Ein Ort des Friedens und der Eintracht!
Es gibt unzählige Geschichten rund um das Waldstadion, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Manchmal gibt es gefährliches Halbwissen, manchmal bleiben Fragen offen und mancherorts hängen steinerne Adler. Die „Eintracht vom Main“ hat an dieser Stelle wie gewohnt im Eintracht- Museum nachgefragt, die Kollegen klären an dieser Stelle noch mal auf zum ein oder anderen sporthistorischen Thema und empfehlen das Jahrbuch des Museums (bald erhältlich!). Da gibt es weitere Infos rund um unsere Geburtstagsbude!
Ein Ort des Friedens und der Eintracht...
... war das Stadion nicht immer. Denn einst befand sich hier ein militärischer Schießplatz. Nach dem Ersten Weltkrieg verpflichtete der Versailler Friedensvertrag Deutschland, seine militärischen Anlagen zu demontieren. Das betraf in Frankfurt vor allem den Flugplatz am Rebstock und den Schießplatz im Stadtwald. Die Stadt, die auf der Suche war nach einem Gelände für ein Sportstadion, prüfte beide Standorte. Die Idee des Stadions am Rebstock wurde schnell verworfen, weil man hoffte, das Flugfeld zukünftig für zivile Luftfahrt nutzen zu können. Das funktionierte auch, bis Mitte der 1930er Jahre befand sich der Frankfurter Flughafen am Rebstock. Und so wanderte die große Sportanlage in den Stadtwald, wo eine Tribüne quasi schon stand: Der Schießplatz wurde eingeebnet, aber der Erdwall des Kugelfangs bildete den Grundstock der Gegentribüne. Der Wall wurde einfach immer mehr aufgeschüttet – jahrzehntelang standen die Besucher der Gegentribüne auf hochkontarminiertem Boden. Bis in die 1960er Jahre hieß die Gegentribüne auch einfach „Kugelfang“. Heute freuen sich alle, dass aus einem militärisch genutzten Gelände ein Ort des Friedens und der Eintracht geworden ist!
Zuschauerrekord dank Ticketpanne
Mit 81.000 Zuschauern beim Endrundenspiel um die Deutsche Meisterschaft 1959 gegen den FK Pirmasens am 23. Mai 1959 hält die Eintracht den Zuschauerrekord im Stadion. Es gab noch das Länderspiel Deutschland gegen Spanien am 19. März 1958. Da berichten einige Zeitungen auch von 81.000 Besuchern, andere sogar von 82.000 bzw. 83.000 – und die spanische Zeitung „Marca“ gar von 90.000. Das ist jedoch nicht seriös. Die offizielle Zuschauerzahl aus Eintracht-Sicht bleibt bei 81.000 Zuschauern in einem Stadion, das 1959 nur eine Kapazität von 80.000 Plätzen hatte.
Und das kam so: Das Spiel SGE gegen FK Pirmasens war das vorentscheidende Gruppenspiel in der Endrunde, die Eintracht hätte 200.000 Karten verkaufen können. In der Woche vor dem Spiel kam eine böse Beschwerde aus Pirmasens: Die Gäste monierten, dass die Eintracht dem FK zwar Stehplatztickets, aber keine Sitzplatzkarten zur Verfügung gestellt hatte. Da dem Gastverein auch damals schon Sitzplätze zustanden, reagierte man am Riederwald schnell. Während die Zeitungen vom „Kartenkrieg zwischen der Eintracht und dem FK“ berichteten, organisierte Geschäftsführer Willi Ewald kurzfristig eine Zusatztribüne mit fast 1.000 Sitzen, die im Stadion für die Gästefans aufgebaut wurde. Dieser kleine, zu vernachlässigende Organisationsfehler im Ticketing der Eintracht hat bis heute positive Konsequenzen: Denn während auch die Kickers aus Offenbach bei der Endrunde 1959 im Stadion vor 80.000 Zuschauern spielten, brachte es die Eintracht auf 81.000 Zuschauer. Spricht heute noch einer von den 80.000 bei den Kickers? NÖ!
