Trainerspuren hinterlassen
Ein Schlussstrich als Karrierestart, Erfahrungen im Ausland und warum sich die Aufgabe bei der Eintracht wie „heimkommen“ anfühlt. U21-Trainer Dennis Schmitt im Porträt.
Ein langer Arbeitstag neigt sich am Dreieicher Bürgeracker dem Ende entgegen. Während sich die Sonne hinter den Schrebergärten gegenüber des Ahorn Camp Sportparks schon weitestgehend verabschiedet hat, heißt es nun auch im U21-Trainerbüro „So, Männer, Feierabend!“ Zu denjenigen, die im Regelfall die Türe hinter sich und nicht selten auch die Tore des gesamten Sportparks abschließen, gehört Dennis Schmitt. Seit dem Sommer leitet der gebürtige Aschaffenburger als Cheftrainer die Geschicke des ältesten Ausbildungsjahrgangs unter dem Dach des Nachwuchsleistungszentrums. Die Arbeitstage als Trainer könnten auch mal lang werden, so Schmitt, den das aber nicht störe. Im Gegenteil: „Es fühlt sich für mich nie nach Arbeit an. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich beruflich mit dem zu beschäftigen, was man liebt“, sagt der 31-Jährige und scherzt: „Bei meiner Frau sollte mein derzeitiges Arbeitspensum aber nicht angesprochen werden.“ In einem neuen Job sei es anfangs aber ein Stück weit normal, viel zu investieren. „Das wird sich mit der Zeit alles einpendeln“, verspricht Schmitt.
Tatsächlich dreht sich im Leben des Trainers einiges, um nicht zu sagen sehr viel, um das runde Leder. Und das auch schon von klein auf. Ein Zufall? Wohl kaum. Denn auch Vater Karl-Heinz spendete dem Fußball als Spieler – unter anderem als Profi für den SV Viktoria Aschaffenburg in der 2. Bundesliga – und später auch als Trainer viel Lebenszeit. Aufgewachsen im Aschaffenburger Raum, führen ihn heute seine ersten Kindheitserinnerungen zurück auf die Sportplätze der Region. „Das Erste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich jede Woche auf dem Sportplatz in Haibach war. So bin ich groß geworden.“ Spannend dabei: Als Trainer-Sprössling lernte Dennis Schmitt früh verschiedene Perspektiven des Sports kennen, durfte als Kind mit in die Kabine oder auch auf die Ersatzbank der von seinem Vater trainierten Mannschaften. So habe er früh das Interesse an verschiedenen Sichtweisen entwickelt, erinnert er sich.
Die spannendere Perspektive war anfangs natürlich die des Spielers. Und Schmitt entpuppte sich schon in frühen Jugendjahren nicht nur als fußballbegeistert, sondern auch als äußerst begabt auf dem Platz. Über Viktoria Aschaffenburg führte ihn der Weg in den Nachwuchs des 1. FSV Mainz 05, für den er auch am Frankfurter Riederwald ein ums andere Mal auflief. In Mainz, so erinnert er sich, sei auch das Interesse an der anderen Perspektive, nämlich der des Trainers, immer größer geworden. „Ich habe beispielsweise unter Martin Schmidt und Stefan Sartori trainiert. Als ich älter wurde, durfte ich auch einige Einheiten bei den Profis unter Thomas Tuchel bestreiten. Dort habe ich schon gemerkt, dass das besondere Trainer sind.“ Wohl auch dank seiner Kindheit gehörte der Blick über den Trainingsplatz hinaus für ihn schon immer genauso zum Fußball wie das Hinterherjagen der Kugel auf dem grünen Rasen. „Ich fand schon immer total spannend, was Trainer im Vorfeld einer Partie oder auch im Nachgang sagen, wie sie Spiele bewerten, analysieren und dabei auftreten“, gibt der 31-Jährige zu.
Dass er in einem vergleichsweise jungen Alter, nämlich mit gerade einmal 25 Jahren, selbst in die Riege der Übungsleiter aufstieg, war so aber nicht geplant. Mehrmals bremsten den talentierten defensiven Mittelfeldspieler teils schwere Verletzungen aus. So reifte im Anschluss an die Saison 2017/18, damals im Trikot der Würzburger Kickers, die Entscheidung, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen. „Wenn es körperlich diese Probleme nie gegeben hätte, würde ich wohl jetzt noch spielen“, sagt Dennis Schmitt, der diesen Schritt aber nach wie vor als richtig wertet. „Irgendwann kam der Punkt, an dem ich die vielen Verletzungen zu spüren bekam und abwägen musste, was Sinn ergibt.“ Dem geplatzten Traum trauerte er aber nicht lange nach, sondern erkannte, dass sich schnell eine neue Tür öffnen könnte.
