Tempo-Trio für die Titelmission

Nathaniel Brown, Nnamdi Collins und Ansgar Knauff spielen für die deutsche U21-Nationalmannschaft und werden voraussichtlich bei der EM im Sommer in der Slowakei dabei sein. Das letzte Testspiel hat das Team von Antonio Di Salvo kürzlich in Darmstadt absolviert, beim 3:1 gegen Spanien steht das Adlerträger-Trio in der Startelf. Die „Eintracht vom Main“ hat das Abschlusstraining am Tag vorher und die Partie in Südhessen begleitet und mit den Frankfurtern über Ambitionen, EM-Vorfreude und die Nationalmannschaft gesprochen.
Reportage: Michael Wiener
Fotos: Jan Hübner, Thomas Böcker/DFB, privat

Aus den Lautsprecher-Boxen im Darmstädter Stadion dröhnt Major Tom, völlig losgelöst ist die Stimmung auf den Rängen. 16.267 Zuschauer in der nahezu ausverkauften Arena feiern den 3:1-Sieg der deutschen U21-Nationalmannschaft gegen Spanien, erwirkt durch einen spielerisch wie kämpferisch einwandfreien Auftritt. Gegen eine Mannschaft, die von den Experten durchaus nicht nur als Mit-, sondern Topfavorit auf den EM-Titel gehandelt wird. Auf dem Rasen klatschen sich die Spieler von Antonio Di Salvo ab, feiern mit den Fans, sind erleichtert. Zwei Siege in dieser Länderspielperiode, Generalprobe geglückt – und das vor einer tollen Kulisse im Südhessischen. Mittendrin: Nathaniel Brown, Nnamdi Collins und Ansgar Knauff.

Drei Profifußballer von Eintracht Frankfurt in der U21 – das hat Aussagekraft. Welche? „Dass der Verein auf junge Spieler setzt und diese Spieler es sich mit guten Leistungen verdient haben, zu uns zu kommen und dabei zu sein“, beantwortet Antonio Di Salvo, der 2021 vom mit dem ältesten DFB-Nachwuchs äußerst erfolgreichen Stefan Kuntz (Europameister 2017 und 2021) übernommen hat, die Frage von Eintracht TV. Das Adlerträger-Trio ist nicht nur dabei, sondern darf bei der EM-Generalprobe fast durchweg mitwirken; nur Ansgar Knauff wird in der 89. Minute ausgewechselt.

„Dass der Verein auf junge Spieler setzt und diese Spieler es sich mit guten Leistungen verdient haben, zu uns zu kommen und dabei zu sein“
U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo auf die Frage, welche Aussagekraft es über den Verein hat, wenn von dort drei Spieler abgestellt werden

Während des Spiels demonstrieren Brown, Collins und Knauff, warum sie gerade gesetzt sind in der U21. Knauff und Brown zeigen einige Tiefenläufe, die sie teilweise durch gute Kombinationen mit den Mitspielern auch selbst erwirken, suchen dann immer wieder Stoßstürmer Woltemade, schalten sich nach vorne ein. Collins ist defensiv sehr stabil, sowohl als rechter Verteidiger als auch später – Di Salvo hatte einige Wechsel vorgenommen – in der Innenverteidigung. Um nur einige Beispiele zu nennen: Browns beherzter Lauf durchs Mittelfeld (68.) und seine wichtige Grätsche zur Ecke gegen Garcia (61.), Knauffs Füße im Spiel beim 2:1 von Woltemade (56.) und seine clevere Ballbehauptung gegen Valle (Freistoß rausgeholt/9.), Collins gute Antizipation gepaart mit Tempovorteilen bei langen Bällen der Spaniern, wie gegen Rodriguez (28.) und Veiga (52.).

