„Faninteressen an erster Stelle“
Ein gemütlicher Winterabend an einem Montag – es ist mal wieder Zeit für den Stammtisch. Diesmal in der DIVA am Riederwald. Passend zum Thema „25 Jahre Fan- und Förderabteilung“ treffen sich vier Mitglieder, deren Verbundenheit mit der Eintracht nicht zu übersehen ist: Alle vier kommen mit Fan-Shirts oder sogar Schals, Karin hat ihren Ehemann, der ebenfalls begeisterter Adler Classic ist, zur Unterstützung mitgebracht und für Grischa und Dirk geht es direkt im Anschluss weiter zum Training der FFIT-Mannschaft.
Interview: Sina Schäfer
Fotos: Luca Weigand
Die Gesprächspartner
Dario Minden (31): Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung, setzt sich engagiert für Faninteressen und Mitbestimmung ein, spielt beim Hallenkick mit.
Dirk Chung (60): Gründungsmitglied der Fanabteilung, Dauerkartenbesitzer, spielt Walking Football bei der Eintracht.
Grischa Schulz (57): Lebenslanges Mitglied, ehemaliger FFIT-Projektteilnehmer, unterstützt die FFIT-Mannschaft und spielt Walking Football bei der Eintracht.
Karin Schenk (63): Seit drei Jahren begeisterte Adler Classic, verpasst kaum ein Spiel der Eintracht, ist nahezu bei jeder Adler Classic-Veranstaltung dabei, genießt die Gesellschaft der Eintracht-Familie.
Dirk, nimm uns einmal mit zurück an den Anfang – welche Erinnerungen hast du an die Gründung am 11. Dezember 2000?
Dirk Chung: Für mich persönlich ging es los mit dem ersten Abstieg. Es ging mit der Eintracht bergab und dagegen wollte man etwas tun. Es gab eine Mailing-Liste und über die haben sich die Leute kennengelernt. Mit denen haben wir uns dann zum ersten Zweitligaspiel im Stadion getroffen. Wir waren uns einig, dass wir etwas unternehmen wollen. Da haben sich einige Leute getroffen und gemeinsam ein Konzept ausgearbeitet, in dem zum Beispiel festgehalten wurde, dass die Fans mehr Mitbestimmung haben sollen. Es ging mir vor allem um fanpolitische Interessen.
Dario Minden: Damit hat Dirk schon den Kernbereich der Fanabteilung beschrieben. Was auch für mich und mein Vorstandsteam ganz klar ist: An allererster Stelle stehen die Faninteressen. Darauf aufbauend haben wir die Junior Adler und Adler Classics geschaffen. Das andere ist der Grundsatz, dass die Fans, die Menschen, die zum Verein stehen, Mitspracherecht haben.
Dario, wenn du auf die Entwicklung blickst, was sind Meilensteine in den 25 Jahren gewesen?
Dario Minden: Wir haben es nicht nur geschafft, die Kapitalinteressen herauszuhalten, sondern wir haben den Verein stabilisiert. Stand jetzt haben wir über 150.000 Mitglieder. Davon tragen rund 140.000 aus Verbundenheit zum Fußball bei Eintracht Frankfurt dazu bei, dass Gelder in den Breiten- und Leistungssport umgelegt werden, sodass die Eintracht als Verein sehr solide dasteht.
Karin, was waren denn deine Beweggründe, Mitglied zu werden?
Karin Schenk: Mein Mann Wolfgang und ich sind zu den Heimspielen der Eintracht gegangen. Irgendwann haben wir beschlossen, dass wir Mitglieder werden, um leichter an Tickets zu kommen, die Spiele live zu erleben und schließlich auch Dauerkarten zu erhalten. Was wir dann auch geschafft haben: Wir haben Dauerkarten bei den Herren und Frauen. Wir gehen zu allen Heimspielen und versuchen, auch regelmäßig auswärts mitzufahren.
Grischa Schulz: Bei mir war die Verbundenheit mit dem Verein das Ausschlaggebende. Damals gab es die Ticket-Problematik noch nicht. Vor zwei Jahren war es dann eine emotionale Entscheidung, dass ich sogar lebenslanges Mitglied wurde.
Du bist zudem ehemaliges Mitglied des Projekts „Fußball-Fans im Training“. Was ist aus deiner Sicht der Mehrwert?
Grischa Schulz: Darauf gekommen bin ich durch ein anderes FFIT-Mitglied, das in meinem Block sitzt. Er ist in dem zum Projekt gehörenden T-Shirt ins Stadion gekommen. Im Grunde ist das ein Kurs für einen aktiveren Lebensstil zur Krebsvorsorge. In einem anderen Kontext hätte ich das Angebot ignoriert, aber der Bezug zur Eintracht und Thomas Zampach als Kursleiter haben mich überzeugt. Nachdem Kurs habe ich dann sogar mit anderen Teilnehmern noch weiter gekickt. Seit dem sechsten Kurs sind wir so viele, dass wir regelmäßig trainieren können. Der Kurs war der Auslöser dafür, dass ich 14 Kilo abgenommen habe.
