„Ich war mental vorbereitet“
Österreichische Meisterin und Pokalsiegerin, 87 Länderspiele, Fußballerin des Jahres in Österreich – und aktuell im sechsten Jahr Leistungsträgerin in Frankfurt. Barbara Dunst ist Stammspielerin im Mittelfeld der Eintracht Frauen, wird aber aufgrund eines Kreuzbandrisses in dieser Saison nicht mehr zur Verfügung stehen. Seit einigen Wochen ist die 27-Jährige zur Reha nach Frankfurt zurückgekehrt und spricht über den Support aus ihrem Umfeld, mentale Stärke und die kommenden Wochen.
Interview: Marie Huhn und Paul Schönwetter Bilder: Kevin Mattig, Kimberly Schäfer
Baba, Anfang Dezember hast du dir im Länderspiel gegen Polen das Kreuzband gerissen. Wie blickst du nun mit etwas Abstand auf diesen Tag, das Spiel und den Moment der Verletzung zurück?
Verletzungen zu erleben, ist nie schön. Der Fakt, dass wir uns mit Österreich nicht für die Europameisterschaft qualifiziert haben [zwei Niederlagen in den Play-off-Spielen gegen Polen, die EM findet im Sommer in der Schweiz statt; Anm. d. Red.], ist für mich aber noch schwerwiegender. Ich war in der Halbzeit [des Rückspiels; Anm. d. Red.] schon auf dem Weg zum MRT, trotzdem habe ich vor allem an das Spiel gedacht. Meine Diagnose war dann – im negativen Sinne – die Kirsche auf der Torte. Aber das passiert leider im Sport, das gehört dazu. Ich habe die Verletzung von der ersten Minute an voll angenommen. Die Zeit seitdem ist schnell vergangen, ich war viel zu Hause, habe Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbracht. Jetzt freue ich mich, zurück in Frankfurt zu sein und in der Reha zu arbeiten.
Der Kreuzbandriss ist die erste große Verletzung in deiner Karriere. Was hat sich in deinem Kopf abgespielt, als du die Diagnose erhalten hast, und wie bist du damit umgegangen?
Ich habe 2024 vier Kreuzband-Verletzungen bei Spielerinnen direkt mitbekommen. Tanja Pawollek, dann Ilayda und Dilara Acikgöz und auch bei Lena Oberdorf stand ich im Länderspiel gegen Deutschland direkt daneben. Auch in meinem Umfeld gibt es viele, die so eine schwere Verletzung schon erlitten haben. Da habe ich viel miterlebt. Zukunftsängste, ob man überhaupt zurückkommt, spielen bei vielen eine große Rolle.
Bei dir auch?
Irgendwie habe ich mir gedacht: Ich habe 27 Jahre lang überhaupt keine Verletzung gehabt, vielleicht fehlt mir dieses Puzzleteil noch. In gewisser Weise habe ich mich deshalb mental schon darauf vorbereitet, dass es auch mich irgendwann treffen könnte. Ich arbeite seit längerem viel im mentalen Bereich und bringe deshalb, glaube ich, eine gewisse Resilienz und Stärke mit. In dem Moment, als es im Knie geknackt hat, bin ich ruhig geblieben. Als dann die Diagnose kam, hab ich mir gesagt: „Dunsti, du nimmst das jetzt an. Das ist jetzt einfach so, du kannst es nicht ändern.“ And that’s it. Es haben so viele meiner Freundinnen geschafft, warum sollte ich es nicht auch schaffen? Ich wusste, dass ich ein super Umfeld habe, das mich unterstützen wird.
Wie hat dir die Unterstützung deiner Familie, deiner Freunde und Teamkolleginnen geholfen? Wie hast du auch die Aktionen gegen Leipzig und Jena wahrgenommen, als das Team dir seine Torjubel gewidmet hat und mit deinem Namen auf den Aufwärmshirts aufgelaufen ist?
Wegen der Verletzung an sich habe ich nicht eine Träne vergossen. Aber als ich diesen Support gesehen habe, die Fotos gegen Leipzig und aus Jena – puh, das werde ich nicht vergessen, das wird mich mein Leben lang begleiten. Einfach der Wahnsinn. Es gab keinen Tag, an dem mir nicht das Gefühl gegeben wurde, dass ich dazugehöre und an mich gedacht wird. Das hat mir wieder einmal gezeigt, was für große Persönlichkeiten in meinem Umfeld sind. Es hat mir voll viel Kraft gegeben, zu wissen, dass da Menschen sind, die mich nicht vergessen, die nicht nur die Dunsti auf dem Fußballplatz sehen, sondern auch die Dunsti als Mensch. Das war für mich die größte Bestätigung. Das hat mich emotional mehr mit- genommen als die Verletzung selbst.
„Es hat mir voll viel Kraft gegeben, zu wissen, dass da Menschen sind, die mich nicht vergessen, die nicht nur die Dunsti auf dem Fußballplatz sehen, sondern auch die Dunsti als Mensch“
Du wurdest außerdem in dieser Phase als Fußballerin des Jahres in Österreich ausgezeichnet – im zweiten Jahr in Folge. Was hat dir diese Auszeichnung an Kraft und Bestätigung gegeben?
Ich weiß das total wertzuschätzen. Das zweite Mal in Folge diese Auszeichnung zu erhalten, ist eine Bestätigung dafür, dass gesehen wird, wie wir uns hier bei der Eintracht entwickeln und präsentieren. Solche Auszeichnungen geben gerade dann Kraft, wenn es nicht so gut läuft – und in der Reha wird es bergauf und bergab gehen, das ist normal. In diesen schweren Momenten werde ich daran denken und es wird mich motivieren.
Du bist nun zurück in Frankfurt, hast deine Reha begonnen. Welche Erwartungen hast du an die nächsten Wochen?
Für mich ist es einfach wichtig, dass ich auf meinen Körper höre und meinem Knie die Zeit gebe, die es braucht. Ich werde mich da nicht stressen. Die mentale Stärke ist beim Knie schon die halbe Miete – das haben mir auch andere immer wieder gesagt. Ich versuche, parallel zur Reha natürlich trotzdem nah an der Mannschaft dran zu sein.
Wie wirst du die Spiele deines Teams verfolgen? Was ist drin in dieser Restsaison?
Die Mädels sind ganz große Persönlichkeiten. Sie haben eine super Hinrunde gespielt und ich habe vollstes Vertrauen ins Team. Ich spüre ein Feuer in der Mannschaft und traue ihnen enorm viel zu für die Restsaison. Auch wenn ich selbst nicht mehr viel auf dem Platz dazu beitragen kann, würde ich es mir für jede Einzelne wünschen, dass wir diese Saison krönen können. Ich werde sie immer supporten und verfolgen, werde jedes Spiel sehen, die Heimspiele auf jeden Fall auch im Stadion.