Das Trio bringt also die Qualitäten ein, die man aus Frankfurt kennt. „Weil sie alles ablaufen und alle Zweikämpfe gewinnen“, bemerkt Nick Woltemade – drei Tage später als Bundesligagegner mit Stuttgart zu Gast in Frankfurt – später in der Mixed Zone mit einem breiten Grinsen auf die Frage, was er an den Frankfurtern mag. Antonio Di Salvo meint dazu: „Dieses Tempo braucht jede Mannschaft und ich bin froh, dass die drei Jungs das einbringen.“ Die Adlerträger haben das in der Vergangenheit unterschiedlich oft eingebracht, erst zum zweiten Mal haben sie gemeinsam in der Startelf gestanden. Die U21-Fakten plus ein Kommentar des Cheftrainers:

Nathaniel Brown

·      Alter bei EM-Start: 22 Jahre, 11 Monate

·      Neun Länderspiele

·      Debüt am 8. September 2023

·      In den vergangenen vier Partien jeweils in der Startelf aufgeboten

·      Ein Tor (November 2024 gegen Dänemark)

·      Keine weiteren U-Länderspiele

·      Antonio Di Salvo über Brown: „Nene habe ich schon dazugenommen, als er noch in Nürnberg gespielt hat. Nach diesem guten ersten Jahr ist er zur Eintracht; da war mir klar, dass es nicht einfach für ihn werden wird. Er war öfter nicht im Kader, hat wenig gespielt. Aber ich habe von Dino [Toppmöller; Anm. d. Red.] immer die Rückmeldung bekommen, dass er super trainiert und dran ist. Glücklicherweise für die Eintracht und für uns hat er bald seine Qualitäten auf dem Platz zeigen können.“

Nnamdi Collins

·      Alter bei EM-Start: 21 Jahre, 5 Monate

·      Vier Länderspiele

·      Debüt am 15. November 2024

·      Alle Länderspiele in der Startelf

·      24 U-Länderspiele, seit der U15 alle Mannschaften durchlaufen

·      Antonio Di Salvo über Collins: „Ich hatte ihn schon länger auf dem Zettel. Leider war es so, dass er erst ab Oktober zu seinen Einsätzen gekommen ist. Dann haben wir sein Potenzial gesehen und haben gesagt, dass wir ihn dabei haben wollen. Er hat das im November richtig gut gemacht und uns Stabilität gegeben auf der rechten Außenverteidigerposition. Das ist das, was ich erwarte: Zweikämpfe zu führen und sie zu gewinnen. Das hat er gemacht, und deswegen ist er dabei.“

Ansgar Knauff

·      Alter bei EM-Start: 23 Jahre, 5 Monate

·      24 Länderspiele

·      Debüt am 12. November 2021

·      Kam in allen vergangenen 15 U21-Länderspielen zum Einsatz

·      5 U-Länderspiele in der U19 und U20

·      Antonio Di Salvo über Knauff: „Ansgar hat 23 Länderspiele bei uns absolviert [zum Zeitpunkt des Interviews, mittlerweile 24; Anm. d. Red.], das ist schon eine Hausnummer. Er war schon dabei, als er noch nicht im Kernjahrgang war. Er hat vor zwei Jahren eine super Saison gespielt, sich zum besten Jungspieler der Europa League gekrönt. Er ist schnell und immer wieder in der Lage, in die Tiefe zu laufen und seine Tempovorteile auszuspielen. Er kann durch seine Erfahrung die jungen Spieler an die Hand nehmen, das macht er auch.“

Am Matchday 1 trainiert die deutsche U21 am DFB-Campus. Das Medieninteresse ist groß, zumal auf der vorangehenden Pressekonferenz Trainer Di Salvo sowie Gladbachs Rocco Reitz sprechen und es im Anschluss Informationen für die Journalisten zum EM-Fahrplan gibt. Warm-up, Passübungen, Spielformen – dann gehen die Kameras aus und es geht in die taktischen Feinheiten. Die Stimmung ist gut, es wird viel gelacht – aber auch konzentriert gearbeitet. Für die Adlerträger ist es ein Heimspiel, in einer Hinsicht fast noch mehr als im kaum über einen Kilometer Luftlinie entfernten Deutsche Bank Park: Vom bestens präparierten Trainingsplatz direkt am Hauptgebäude versperren keine Bäume den Blick auf die Frankfurter Skyline.

