Mit der Pfeife in der Hand
Bei der Eintracht ist die Fußballabteilung für die Organisation der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter im Jugendbereich zuständig. Sebastian Beier ist Scout bei den Juniorinnen, kümmert sich als Schiedsrichterbeauftragter des Vereins demnach auch um alle Angelegenheiten rund um die Schiedsrichterei. Mit Claudia Demuth und Anke Sachs stehen auch zwei erfahrene Schiedsrichterinnen regelmäßig auf dem Platz. Im Doppelinterview gewähren die beiden Unparteiischen Einblicke in ihre Rolle.
Gude, Anke und Claudia, ihr seid nun schon seit einigen Jahren mit der Pfeife auf dem Platz unterwegs und als Schiedsrichterinnen ein fester Bestandteil der Eintracht. Seit wann pfeift ihr und in welchen Ligen seid ihr aktuell im Einsatz?
Anke: Ich bin seit 2011 Schiedsrichterin hier im Kreis Frankfurt. Ich pfeife von der Jugend bis zu den Erwachsenen alles von der Kreisklasse bis zur Kreisliga. Ich habe auch schon bis zur Gruppenliga hoch assistiert.
Claudia: Ich bin seit 2021 Schiedsrichterin und habe bis vor meiner Verletzung bis zur Kreisliga B Herren gepfiffen. Momentan mache ich noch Pause, nächstes Jahr will ich aber langsam wieder loslegen und erst einmal in den niedrigeren Jugendklassen starten. Aber auch wenn ich zurzeit nicht auf dem Platz stehe, unterstütze ich die Schiedsrichtervereinigung Frankfurt in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Ausbildung von neuen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern.
Wie seid ihr zur Schiedsrichterei und in dem Zuge auch zur Eintracht gekommen?
Anke: Zur Schiedsrichterei bin ich mehr oder weniger durch die Arbeit gekommen. Ich bin nach Frankfurt gezogen und musste mich erst einmal orientieren, was ich hier so machen kann und wie ich zurechtkomme. Da war es natürlich ein guter Einstieg, die Frankfurter Fußballplätze kennenzulernen. Ich habe vorher selbst Fußball gespielt, hatte dann aber einige Knieverletzungen, sodass ich damit aufhören musste. Dem Sport konnte ich so noch verbunden bleiben. Zur Eintracht bin ich dann durch die Fusion mit dem 1. FFC Frankfurt gekommen, bei dem ich vorher aktiv war.
Claudia: Ich habe angefangen, weil ich Betreuerin bei den U13-Juniorinnen war. Damals hat meine Nichte bei der Eintracht gespielt und die Juniorinnen haben Unterstützung in der Athletikabteilung gesucht. So bin ich dann reingerutscht und habe dann gedacht, die Schiedsrichterei ist auch etwas für mich. Den Schein habe ich während der Corona-Zeit gemacht. Damals noch komplett online, nur die Prüfung musste ich vor Ort ablegen.
Ihr seid also beide schon seit einigen Jahren aktiv und bringt inzwischen eine Menge Erfahrung mit. Ihr habt erzählt, dass ihr damals einfach den Entschluss gefasst habt, euch für die Schiedsrichter-Ausbildung anzumelden. Wie läuft das heutzutage ab, wenn man Interesse hat?
Anke: Jeder Fußballkreis bietet Neulingslehrgänge an, zu denen man sich anmelden kann. Die sind öffentlich ausgeschrieben. Um zu pfeifen, braucht man in der Regel einen Verein. Wenn man sich angemeldet hat, geht es auch schon los mit der Ausbildung. Normalerweise ist der Lehrgang in Präsenz und findet an ungefähr drei Wochenenden statt.
Claudia: Und am letzten Wochenende ist dann die Prüfung, die aus einem Regeltest und einem Lauftest besteht.
Das klingt wirklich nach einem unkomplizierten Einstieg. Habt ihr einen Überblick, wie viele aktive Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter es derzeit in Hessen gibt und wie viele davon weiblich sind?
Anke: Die Schiedsrichter-Familie in Hessen umfasst ca. 4.000 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. Wir haben 32 Fußballkreise, wobei Frankfurt einer ist. Frankfurt hat zurzeit 300. Nur 20 davon sind weiblich, da ist also noch Potenzial nach oben.
Was meint ihr, welche Eigenschaften oder Fähigkeiten sollte man als Schiedsrichterin mitbringen?
Claudia: Grundsätzlich muss man Interesse an der Schiedsrichterei zeigen. Vorteilhaft ist es, wenn man bereits ein bisschen Durchsetzungsvermögen hat und sich Akzeptanz gegenüber den Spielerinnen und Spielern schaffen kann.
