verstanden, wieso mein Gehalt um 50 Prozent gekürzt wurde. Ich bin zu meinem Trainer gegangen und meinte, dass jemand mein Geld geklaut hat.“ Nachdem ihm die Situation erklärt wurde, fügt er hinzu: „Ich habe es akzeptiert, aber war nicht glücklich.“
Nach dem Olympiasieg bekam Branco zahlreiche Angebote, darunter von Vereinen wie Dortmund, Wolfsburg und Freiburg. Letztendlich entschied sich der Kameruner, der neben der Olympia-Auswahl einmal für die A-Nationalmannschaft spielte, jedoch für die internationale Stadt Frankfurt. „Hier gibt es viele Ausländer und Ausländer werden schneller integriert als anderswo“, erklärt Branco seine Wahl, die er nie bereute. Der Verein spiegelte für ihn die multikulturelle Atmosphäre der Stadt wider: „Der Verein hat damals die Stadt Frankfurt reflektiert.“
Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm der Zusammenhalt im Team. „Wir haben zusammen gekämpft. Es war manchmal auch eine schwere Zeit – immer Auf und Ab“, erzählt der Kameruner. Er beschreibt die damalige Mannschaft als „Familienmannschaft“, in der alle gut miteinander klargekommen sind, auch wenn die deutsche Disziplin für ihn manchmal eine Herausforderung darstellte. „Manchmal ist das Deutsche sehr hart und diszipliniert“, bemerkt er, doch trotzdem hatte er das Gefühl, dass er so gut angenommen wurde wie nirgendwo sonst: „Ich fühle mich als Adler für immer. Ich hatte meine beste Zeit hier.“
„Ich war nie pünktlich, die anderen waren immer eine halbe Stunde früher da“
Nach seiner Zeit in Frankfurt setzte Branco seine Karriere in verschiedenen Vereinen und Ländern fort, darunter in Stuttgart, Leeds United und Moskau, bevor er 2015 mit 35 Jahren seine Fußballlaufbahn beendete. Zwischenzeitlich war er beim MSV Duisburg, zunächst unter dem heutigen Eintracht-Tradispieler Rudi Bommer und am Ende unter Peter Neururer, zusammen mit dem heutigen Nationalmannschafts-Co-Trainer Sandro Wagner auf dem Platz.
In Kamerun etablierte sich Serge Branco als Geschäftsmann und engagiert sich seit drei Jahren im kamerunischen Fußballverband. Vor kurzem verlor er jedoch seine erste Tochter und entschied sich, nach Deutschland zurückzukehren, um näher bei seinen weiteren Kindern zu sein. Derzeit lebt er in Düsseldorf und überlegt, wie er seine Zukunft gestalten möchte. „Ich schaue mal, was ich hier mache – vielleicht eine Ausbildung oder etwas anderes. Ich bin für alles offen.“
Heute, mit Blick auf seine Karriere und sein Engagement in Kamerun, bleibt Serge Branco der Eintracht tief verbunden und pflegt seine Erinnerungen an eine besondere Zeit. In den Deutsche Bank Park und auf die Waldtribüne ist er mit Alexander Schur gekommen, seinem ehemaligen Mitspieler. Branco hat verfolgt, wie sich „die Eintracht zu einem großen, professionellen Verein entwickelt hat. Ich freue mich auch für meinen ehemaligen Mitspieler Dino Toppmöller über die aktuelle sportliche Entwicklung“. An diesem Abend in Frankfurt gewinnt die Eintracht in der Europa League mit 1:0 gegen Prag – davon war die Eintracht 2003 meilenweit entfernt.
Text: Chenoa da Silva Canton Bilder: Eintracht Frankfurt