In Frankfurt werden sich die Nationalspieler auch treffen, bevor es zur EM in die Slowakei geht. Dort startet am 11. Juni die Europameisterschaft. Eine Folie der Medienpräsentation ist überschrieben mit „Wir wollen nach Bratislava“, die Hauptstadt des Fünf-Millionen-Einwohner-Landes. Über die Gruppenspiele in kleineren Städten gegen Slowenien (12. Juni), Tschechien (15. Juni) und England (18. Juni) sowie das Viertelfinale wollen sich die Deutschen für das Halbfinale qualifizieren, vor dem das Team voraussichtlich aus dem ruhig gelegenen Basecamp in die belebte Hauptstadt umziehen würde. Dort steigt am 28. Juni auch das Finale.

Dieses hat bei der vergangenen EM in Georgien und Rumänien vor zwei Jahren Spanien mit 0:1 gegen England verloren, nun haben die in der EM-Qualifikation souveränen Südeuropäer (neun Siege, ein Remis) nach genau einem Jahr mal wieder eine Niederlage kassiert. In Darmstadt ist die deutsche Grundstimmung nach dem 3:1 gegen die Spanier daher hervorragend, auch am Mikrofon von EintrachtTV. Nene Brown sagt: „Ich habe nach den ersten zwei Aktionen gemerkt, dass heute keiner vorbeikommt. Unser Ziel ist Bratislava. In unserem Team steckt sehr, sehr viel Qualität. Außerdem haben wir einen überragenden Spirit, es sind hier schon einige Freundschaften entstanden.“ Dass die Frankfurter im Trio dabei sind, spornt auch Nnamdi Collins an: „Wir freuen uns, wenn wir zusammen zum Lehrgang fahren können. Wir sind alle gut aufgenommen worden.“ Sicherlich auch von U21-Routinier Ansgar Knauff, der die EM 2023 aufgrund einer kurz zuvor erlittenen Verletzung verpasst hat. „Es fällt uns leicht, neue Spieler zu integrieren. Nun freue ich mich extrem auf mein erstes internationales Turnier. Wir haben in dieser Konstellation kein einziges Spiel verloren und haben richtig Bock auf die EM.“

„Wir können ambitioniert in die Slowakei reisen“
Ansgar Knauff

Als „Topfavorit, wenn es um den EM-Titel geht“, hat Antonio Di Salvo die Spanier vor

dem direkten Vergleich bezeichnet. Zu rechnen sein wird sicherlich auch mit anderen Nationen wie Deutschland. Seit dem enttäuschenden EM-Vorrundenaus 2023 mit der

Niederlage gegen den späteren Europameister England (0:2) hat das Team von Di Salvo kein Spiel verloren und sich auch gegen die vermeintlich großen Nationen wie Frankreich (2:2 im vergangenen November) und eben Spanien schadlos gehalten. Ansgar Knauff hat ohnehin nur bei zwei Niederlagen mit der U21 auf dem Platz gestanden, das waren Testspiele im September 2022; Brown und Collins haben mit diesem Team noch nie verloren. „Wir können ambitioniert in die Slowakei reisen“, sagt Knauff selbstbewusst.

Die Ungeschlagen-Serie, die guten letzten Tests, die gute Stimmung im DFB – die von der A-Nationalmannschaft auch auf die U21 abstrahlt: Nathaniel Brown, Nnamdi Collins und Ansgar Knauff verlassen das Darmstädter Stadion an diesem Dienstagabend mit einem sehr guten Gefühl, freuen sich nun erst mal auf die weiteren Aufgaben mit Eintracht Frankfurt und werden Ende Mai in den EM-Modus schalten. Und vielleicht auch mal zwischenzeitlich Major Tom hören und an die tolle Stimmung bei der Generalprobe gegen Spanien zurückdenken.