Der Adler im Foyer
Der steinerne Adler im Foyer der Haupttribüne ist eines der ältesten Baustücke in unserem wunderschönen Stadion. Anders als oft vermutet stammt er jedoch nicht aus dem Jahr 1925. Damals war das Stadtwappen der sogenannte Leistikow-Adler. Der Adler im Foyer stammt aus dem Jahr 1938. Und das kam so: Das Stadion war 1925 natürlich das schönste im ganzen Land. Aber relativ schnell merkte man, dass die Bude bei aller Schönheit unpraktisch war. Werner March, der Architekt des Berliner Olympiastadions, wurde um ein Gutachten gebeten und das war vernichtend: Die 500-Meter-Laufbahn sorgte für eine zu große Entfernung der Zuschauer, die Plätze der Gegentribüne waren nur schwer zugänglich und bei aller Begeisterung für die antikisierenden Elemente der Haupttribüne war diese für eine Sportnutzung einfach unpraktisch. Das Stadion war zu klein und außerdem: Es hatte kein Marathontor.
Werner March machte der Stadt einige Vorschläge, unter anderem den Bau eines reinen Fußballstadions auf dem Gelände des heutigen Waldparkplatzes.
Doch so weit kam es nicht. Vielmehr wurde die Kapazität des bisherigen Stadions auf 54.358 Plätze erhöht und in der Nordwestkurve ein Marathontor eingebaut. Denn wenn Werner March etwas konnte, dann Marathontore planen, siehe Berlin. Über dem Frankfurter Tor wurde in Blickrichtung Stadion der Stadtadler eingelassen. Da hing er jahrzehntelang, überlebte den Umbau 1974 und war zuletzt versteckt hinter vielen Werbebanden. Beim Abriss des Stadions 2002 fand man das gute Stück wieder und tackerte es aus dem Betonpfeiler. Dabei ist der Adler am Hals und am Schwanz gerissen. Doch das wurde repariert und der steinerne Adler wanderte in die Haupttribüne.
Black Sabbath in Frankfurt
Frankfurt ist in vielem Vorreiter: Auch bei Open Air! Am 20. und 21. Juni 1970 findet mit dem „Open Air Rock Circus“ das erste international besetzte Open Air Festival in der BRD statt. Gespielt wird allerdings nicht im Stadion, sondern auf dem Gelände der Radrennbahn. Die Eintrittspreise liegen zwischen 15 und 28 DM. Insgesamt kommen rund 10.000 Fans, was für die Veranstalter eine Enttäuschung ist. Auch zahlreiche Fans mit Schlafsäcken und Luftmatratzen sind enttäuscht, auf dem Veranstaltungsgelände kann nicht übernachtet werden. Außerdem gibt es keinen Alkohol. An den beiden Festivaltagen spielen 20 Bands, die Höhepunkte sind Auftritte von Black Sabbath und Deep Purple.
Die Frankfurter Rundschau berichtete: „Wer zu dieser Musik tanzen will, der tut es wann und wo er will – allein oder mit Partner. Immer wieder springt mitten in einem Song einer auf und beginnt einen bizarren Tanz in der hellen Sonne ... . Bei sinkender Sonne wird der Geruch immer stärker: Räucherkerzen werden abgebrannt, und ob man es will oder nicht, man bekommt im Vorübergehen bei dieser oder jener Gruppe einige Portionen Hasch ab. Die Luft ist dick davon.“
Zu einem Auftritt von Superstar Chuck Berry kommt es nicht. Der versucht nämlich vor Ort, sein Auftrittshonorar zu erhöhen und weigert sich zu spielen. Alte Eintrachtler erinnern sich, dass Chuck wohl kurz und mit freiem Oberkörper auf die Bühne kam, etwas rumgegrummelt hat – und dann wieder verschwunden ist. Außerdem haben sich alle Besucher auf die Übertragung des WM-Finals gefreut. Das wurde aber auch nicht gezeigt, mit der Begründung, Deutschland sei ja nicht im Endspiel.