Das klingt nach einer großen Veränderung! Karin, was würdest du sagen, ist das Gute daran, ein Adler Classic zu sein?
Karin Schenk: Ich fühle mich sehr wohl im Kreis der Adler Classics. Das ist eine tolle Gemeinschaft. Alle haben ein Ziel – die Eintracht zu unterstützen. Es gibt eigentlich immer nur ein Gesprächsthema: die Eintracht. Insgesamt werden ca. 70 Veranstaltungen im Jahr von der Fanabteilung für uns organisiert, an denen wir teilnehmen können. Es ist Kultur, Spaß, Sport. Wir gehen wandern, Fahrrad fah- ren, machen Quiz-Abende. Das ist ein ganz tolles Angebot.
„Die Menschen bei der Eintracht zu binden und ihnen gemeinsam Angebote und eine Plattform zu bieten, das ist der Sinn und Zweck unserer Planung.“
Dario Minden
Was war euer persönliches Fan-Highlight?
Dirk Chung: Mein Highlight war die Auswärtsfahrt nach Tel Aviv (Anm. d. Red.: Europa League-Saison 2013/14), weil wir zusammenstanden, auch wenn wir verloren haben. Mit dem Spielverlauf war ich nicht zufrieden. Ich weiß nicht, wer sich den Bau des Stadions ausgedacht hat, aber der Gang zur Kabine geht durch die Gästekurve. Als die Mannschaft von Tel Aviv vom Platz gegangen ist, hat der Eintracht-Anhang applaudiert. Das fand ich großartig.
Dario Minden: Das war ein sehr erhabener Moment, weil das Stadion vorher, wie ein mediterraner Hexenkessel brodelte. Nachdem wir im Gästeblock den Spielern applaudiert hatten, gab es dann wiederum Applaus von den Rängen für uns. Das war eine sehr würdevolle Veranstaltung und in der Gruppenphase letztlich das einzige Spiel, das wir verloren haben. Das Fanprojekt hatte da außerdem Fahrten organisiert nach Yad Vashem, die große Shoah-Gedenkstätte, die außerhalb liegt. Das Angebot haben auch viele wahrgenommen. Da sieht man, es geht nicht nur um das Geschehen auf dem Rasen, sondern um die menschliche Seite. Wenn man so darüber nachdenkt: Das eine sind die Highlights, aber ein großer Wert im Fußball wie im Leben sind die Beständigkeit und die Charaktere, die einen Sportverein erst zusammenbringen. Die Menschen bei der Eintracht zu binden und denen gemeinsam Angebote und eine Plattform zu bieten, das ist der Sinn und Zweck unserer Planung.
Grischa Schulz: Es gab Phasen, in denen das Fußballzuschauen nicht so viel Spaß gebracht hat. Wo man dann trotzdem hingegangen ist, um seine Leute zu treffen, die man dort kennengelernt hat. Das stand dann eher im Fokus als das Spiel an sich.
Karin Schenk: Ein Highlight im Kleinen war für mich zum Beispiel das Auswärtsspiel in Freiburg Ende der vergangenen Saison. Da hätten wir als Adler Classics gerne eine Auswärtsfahrt gemacht, die kam aber leider aufgrund der Ticket-Situation nicht zustande. Die Fanabteilung hat es dann aber ermöglicht, dass ein Teil der Adler Classics doch zum Spiel ins Stadion kommen konnte. Also ein großes Lob an die Fanabteilung. Das war super.
Habt ihr Wünsche für die Zukunft der Fanabteilung?
Dirk Chung: Es wäre wichtig, dass die Fanabteilung ihr breites Angebot besser nach außen trägt.
Karin Schenk: Ich würde mir wünschen, dass der Frauenfußball noch mehr vorangetrieben wird und das mehr Fahrten zu den Auswärtsspielen der Frauen angeboten werden. Gemeinsam mit der Fanabteilung waren wir in Eindhoven und auch in Hoffenheim bei dem Pokalspiel. Das war eine super Aktion. Es war eine tolle Stimmung im Bus und es gab lautstarke Unterstützung im Stadion. So etwas würde ich mir für die Zukunft vermehrt wünschen.
Dario Minden: Beide Punkte, sowohl bei den Frauen aktiver zu werden als auch die Kommunikation zu verbessern, stehen auf unserem Zettel. Wir wollen nicht nur das Angebot kommunizieren, sondern für mehr Mitbestimmung sorgen. In den letzten Jahren ist eine Veranstaltungsreihe dazugekommen: der Mitgliedertalk. Dort gehen wir kritischen Themen im Fußball auf den Grund. Grischa, hast du noch was?
Grischa Schulze: Ich bin mit den Angeboten, die es gibt, sehr zufrieden und auch ausgelastet. Ich bin super glücklich mit Walking Football und FFIT sowie den organisierten Auswärtsfahrten, an denen ich regelmäßig teilnehme.
Dirk Chung: Da schließt sich der Kreis. Die Fanabteilung wurde auch gegründet, um Faninteressen hochzuhalten.