Auf der Suche nach Talenten
Scouting ist aus dem modernen Fußball nicht mehr wegzudenken – auch bei den Juniorinnen von Eintracht Frankfurt. Seit knapp einem Jahr ist Sebastian Beier als fester Scout mit dem Adler auf der Brust im Einsatz und hat den Bereich mit viel Leidenschaft und Einsatz in den vergangenen Monaten auf die Beine gestellt. Regelmäßig ist er unterwegs, um vielversprechende Talente zu entdecken und die Mannschaften der Zukunft zu gestalten.
Immer wieder hört man im Fußball von Toptalenten, die in den entlegensten Winkeln des Landes entdeckt wurden. Doch wie gelingt es einem Verein überhaupt, auf diese Spielerinnen und Spieler aufmerksam zu werden? Die Antwort lautet: Scouting. Es dient dazu, verborgene Talente zu entdecken, und schafft so die Grundlage für die Mannschaft von morgen. Auch im Mädchenfußball gewinnt dieser Bereich zunehmend an Bedeutung. „Der Gedanke von uns war, die Notwendigkeiten und Ziele im Bereich Scouting zu bündeln, nachhaltig zu strukturieren und zu professionalisieren. Bisher war es für unsere Trainer aufgrund des hohen Zeitaufwands kaum möglich, Talente bei Spielen anderer Vereine gezielt zu sichten“, erklärt Marion Beier, Jugendleiterin der Juniorinnen, die Hintergründe zur Entstehung des Bereichs bei der Eintracht. Im Februar 2024 entschieden sich die Verantwortlichen, einen festen Scout zu installieren, und erreichten damit einen Meilenstein im Juniorinnenfußball der Eintracht.
Mit dieser Entscheidung fiel der Blick auf Sebastian Beier. Zwölf Jahre lang trainierte er beim 1. FFC Frankfurt verschiedene Juniorinnen-Altersklassen, bevor er sich aus zeitlichen Gründen entschied, eine Pause einzulegen. Seine Leidenschaft für den Fußball aber blieb. Im vergangenen Jahr war mit Sebastian, der auch nach der Fusion des FFC und der Eintracht immer noch gute Kontakte zu den Verantwortlichen pflegte, der perfekte Scout gefunden: „Das konnte ich mir damals wirklich gut vorstellen und hatte auch Lust darauf“, berichtet er, auf das Interesse der Eintracht angesprochen. Dass mit der Einführung eines neuen Bereichs große Herausforderungen auf ihn zukommen würden, war ihm klar, doch die Chance, gemeinsam etwas aufzubauen, motivierte ihn umso mehr.
Seit knapp einem Jahr ist Sebastian nun bereits für die Eintracht als Scout unterwegs. Dabei betreut er neben den U13-, U15-, U16- und U17-Juniorinnen vor allem das Perspektivteam: „Wir haben Mannschaften bis runter zur U13, unter der U13 haben wir allerdings nichts. In der Vergangenheit musste also der Trainer versuchen, in der neuen Saison ein komplettes Team aus dem Nichts heraus entstehen zu lassen. Das war eine extreme Doppelbelastung. Jetzt übernehme ich das. Meine Hauptaufgabe ist es, einen neuen Kader für die U13 zusammenzustellen.“ Sein Tagesgeschäft besteht somit aus der Sichtung von Talenten, also Spielerinnen, die aus ihren Mannschaften hervorstechen. Viel Arbeit entsteht dann vor allem hinter den Kulissen: „Circa 60 Prozent der Arbeit ist am Computer. Es geht viel darum, Termine zu koordinieren, Anfragen abzuarbeiten und Rückmeldung zu geben“, so der Scout.
Beiers geschultes Auge hilft ihm dabei, neben den Grundvoraussetzungen auch spezielle Besonderheiten bei den Mädels zu erkennen: „Neben den körperlichen Anforderungen, also wie groß oder wie schnell die Spielerinnen sind und was für einen Schuss sie haben, achte ich auch immer auf das Spielverständnis. Wie positionieren sie sich? Wie stehen sie zum Ball und zum Gegner? Wie verhalten sie sich mit Ball und ohne Ball? Das sind alles Punkte, an denen man relativ schnell festmachen kann, ob eine Spielerin das nötige Spielverständnis mitbringt.“ Außerdem wird besonderes Augenmerk auf die Robustheit und Zweikampfstärke der Mädels gelegt, denn die Juniorinnen spielen überwiegend gegen Jungsmannschaften.
