„Nur Fußball hat mir nicht gereicht“
Der erste Finalheld der Eintracht ist 90 Jahre alt! Ekko Feigenspan schießt im Endspiel 1959 drei Tore. Heute lebt er in der Nähe von Augsburg und feierte am 13. Mai seinen runden Geburtstag.
Text: Michael Wiener
Fotos: imago images, Eintracht-Archiv

Augsburg, in der City-Galerie, bei einer in und um die Fuggerstadt bekannten Bäckerei und Konditorei. Eckehard Feigenspan hat eine Karotten-Ingwer-Suppe bestellt, dazu ein Wasser. Der damals 89-Jährige kommt gerade aus der Volkshochschule, hat sich dort im Spanisch-Kurs weitergebildet. „Das ist Gehirntraining und macht Spaß. Außerdem ist es hilfreich, verschiedene Sprachen sprechen zu können“, sagt der Deutsche Meister von 1959 mit der Eintracht, der seit vielen Jahren etwa 20 Autominuten von Augsburg entfernt wohnt. Der Besuch in der Volkshochschule gehört jeden Donnerstag zu seiner Routine. Das Parkhaus der City-Galerie ist direkt nebenan, danach noch ins Café gehen oder in der Stadt ein paar Einkäufe erledigen – und dann geht’s wieder zurück vor die Tore der Stadt, wo es ihn mit seiner Frau schon 1968 aus beruflichen Gründen hingezogen hat.

Hier fühlt sich Feigenspan wohl. In früheren Jahren war der Weg zum Skifahren nicht weit, schwimmen geht er noch immer, Spaziergänge in der Natur und ein großer Garten halten ihn noch heute fit. Seinen letzten Urlaub hat er um Weihnachten in Südtirol verbracht. Der Eintracht ist er immer noch verbunden, auch wenn er durch die Entfernung nicht wie seine Mitspieler aus der 59er-Mannschaft in die Loge zu den Heimspielen kommen kann. „Zum Auswärtsspiel der Eintracht in Augsburg hat mir Matthias Thoma vom Eintracht-Museum dankenswerterweise Karten besorgt. Wir versuchen, bei dieser Begegnung immer dabei zu sein“, erzählt Feigenspan.

„Um uns verdiente Spieler wird sich [bei der Eintracht] hervorragend gekümmert“
Ekko Feigenspan

Der Jubilar kommt aus einer Generation von Fußballern, bei denen der Sport durch die geringen Verdienstmöglichkeiten nicht immer Priorität genießen konnte. Der frühere Stürmer erzählt von Zeiten, in denen er 150 Mark Sieg- und 1.000 Mark Meisterprämie erhielt und das Ministerium den Verdienst der Fußballer im Jahresmittel auf 400 Mark pro Monat beschränkte. Er studierte zunächst Maschinenbau und pendelte aus Darmstadt an den Riederwald und zu seinem Wohnort in die Wetterau; als er sich in München einschrieb, spielte er bei 1860; bei Krupp baute er Diesellokomotiven und kickte ein paar Meter weiter bei Rot-Weiß Essen. Letztlich ging er zur MAN nach Augsburg und stellte den Sport endgültig hintenan – auch, weil er sich in Essen schwer am Knie verletzt hatte.

Als Feigenspan mit der Eintracht den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiert, gehört er zu den besten Stürmern des Landes. In der Oberligasaison 1958/59 schoss er in 27 Spielen 21 Tore, legte deren zwölf in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft nach – alleine drei im Finale gegen Kickers Offenbach. „Beim 5:3 ins leere Tor zu laufen, war ein sehr schönes Gefühl“, schwärmt er noch heute. „Pfaff, Kress und Weilbächer waren Spieler, die mich in Position gebracht haben. Wir haben immer offensiv gespielt. Ohne meine Mitspieler hätte ich diese Tore nie schießen können.“ Und Feigenspan hat als Mittelstürmer für eben jene Tore gesorgt. Nach dem Spiel ging’s dann wieder auf die Arbeit.

Feigenspan ist in Frankfurt geboren, sein Vater hatte einen Betrieb am Westbahnhof und das Elternhaus war unweit davon. Während des Krieges wurde das Anwesen 1944 zerstört, die Familie siedelte über zur Cousine der Mutter nach Nieder-Wöllstadt in die Wetterau. Erlebnisse aus der Kriegszeit kann er noch genau schildern. „Mein Vater hat mich bei einem Bombenangriff aus dem Flammeninferno gezogen. Ich habe die Geräusche noch im Ohr.“

In der Wetterau wurde Feigenspan heimisch und es gab die ersten Berührungspunkte mit dem Fußball, damals noch aus einem Sack und Heu selbst zusammengenäht. „Wir haben nach der Schule immer auf der Wiese gebolzt. Im Winter haben wir dort Eishockey gespielt“, erinnert sich Feigenspan. Beim SV Nieder-Wöllstadt kickte er erstmals Fußball im Verein, es folgten die Wechsel zum VfB Friedberg und 1955 zur Eintracht. Ein Jahr zuvor war Deutschland Weltmeister geworden. „Fritz und Ottmar Walter sowie Max Morlock waren meine Vorbilder, der WM-Titel hat sich positiv auf das Lebensgefühl in Deutschland ausgewirkt.“ 

Feigenspan pendelte zu Beginn der Eintracht-Zeit zwischen seinem Studienort, dem Riederwald und seiner Heimat in der Wetterau. „Wir haben in der Oberliga nur zweimal in der Woche trainiert. Wir waren Vertragsamateure, Fußball war noch im wahrsten Sinne des Wortes die größte Nebensache der Welt“, sagt Feigenspan. Die Zeit bei der Eintracht sei fantastisch gewesen, „die Meisterschaft war der absolute Karrierehöhepunkt.“ Dennoch: „Nur Fußball zu spielen, hat mir nie gereicht. Fußball hat mein Leben bereichert, aber nie dominiert.“ So ist auch sein Wechsel 1959 von Frankfurt nach München zu erklären, den er aufgrund seines Studiums in der bayerischen Hauptstadt vollzog. Nach 79 Oberligaspielen mit 52 Toren für die Adlerträger sowie sieben Partien in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft mit zwölf (!) Treffern.

66 Jahre nach dem Meistertitel ist Frankfurt für ihn zwar weit weg, die Eintracht bleibt ihm aber immer in guter Erinnerung. „Um uns verdiente Spieler wird sich hervorragend gekümmert.“ Wie auch 2023, als er beim DFB-Pokalendspiel in Berlin dabei war. An jenem Ort, wo Ekko Feigenspan 1959 die Eintracht zur Deutschen Meisterschaft geschossen hat!