Wie ging es nach der Gründung der Fanabteilung bis zu deiner heutigen Position für dich weiter? Das ist in der Tat eine Geschichte, die nicht einfach war. Ich war vorher auf der Fanseite, Gründungsmitglied auf der Fanseite und bin dann relativ schnell ins Präsidium gekommen. Ein Dreivierteljahr nach der Gründung hat Peter Fischer sein Präsidium neu sortiert. Ich hatte das gar nicht vor, ich hatte einen anderen Le- bensplan, aber er hat gesagt: „Ich will, dass du mit mir ins Präsidium gehst.“ Und das habe ich dann gemacht. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass in dem Moment, in dem man aus der Fanszene in das Präsidium wechselt, die Loyalität nicht mehr originär zur Fangruppe, aus der man kommt, besteht, sondern zum Präsidium und zu den übergeordneten Vereinsinteressen. Das hat mir Peter Fi- scher klar gesagt und ich habe es genau- so gemacht. Das führte natürlich dazu, dass ich den Mitgliedern der Gründer- gruppe nicht mehr alles erzählen konnte, worüber wir im Präsidium und im Auf- sichtsrat der Fußball AG gesprochen ha- ben. Was im Präsidium besprochen wird, muss da bleiben, sonst kann man einen Verein nicht seriös führen. Und da hat es am Anfang schon geruckelt, weil man- cher gedacht hat, ich würde da jetzt auf einem hohen Ross sitzen. Ich kann nur je- dem raten, der aus der Fanszene diesen Weg geht, das so klar zu entscheiden wie ich. Alles andere führt nur zu unauflösba- ren Konflikten. Mein weiterer Weg ist be- kannt. Nach einigen Jahren im Präsidium des Vereins und im Aufsichtsrat der AG bin ich 2012 in den Vorstand der Fußball AG gewechselt und seit 2021 Vorstands- sprecher. Wie siehst du den Stellenwert von Pro- jekten innerhalb der Fanabteilung wie FFIT, aber auch die Junior Adler oder die Adler Classics? Der Stellenwert ist enorm groß und ich finde diese Form von Aktivierung super wichtig. Ich habe selbst jahrelang das Angebot zum Hallenkick in Preunges- heim wahrgenommen und habe auch mit dem jetzigen Abteilungsleiter Dario Minden regelmäßig gekickt. Diese Art von Begegnungen waren nicht nur für den Sport wichtig, sie haben auch Ver- netzungen in den Verein geschaffen. Dar- aus sind wahnsinnig viele gute Projekte hervorgegangen, es gab immer Feed- back, Themen, Inhalte, auch mal politisch schwierige Fragen wurden beredet, die du nicht nur digital und einmal im Jahr auf einer Mitglieder- oder Abteilungs- versammlung oder im Stadion anspre- chen kannst. Und dann gibt es für mich natürlich ein sehr wichtiges Feld, die Ad- ler Classics. Wir haben in der Mitglieder- struktur viele Mitglieder, die jetzt das Renteneintrittsalter erreichen, die 60 auf- wärts sind. Für sie Sport- oder Begeg- nungsangebote zu schaffen – quasi auf dem Weg in ihren dritten Lebensab- schnitt – ist eine super Aufgabe für Ein- tracht Frankfurt, weil wir mit Sport, Be- wegung, dieser Emotionalität, die unsere Eintracht für viele bedeutet, natürlich ge- eignet sind, das Leben im vorgerückten Alter angenehmer zu machen. In einer Zeit, in der wir sehen, dass soziale Kon- takte sich verschieben, auch in die digi- tale Welt, geben wir etwas Fühlbares, etwas Haptisches, etwas Leidenschaft- liches, und das ist eine Riesenchance für Eintracht Frankfurt, Leute zu binden und sie glücklich zu machen, auch wenn sie nicht mehr alle zwei Wochen ins Stadion kommen oder sich nirgendwo anders sportlich betätigen können. „Ich habe den aller- größSSten Respekt vor den Leuten, die die Fan- und Förderabteilung als Vorstand geführt haben oder führen.“ Was ist die Bedeutung der Fanabtei- lung heute, vielleicht auch politisch be- trachtet? Das ist so ein Punkt, in dem ich den größ- ten Aktionsbedarf sehe. Die große Her- ausforderung ist, dass die Fanszene kom- plexer, heterogener geworden ist und die Fan- und Förderabteilung den Anspruch haben muss, die verbindende Plattform zwischen allen Richtungen zu sein. Die Fanabteilung muss immer auch ein Ga- rant dafür sein, dass dieser Verein pro- fessionell geführt, leistungsstark und wettbewerbsfähig sein muss. Wenn wir in der Dritten oder Vierten Liga spielen, dann erreichen wir weniger Menschen. unserE Eintracht / Fokus Der Leistungsbegriff muss eine zentrale Rolle in diesem Klub spielen. Sonst sind Spitzensport und Profifußball nicht mög- lich. Ohne diese Ansprüche würde Ein- tracht Frankfurt an Strahl- und Anzie- hungskraft verlieren. Die Fanabteilung muss aber auch der Garant für Traditi- onspflege, Haltung und Offenheit für alle sein. Wir wollten immer bunt sein, ethnische Hintergründe, sexuelle Orien- tierung, Religion, Sprache und Kultur … Das spielt alles keine Rolle, wenn du den Adler auf der Brust trägst, dann bist du hier willkommen. Und auch da muss man politisch einfach klar sein. Da braucht es eine Fan- und Förderabtei- lung, die eine stärkere Stimme hat, als das im Moment der Fall ist. Ich würde der Fan-Abteilung zu beiden Themen etwas mehr Konsequenz in der öffentlichen Wahrnehmung wünschen. Hast du noch irgendetwas, was dir auf dem Herzen liegt, was du gerne noch loswerden möchtest, zu dem Thema? Ja! Ich habe den allergrößten Respekt vor den Leuten, die die Fan- und Förderabtei- lung als Vorstand geführt haben oder führen, weil ich weiß, wie viel Kraft das kostet. Ich werde für meine Arbeit bei Eintracht Frankfurt bezahlt. Diejenigen hier sind Ehrenamtlerinnen und Ehren- amtler und ich muss sagen, ich habe im- mer den Hut gezogen vor allen, die sich hier in den letzten 25 Jahren eingebracht haben. Die meisten kenne ich sehr gut und lange. Ihre Hingabe für diesen Verein ist bemerkenswert. K L U B M A G A Z I N In den Anfangszeiten der Fan- und Förderabteilung. 89