Die Meier-Feier
Vor zehn Jahren gewinnt Alex Meier die Torjägerkrone. Das ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Die Geschichte dazu. 
Text: Michael Wiener
Fotos: Jan Hübner, imago images, Eintracht-Archiv

23. Mai 2015. Die Eintracht empfängt zum Saisonabschluss Bayer 04 Leverkusen. Ein seinerzeit unspektakuläres Ende, es geht nicht um Abstieg, Klassenerhalt oder europäische Qualifikationsmöglichkeiten. Dass die Eintracht die Partie dennoch mit 2:1 gewinnt und noch von Platz elf auf neun klettert, ist – etwas überspitzt gesagt – ein schöner Nebeneffekt. Denn im Stadion fiebern auf der Tribüne Fans und insbesondere Alex Meier mit, ob die Torjägerkrone nach über zwei Jahrzehnten mal wieder nach Frankfurt kommt.

Sie kommt. Auch wenn Alex Meier nicht mehr eingreifen kann. Der lange Schlaks hatte sich rund sechs Wochen zuvor am Knie operieren lassen müssen, seinen letzten Treffer hatte er am 14. März gegen Paderborn erzielt. Letztlich kommt er nur auf 26 Einsätze in der Bundesligasaison 2014/15. Das sollte aber zur Torjägerkanone reichen, weil Vorjahressieger Robert Lewandowski nicht an seine Torquote herankommt und sich Arjen Robben ebenso in der Endphase verletzt. Die beiden Bayern-Spieler belegen mit jeweils 17 Toren gemeinsam Rang zwei.

In Frankfurt wird bei der Ehrung kurz nach dem Spiel durch Jörg Jakob aus der kicker-Chefredaktion und Vorstandsboss Heribert Bruchhagen unterdessen der Torschützenkönig gebührend gefeiert. „Alex Meier Fußballgott“ hallt es von den Rängen, die Mannschaft zeigt ein Transparent mit der Aufschrift „What if God was one of us? AM14“ (Was, wenn Gott einer von uns wäre?) in Anlehnung an einen Songtext. Alex Meier ist der erste Frankfurter Torschützenkönig nach Anthony Yeboahs Doppelpack 1992/93 und 1993/94, zuvor war dies im Eintracht-Trikot nur Jörn Andersen 1989/90 gelungen.

„Nach meiner OP habe ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet, umso mehr freut es mich, dass es doch noch geklappt hat“

Gewohnt bescheiden äußert sich Meier danach über diese außergewöhnliche Errungenschaft, die ihm zuvor schon mal in Liga zwei gelungen war (2010/11, 17 Treffer): „Die Torjäger-Kanone macht mich natürlich stolz. Ich will einfach nur Danke sagen zu den Fans, dem Trainerteam, der Mannschaft, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre. Nach meiner OP habe ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet, umso mehr freut es mich, dass es doch noch geklappt hat. Frankfurt ist mein Zuhause, die Eintracht ist ein Teil von mir. Alles, was wir in den letzten elf Jahren miteinander erlebt haben, schweißt natürlich zusammen und ist etwas ganz Besonderes. Jetzt freue ich mich noch einen Tag und dann geht es am Montag wieder in die Reha.“

Ein Blick auf die Tore zeigt die Qualitäten eines Alex Meier: 13 Treffer erzielte er mit dem rechten Fuß, ebenso viele waren es aus dem Spiel heraus, nur einmal traf er von außerhalb des Strafraums – die rechte Innenseite und der Riecher im Strafraum zeichnen Meier ganz besonders aus. Viele Treffer sind ohne direkte Vorlage, weil der damals 31- beziehungsweise 32-Jährige nach Abprallern, Pfostentreffern oder verunglückten Klärungsaktionen der gegnerischen Verteidigung richtig steht und weiß, wie der Ball auf einfachstem Weg ins Tor kommt. Meier erzielt nie mehr als zwei Treffer pro Spiel; seine zwei Dreierpacks in der Bundesliga gelingen ihm in der folgenden Saison 2015/16, als er auf dem Weg war, seine Bestmarke aus dem Vorjahr zu steigern, aber erneut verletzungsbedingt ausgebremst wurde (zwölf Tore bei 19 Einsätzen).

 

Die Bildergalerie mit all seinen Toren 2014/15 und dem Gruß der Fans am letzten Spieltag: Was, wenn Gott einer von uns wäre?

1 Die Ex-Eintrachtler Boateng (l.) und Fährmann können zuvor nicht klären, Meier trifft gegen Schalke zum 1:0.

2 Hasebe hat durchgesteckt, die Mainzer Abwehr um Ex-Adlerträger Stefan Bell (l.) kommt zu spät und Meiers Treffer zum 1:2 soll noch viel wert sein (Endstand 2:2).

3/4 Doppeltes Köpfchen gegen Köln, jeweils auf Flanke von Haris Seferovic. Maroh kommt in beiden Fällen zu spät.

5 Takashi Inui legt zurück, und Meiers Innenseite ist da. Nach dieser 1:0-Führung verliert die Eintracht noch 1:3 in Paderborn.

6 Spektakel gegen Stuttgart (Endstand 4:5), bei dem Alex Meier zwischenzeitlich zum 2:3 verkürzt.

7 Hier gibt’s nur den Jubel im Bild, nachdem Meier nach einem Abschluss von Aigner (l.) und der Parade von Yann Sommer (vorne) zum 2:1 abgestaubt hat. Die Eintracht gewinnt in Mönchengladbach 3:1.

8 Ein langer Ball von Marco Russ leitet das 1:0 gegen den BVB ein, als Meier cool bleibt vor Roman Weidenfeller (Endstand 2:0).

9 Per Abstauber nach einem Pfostenschuss von Aigner markiert Meier das 1:0 gegen Bremen.

10 Auch hier kommt der Ball vom Pfosten, nach einem Stendera-Abschluss – 3:1 für die Eintracht (Endstand 5:2).

11 Sein 100. Bundesligator nach einer Flanke von Inui bedeutet gegen die Hertha den späten 3:4-Anschluss (90.), …

12 … dem noch der Ausgleich mit Saisontor Nummer zwölf folgt, aus dem Gewühl.

13 Der erste von drei verwandelten Elfmetern, hier gegen Leverkusens Bernd Leno (Endstand 1:1).

14 Meiers Treffer zum 2:2-Endstand in Augsburg.

15 Verwandelter Elfmeter, der zweite, als Meier HSV-Keeper Drobny in die falsche Ecke schickt.

16 Den Siegtreffer gegen seinen Ex-Klub HSV erzielt Meier nach 54 Minuten.

17 Ungläubige Blicke auf der Kölner Tribüne, als Meier im zweiten Versuch den Ball zum 1:1 über die Linie drückt.

18 Nur noch Ergebniskosmetik ist der verwandelte Strafstoß zum 2:4 in der letzten Minute gegen Kölns Timo Horn.

19 Stendera flankt, Meier eröffnet per Kopf das Schützenfest gegen Paderborn (Endstand 4:0).