Am Ende sei einiges zusammengekommen: Das frühe Interesse durch die Trainerarbeit seines Vaters, das eigene schnelle Karriereende, der eigene Ehrgeiz und dann auch das nötige Quäntchen Glück. „Ich bin extrem dankbar, dass mich Bernd Hollerbach mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen hat. Er hat mich als seinen Co-Trainer in den Profibereich mitgenommen“, erinnert sich Schmitt. Glück sei aber in gewisser Weise auch nötig, denn nur den Wenigsten eröffne sich die Chance, im Trainerbereich sein Geld zu verdienen. Dieses Privileg wisse er zu schätzen.
Niemand hat mich so sehr geprägt wie meine Eltern, die meine größten Vorbilder sind.
Heute, mit 31 Jahren, ist Schmitt als Trainer zwar immer noch jung, aber schon lange kein Neuling mehr. Unter Hollerbach assistierte der A-Lizenz-Inhaber in der Jupiler Pro League, dem belgischen Fußball-Oberhaus, nicht nur bei Royal Mouscron, sondern auch bei VV St. Truiden, wo er mit Spielern wie Shinji Kagawa oder dem heutigen Mönchengladbach-Spieler Rocco Reitz zusammenarbeitete. Beim SC Paderborn, bei dem er zuerst bei der U19, später bei der U21 erstmals Cheftrainerposten übernahm, lernte Schmitt einen weiteren Wegbereiter kennen.
„Ayhan Tumani ist neben Bernd Hollerbach eine weitere Persönlichkeit, die mich aus beruflicher Sicht geprägt hat.“ Der heutige Sportliche Leiter U17 bis U21 der Ostwestfalen sei wie ein Mentor gewesen, der ihn Tag und Nacht unterstützt habe. „Ich glaube, als junger Mensch brauchst du solche Leute, denen du viele Fragen stellen kannst, wo auch mal Fehler passieren dürfen, die aber trotzdem hinter einem stehen.“
Dies treffe zweifellos auch auf seine Eltern zu. „Niemand hat mich – und da geht es um den Menschen und nicht um den Trainer – so sehr geprägt wie meine Eltern, die meine größten Vorbilder sind.“ Als Kind habe er den einen oder anderen Bock geschossen, gibt Schmitt zu, aber:
„Trotzdem wusste ich, wenn es hart auf hart kommt, sind sie immer für mich da.“ Dass er mit dem Wechsel zur Eintracht auch seiner Heimat ein deutliches Stück nähergekommen ist, sei natürlich auch ein schöner Nebenaspekt. Nur rund 40 Autominuten trennen den Vater zweier Söhne heute von seinen Eltern, die nach wie vor im Aschaffenburger Raum beheimatet sind. „Davon profitieren wir alle, gerade als auch der Umzug noch ein Thema war.“ Apropos: Papas große Leidenschaft scheint auch beim eigenen Nachwuchs schon Anklang zu finden. „Die beiden schießen zu Hause gerade alles kurz und klein, da ist gut was los“, lacht Schmitt, der das beiden aber nicht verübeln kann und die Zeit mit den Kids als perfekten Ausgleich zum intensiven Trainerdasein empfindet.
Bei der Eintracht fühlt sich Schmitt derweil pudelwohl, schätzt die Arbeit mit dem „sensationellen Staff“ um sich herum. Die Besonderheit des Klubs wurde Schmitt, dessen Hochzeit übrigens am 18. Mai 2022, also am Tag des Triumphes in der UEFA Europa League, stattfand, schnell klar: „Wenn du dir das erste Mal das T-Shirt mit dem Adler überstreifst, merkst du schon, was der Verein für eine Hausnummer ist. Und dass man selbst nur ein kleiner Teil des großen Ganzen ist. Es ist ein Riesenprivileg, für diesen Verein arbeiten zu dürfen“, sagt Schmitt, dessen gesamte Energie der Entwicklung seiner jungen Spieler gilt. „Das Allerwichtigste ist, dass der Spieler im Mittelpunkt steht und wir die Jungs individuell besser machen. Deshalb ist mein größter Ehrgeiz, dass wir es jeden Tag schaffen, die Jungs so anzupacken und zu fördern, dass sie Schritte nach vorne machen. Dahingehend möchte ich bei der Eintracht meine Spuren hinterlassen.“ Was Dennis Schmitt schon geschafft hat, möchte er also auch möglichst vielen seiner Jungs ermöglichen: Die große Leidenschaft zum Beruf zu machen.