„Am Ende profitiert man in diesem Bereich von einem großen Netzwerk“
Die Talente entdeckt Beier überwiegend innerhalb Frankfurts, er ist aber auch in der näheren Umgebung unterwegs und schaut sich Mannschaften in den verschiedensten Ligen an. „Wir bekommen sehr viele Anfragen und mein Fokus liegt vor allem darauf, erst einmal zu sammeln. Viele Spielerinnen sichte ich über die Adlertage, die zusammen mit dem Nachwuchsleistungszentrum und den Kooperationspartnern stattfinden“, erklärt der Eintrachtler. Die Adlertage sind Sichtungstrainings, die zu verschiedenen Zeiten und auch an unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden. Sie bieten die optimale Gelegenheit, gebündelt nach Talenten Ausschau zu halten. „Wir profitieren enorm davon, dass wir mit dem Nachwuchsleistungszentrum zusammenarbeiten und dadurch die bereits vorhandenen Strukturen verwenden können“, so Sebastian Beier. Neben dem engen Austausch mit den Verantwortlichen am Riederwald kommen auch die Kooperationsvereine immer wieder auf den Scout zu und berichten von Spielerinnen, die positiv auffallen.
Für den Eintrachtler gibt es phasenweise also richtig viel zu tun: „In den Sommerferien passiert recht wenig, weil die Kader da schon zusammengestellt sind. Danach fängt es an mit Sichtungen. Ab Februar etwa geht es dann los mit Einladungen zum Probetraining“, erzählt Beier. Die Probetrainings besuchen meist vier bis fünf Mädels gleichzeitig. Anwesend ist dann auch der jeweilige Trainer der Altersklasse, denn die Entscheidung liegt letztendlich nicht beim Scout selbst. Oftmals bekommt Beier sogar Aufträge von den Übungsleitern mit: „Wir schauen meist auf Positionen, die bei uns dünn besetzt sind. Die Trainer sagen dann beispielsweise ‚Ich brauche vorne links eine Stürmerin‘ und dann schaue ich vor allem nach Linksfüßen.“ Unabhängig davon ist der Perspektivkader, der von ihm allein zusammengestellt wird und alle vier bis fünf Wochen bei der U13 mittrainiert. „Die Mädels schaue ich mir regelmäßig über einen längeren Zeitraum an und kann somit auch die Entwicklung sehen. Hier beurteile ich überwiegend selbst, wer dabeibleibt und wer es nicht schafft“, so der Adlerträger. Letztendlich bleibt das Scouting aber Teamarbeit: „Natürlich halten auch die Trainer weiterhin ihre Augen offen. Am Ende profitiert man in diesem Bereich von einem großen Netzwerk“, so der Fußballfachmann.
Bis jetzt konnte Sebastian Beier bereits einige Mädels zur Eintracht lotsen und auch die Arbeit mit dem Perspektivkader ist in vollem Gange. Die Entwicklung des Bereichs ist laut Jugendleiterin Marion Beier auf dem besten Weg: „Der Erfolg gibt uns recht, denn mittlerweile herrscht eine rege Kommunikation zwischen unserem Scout, unseren Trainern und den höheren Mannschaften. Es wurde ein Rahmen zur Selektion und Förderung von Spielerinnen geschaffen.“
Für die Zukunft hat sich Sebastian Beier noch einiges vorgenommen: „Scouting gab es im Juniorinnenbereich der Eintracht vorher gar nicht. Die Trainer haben hier und da mal Spielerinnen angesprochen, ansonsten waren es überwiegend Mädels, die selbst auf uns zugekommen sind. Das heißt, das Scouting sollte jetzt einfach erst mal gestartet werden. Der Fokus liegt momentan darauf, ein Netzwerk aufzubauen.“ Auch auf die Mannschaften angesprochen, gibt es eine klare Zielsetzung: „Für mich persönlich steckt die meiste Arbeit momentan im Perspektivkader. Wir möchten die Qualität unserer Mannschaften noch weiter ausbauen, das beginnt bereits bei der U13. Es geht darum, Topspielerinnen zur Eintracht zu holen und diese dann optimal auszubilden.“