Kein Glückspiel bitte!
Serie, Teil 9 und 10
Das Waldstadion wird 100 Jahre alt! Im Mai ist es so weit, da feiert das Wohnzimmer der Eintracht im Deutsche Bank Park seinen 100. Geburtstag. Bis dahin gibt’s seit der Januar-Ausgabe zehn verschiedene Blickwinkel auf die Sport- und Begegnungsstätte im Stadtwald. In dieser Ausgabe: Die finalen Teile 9 und 10, bevor am 21. Mai das Waldstadion auf den Tag genau 100. Geburtstag feiert.
9 Kultur im Waldstadion
„Selten, dass man auf Gegentreffer stolz ist“, kondolierte das Eintracht Frankfurt Museum anlässlich Pelés Tod am 29. Dezember 2022, knapp 60 Jahre zuvor hatte die brasilianische Fußballlegende im Waldstadion bei einem Freundschaftsspiel drei Tore erzielt. Das 2007 gegründete Museum als Zentrum und gleichzeitig Teil der Eintracht-Geschichte, die eng verwoben ist mit der des Stadions. Nun hat Kultur und Sportkultur nicht erst in den vergangenen Jahrzehnten Einzug gehalten, etwa auch in Form einer Vernissage bis Ende vergangenen Jahres. Schon Ende der 1920er Jahre standen für Künstler in der Haupttribüne Ateliers zur Verfügung, 1928 öffnete nordwestlich der Festwiese das Waldtheater, eine Freilichtbühne, die 1.200 Zuschauern Platz bot.
Danach wechselte sich der Fußball mit anderen Sportarten, aber auch Popkonzerten ab. 1987 wurde der Evangelische Kirchentag zum großen Magneten. Darüber hinaus entwickelten sich die großen Freiluftkonzerte zu neuen Einnahmequellen. Beispielsweise heizten Supertramp 1983, Bruce Springsteen 1985 und 1988, Madonna 1987, Prince 1988, jeweils 1990 die Rolling Stones und Tina Turner den Musikfreunden ebenso ein wie später Marius Müller-Westernhagen, die Dire Straits, Bon Jovi und Michael Jackson, um nur einige zu nennen.
Die Zeugen Jehovas hielten hier große Kongresse ab, Popgrößen feierten mit ihren Fans rauschende Open-Air-Nächte. Die Rolling Stones, Genesis, Herbert Grönemeyer, Madonna, Bon Jovi, Depeche Mode, Helene Fischer, Comedians wie Mario Barth und Bülent Ceylan und auch die Ehrlich Brothers sorgten für tolle Stimmung. Beim Monster Jam flogen die riesigen vierrädrigen Gefährte durch die Frankfurter Luft, beim Autokino standen etwas kleinere Pkw vor der großen Leinwand. Regelmäßiger Gast ist auch der World Club Dome.
800.000 Menschen bei 18 Konzerten im Jahr 2022 waren europaweit die meisten nach Wembley. Tendenz seither steigend, der Stadionsommer ist fester Bestandteil der Festspiele im Stadtwald. Auch in diesem Jahr gibt’s – nicht nur wegen des Jubiläums – ein volles Programm im Deutsche Bank Park.
10 Pannen im Waldstadion
Nummer 1:
Die Wasserschlacht bei der WM 1974 in der Zwischenrunde gegen Polen, als die deutsche Mannschaft im entscheidenden Spiel in der zweiten Finalrunde den östlichen Nachbarn auf dem kaum bespielbaren Platz mit 1:0 besiegte. Hans-Georg Schwarzenbeck (Bild) und Co. hatten wenig Standfestigkeit. Entsprechend folgte 1978 die Installation einer Drainage plus Rasenheizung.
Nummer 2:
Während des Endspiels um den Confed Cup 2005, das Brasilien mit 4:1 gegen Argentinien gewann, ging ein fürchterliches Gewitter über Frankfurt nieder. Eine der Waben des neuen verschließbaren Stadiondachs füllte sich so lange mit dem Regen, bis sich das Sicherheitsventil öffnete und ein riesiger Wasserschwall in der Nähe einer Eckfahne auf den Boden schoss. Planungsfehler, meckerten manche. Andere verwiesen darauf, dass in einem Stadion ohne Dach die Partie hätte abgebrochen werden müssen.
Nummer 3:
Madonna hatte im September 2008 für ein kurioses Novum gesorgt. Drei Tage nach ihrem Konzert musste das Punktspiel gegen den Karlsruher SC kurzfristig entfallen. Der neue Rollrasen war noch nicht angewachsen, die Schiedsrichter stuften die Verletzungsgefahr als zu hoch ein. „Es wäre ein Glücksspiel unter freiem Himmel geworden, und das ist in Deutschland verboten“, nahm’s der damalige Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel mit Humor.