Anke: Die Schiedsrichterei bietet aber auch Entwicklungspotenzial. Ich muss nicht die kommunikativste Person von Anfang an sein, das kann man lernen. Man entwickelt sich mit jedem Spiel weiter und gewinnt Selbstvertrauen. Ich kann es jedem raten, der Spaß am Fußball hat und mal gucken möchte, wie es denn ist, auf die andere Seite zu schauen. Also auch mal den Perspektivwechsel einzugehen. Als Spielerin oder Spieler hat man seinen eigenen Beitrag, aber um das Spiel 90 Minuten auf dem Platz zu absolvieren, gibt es noch andere Personen, die daran beteiligt sind.
„Es ist auf jeden Fall noch mehr als ‚nur‘ auf dem Platz zu stehen“
Anke Sachs, Schiedsrichterin
Wenn ihr nun selbst auf dem Platz steht, wie geht ihr in eure Spiele? Gibt es bestimmte Rituale oder eine besondere Art, wie ihr euch vorbereitet?
Claudia: Nachdem wir unsere Spiele zugeteilt bekommen haben, schaue ich mir schon einmal die Tabelle an, um zu wissen, wo die beiden Mannschaften dort gerade stehen.
Anke: Genau, bei fussball.de geht das ja ganz gut. Da sieht man auch, wie die beiden Teams schon gegeneinander gespielt haben. Wie war das zum Beispiel im Hinspiel? Oder im Allgemeinen, wie waren die Spiele davor? Gab es viele Karten? Wie Claudia auch gesagt hat: Schauen, wo stehen die Mannschaften in der Tabelle? Ist das ein Spiel um den ersten Platz, im Mittelfeld oder ist es der Erste gegen den Letzten? Das muss natürlich nichts heißen, aber es gibt zumindest schon mal eine Orientierung, um in das Spiel reinzukommen.
Ihr habt erwähnt, dass euch die Spiele zugeteilt werden. Wie genau funktioniert das eigentlich? Seid ihr verpflichtet, jede Ansetzung anzunehmen oder könnt ihr auch Wünsche äußern?
Anke: Also, wir haben entsprechende Qualifikationen zugeteilt bekommen, die wir auch jedes Jahr wieder bei einer Kreisleistungsprüfung nachweisen müssen. Das ist ein körperlicher Test, ein Lauftest und auch ein Regeltest. Und wenn wir uns da bewähren, haben wir diese Qualifikation. Im DFB-Net haben die Ansetzer dann die Möglichkeit zu schauen, wer für das Spiel und die Klasse geeignet ist und auch Zeit hat. Wir können unsere Termine pflegen und angeben, wann es uns passt. So werden die Spiele dann im Endeffekt zugeteilt.
Das heißt, auch abseits des Platzes gibt es für euch einiges zu organisieren, wie etwa den eigenen Terminkalender im Blick zu behalten. Welche Aufgaben gehören darüber hinaus noch zu eurem Schiedsrichteralltag?
Anke: Es ist auf jeden Fall noch mehr als „nur“ auf dem Platz stehen. Wir haben neben der Kreisleistungsprüfung auch fast jeden Monat einen Regeltest, bei dem wir aufgefordert sind, unsere Regelkenntnisse nachzuweisen. Das fließt ebenfalls in unsere Qualifikation ein. Wenn man nicht selbst Fußball spielt, sollte man bestenfalls natürlich auch etwas für seine Fitness, das Laufvermögen und die Athletik tun. Wir wollen auch gut aussehen auf dem Platz (lacht).
Claudia: Und die Spielberichte müssen wir schreiben. Da müssen zum Beispiel Strafen, die Torschützinnen und Torschützen sowie Auswechslungen eingetragen werden. Wenn wir eine rote Karte gezeigt haben, müssen wir einen Sonderbericht schreiben. Jeden Monat gibt es außerdem eine Schiedsrichtersitzung.
Bei all den Aufgaben, die mit der Schiedsrichterei verbunden sind, was bereitet euch dabei ganz persönlich am meisten Freude?
Claudia: Mir macht die Schiedsrichterei unglaublich viel Spaß. Nicht nur, weil man viel herumkommt, sondern auch, weil man ständig neue Leute kennenlernt.
Anke: Der Umgang mit den Menschen und die Emotionen. An sich selbst zu wachsen und sich besser kennenzulernen. Zu schauen, wie gehe ich mit Stresssituationen um? Es ist sehr schön, das mitzuerleben.