Reflexionsprozesse anstoßen und Potentiale entfalten 

Seit Juli ist Alexander Reifschneider als Trainerentwickler und Ausbildungsleiter Fußball am Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) tätig und arbeitet als solcher daran, die Qualität der Ausbildung talentierter Fußballer bei Eintracht Frankfurt stetig zu verbessern. Im Interview mit der Anpfiff-Redaktion spricht der Pro-Lizenz-Inhaber über seine Arbeit als Trainerentwickler und erklärt unter anderem, warum es für das NLZ so wichtig ist, die Aus- und Weiterbildung von Trainerinnen und Trainern zu fördern. 

Seit Juli bist du hier am NLZ als Trainerentwickler und Ausbildungsleiter tätig. Wieso ist es so wichtig, dass wir hier am NLZ nicht nur Spieler, sondern auch Trainer ausbilden? 

Ich glaube, die Analogie ist selbstredend: Wenn wir bessere Trainer haben, bringen wir am Ende auch bessere Spieler hervor. An der Stelle hatten wir in den Leistungszentren in der Vergangenheit grundsätzlich eine Problematik und haben die Trainer in ihrer Entwicklung wenig begleitet. Dabei ist es total wichtig, auch die Arbeit der Trainer zu sehen und sie dabei zu unterstützen, ihren Job im Rahmen unserer Ausbildungskonzeption noch besser zu machen.  

Wie geht denn generell die Ausbildung eines Trainers vonstatten? Es gibt schließlich keinen Studiengang oder ähnliches, den man dafür belegen kann. 

Die Zugänge zum Trainerjob sind sehr unterschiedlich. Häufig geht es damit los, dass die Leute selbst, teilweise auch höherklassig, Fußball gespielt haben. Dann gibt es über verschiedene Wege die Möglichkeit, weitere Qualifikationen zu erlangen. Das kann ein sportwissenschaftliches Studium sein, aber ebenso andere Studiengänge, die einen wertvollen Input für die Trainerarbeit leisten, wie zum Beispiel Psychologie oder ein pädagogisches Fach. Zudem ist es wichtig, Praxiserfahrung zu sammeln und im Laufe der Zeit Lizenzen zu erlangen. Das geht in den Landesverbänden los, wo man die ersten Lizenzstufen absolvieren kann, bis man irgendwann die Möglichkeit hat, mit der B+- und A+-Lizenz des DFB spezifische Jugendlizenzen zu absolvieren. Das sind so die klassischen Werdegänge, die in ihrer genauen Ausgestaltung jedoch sehr individuell und unterschiedlich sind. Und von daher gibt es nicht, die eine Ausbildung zum Fußballtrainer, sondern verschiedene Wege, die in diesen Beruf führen können.  

Du hast die neuen DFB-Lizenzen schon angesprochen, die einen Baustein des großen Ganzen bilden. Was hat es damit im Detail auf sich? 

Mit der B+- und der A+-Lizenz bietet der DFB seit einiger Zeit explizite Nachwuchs-Lizenzen an. Das große Ziel dabei war, ein zielgruppenspezifisches Angebot zu schaffen. Wir haben da zum einen die B+-, die über wenige Wochen geht, sowie die A+- Lizenz, mit der ein Nachwuchs-Pendant zum Fußballlehrer geschaffen wurde. Die Ausbildung geht über mehrere Monate und liefert Input auf einem sehr hohen Niveau. Trainer, die am A+-Lehrgang teilnehmen, bringen in der Regel einen großen Erfahrungsschatz in der Nachwuchsarbeit mit, wodurch die Qualität des Austauschs natürlich enorm hoch ist und jeder Teilnehmer die Möglichkeit bekommt, Inhalte für sich mitzunehmen. Man muss aber auch sagen, dass die Lizenzen für die Entwicklung von Trainern ihre Grenzen haben. Das, was wir hier als Verein leisten können, geht deutlich darüber hinaus, weil wir die Möglichkeit haben, viel intensiver, umfangreicher und in ihrem tatsächlichen Arbeitsalltag mit den Trainern zusammenzuarbeiten.  

Stichwort zielgruppenspezifisches Angebot: Wo liegen denn die Unterschiede zwischen der Trainertätigkeit in einem NLZ und der Arbeit mit erwachsenen Fußballspielern? 

Im Nachwuchsbereich arbeiten wir immer im Sinne der Spielerentwicklung, damit die Spieler sich entfalten können und die Möglichkeit haben, ihr Potenzial komplett auszuschöpfen. Im Seniorenbereich geht es dagegen darum, Ergebnisse zu erzielen. Dort wirst du als Trainer an Ergebnissen gemessen, während im Nachwuchsbereich der Fokus zu 100 Prozent darauf liegen sollte, individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln und zu schauen, dass sich der Spieler in einem Raum befindet, in dem er die Möglichkeit hat, sich zu entfalten. Dementsprechend ist die Arbeit eines Nachwuchstrainers sowohl im Hinblick auf die Zielgruppe, weil es ja noch Kinder und Jugendliche sind, als auch in der grundsätzlichen Zielsetzung eine ganz andere als im Seniorenbereich. 

Ich verstehe meine Rolle als Person, die die Trainer begleitet und Reflexionsprozesse in Gang setzt“ – Alexander Reifschneider

Je nach Jahrgang und Entwicklungsstufe einer Mannschaft kommen auch unterschiedliche Herausforderungen auf den jeweiligen Trainer zu. Welchen Einfluss hat das, auch in Bezug auf deine Arbeit? 

Je nachdem um welchen Bereich es sich handelt, unterscheiden sich natürlich die Ausbildungsinhalte. Hinzu kommt, dass auch die Trainer verschiedene Erfahrungsstufen haben sowie unterschiedliche Qualifikationen und Lizenzen mitbringen. Letztlich gibt es in meiner Arbeit mit den Trainern viele Parallele zu der Arbeit der Trainer mit ihren Spielern: Es geht darum, dem Trainer in seinem aktuellen Entwicklungsstand gerecht zu werden und ein Angebot zu schaffen, das ihm weiterhilft und in dem er eine Motivation findet, damit er in seiner aktuellen Rolle der bestmögliche Trainer werden und sein Potenzial ausschöpfen kann.  

Wie sieht deine Arbeit mit den Trainern dann konkret aus?
Ich verstehe meine Rolle als Person, die die Trainer begleitet und dann Reflexionsprozesse in Gang setzt sowie Feedback gibt. Das wird ein sehr wichtiger Part in meiner Arbeit sein. Denn die Entwicklung des Trainers steht und fällt letztlich mit einer gewissen Kritikfähigkeit und der Bereitschaft, in sich selbst zu investieren und sich mit Themen auseinanderzusetzen, die ihm helfen, seine eigene Arbeit zu verbessern. Das sind auch manchmal Themen, die ungemütlich sein können, weil man vielleicht über Schwächen stolpert, die man gerne kaschieren oder nicht wahrhaben möchte. Gleichzeitig ist es wichtig, als Trainer immer wieder inspiriert zu werden und voneinander zu lernen. Wir haben hier am NLZ so viele Fachleute, ich sehe meine Aufgabe also auch darin, diese Personen in den Austausch zu bringen, damit sie voneinander lernen können. Es wird ein wichtiger Bestandteil sein zu schauen, dass wir das Wissen, das hier bereits vorhanden ist, noch mehr teilen und dadurch noch mehr voneinander profitieren.