Der erste Schritt ins NLZ

Mehrmals in der Saison lädt Eintracht Frankfurt zum offenen Probetraining, dem sogenannten Adlertag, ein. Tobias Ronsdorf, Koordinator Kooperationsvereine, gibt einen Einblick in die Sichtungstage des Nachwuchsleistungszentrums und die Prozesse um diese herum. 

 

Starten wir mit einer allgemeinen Frage: Was genau sind die „Adlertage“ und warum veranstalten wir sie jede Saison? 

Grundsätzlich stellen die Adlertage ein offenes Probetraining für interessierte Talente aus der Region dar, zu dem sie sich eigeninitiativ anmelden können. Normalerweise ist es ja so, dass du dich nicht einfach zu einem Probetraining bei der Eintracht anmelden kannst, sondern darauf warten musst, in deinem Heimatverein oder im Stützpunkt so aufzufallen, dass einer unserer Scouts auf dich aufmerksam wird. Für uns als Verein sind die Adlertage neben der sehr aufwändigen und flächendeckenden Sichtung, die wir in der Region betreiben, ein zusätzlicher Beschleuniger. Wir können so Talente noch schneller identifizieren – vor allem diejenigen Kinder, die man in den normalen Sichtungsmaßnahmen nicht mit einer so hohen Wahrscheinlichkeit findet wie andere Kinder. 

Was meinst Du damit genau? 

Die Jungs, die in näherer Umgebung zum Riederwald spielen, werden schneller gefunden. Je weiter entfernt die Heimatvereine der Talente sind, desto weniger können wir flächendeckend scouten und desto geringer ist die Chance, dass sie entdeckt werden. Dann geht es natürlich auch darum, neben den Jungs aus kleineren Vereinen auch diejenigen zu finden, die mit Jahrgangsälteren in einer Mannschaft spielen. Das ist manchmal nicht so einfach, weil ein Scout nicht immer die Meldelisten und Geburtsdaten vorliegen hat. Solche Jungs findet man schneller über einen Adlertag. Ebenso die Kinder, die gar nicht Fußball spielen, sondern in anderen Sportarten unterwegs sind, aber so bewegungstalentiert sind, dass sie für den Fußball interessant werden.

 

„Das Bewegungstalent steht für uns im Vordergrund“

 

Auf welche Eigenschaften achten wir bei der Sichtung der am Adlertag teilnehmenden Talente besonders? 

Kinder, die einen sehr runden Bewegungsablauf haben, die geschickt sind, schnell die Richtung wechseln können, die schnelle Füße und einen guten Gleichgewichtssinn haben. Das ist der körperliche Aspekt. Dazu kommt dann der persönliche Aspekt: Dass die Talente sehr aktiv Fußball spielen und in sich motiviert sind, man sie von außen also nicht anpacken muss, damit sie mitmachen wollen. Für mich geht es bei jüngeren Kindern noch gar nicht so sehr darum, dass sie viel mit anderen zusammenspielen. In meinen Augen kann man das Passen und das Miteinanderspielen jemandem leichter beibringen, als den Mut und das Können, sich auf dem Platz mal selbst durchzusetzen. Es ist ein positives Merkmal, dass jemand mutig und in der Lage ist, sich allein auf dem Feld zu helfen. Sowas ist viel schwieriger beizubringen, als mit zwei Kontakten Fußball zu spielen. Das können die Kinder noch lernen, wenn es in höhere Altersklassen geht. 

Wie läuft ein Adlertag in der Regel ab? 

Wir haben immer zwei Altersklassen gleichzeitig auf dem Platz, die für sich spielen und trainieren. Nach einem gemeinsamen Aufwärmen gehen wir direkt in die Spielformen. Das sind dann bewusst kleine Spielfelder, auf denen beispielsweise Drei gegen Drei gespielt wird. Darauf legen wir einen Fokus. Einerseits weil wir wollen, dass die Kinder diesen Straßenfußball-Gedanken zeigen können: Nämlich viel zocken, ohne großartig Regeln zu haben – abgesehen von Fairness natürlich. Andererseits, sollen sie in den kleinen Spielformen reichlich Schlüsselmomente haben: Viele Torschüsse, viele Torschussvorlagen, sich häufig ins Dribbling trauen, ohne sich den Ball mit zu vielen anderen Kindern teilen zu müssen. Ein Spiel läuft dann etwa zehn Minuten, im Anschluss wechseln wir die Felder, sodass nicht gegen dieselben Kinder und mal auf Minitore, mal auf große Tore mit Torwart gespielt wird. 

Nehmen wir mal an, ein oder mehrere Kinder sind bei einem Adlertag besonders hervorgestochen. Was passiert im Anschluss? 

Die Adlertage finden in der Regel sonntags statt. Am Montag setzen wir uns zusammen und besprechen alles, was wir gesehen haben. Die Jungs, die besonders auffällig waren, bekommen spätestens am Dienstag Bescheid gesagt, dass wir sie zu einem näheren Kennenlernen einladen möchten. Das passiert meistens über das Adlerperspektivtraining (APT), bei dem sie dann zusätzlich zum Training und den Spielen in ihrem Heimatverein zweimal im Monat bei uns im Trainingsprozess sind. Im APT absolvieren die Jungs über mehrere Monate Trainingseinheiten mit anderen Jungs in ihrem Jahrgang und können so Eintracht-Trainingsluft schnuppern. Wenn jemand extrem auffällig ist, dann würde er diesen Schritt überspringen und direkt ins Mannschaftstraining einsteigen. Wir wollen die Gastspieler in unseren Mannschaftstrainingseinheiten aber beschränken und erst sicher sein, dass der Junge auf dem Niveau mithalten und Erfolgserlebnisse haben kann. 

Wie viele Kinder kommen im Saisonverlauf etwa ins APT-Team? 

Pro Jahrgang sind es 40 bis 50 Spieler in der Saison. Nach einigen Wochen des Kennenlernens setzen wir uns mit den Eltern zusammen und geben eine sportliche Rückmeldung. Gleichzeitig holen wir auch Feedback ein, wie die Eltern und Kinder die Zeit im APT empfunden haben. Entweder geht es im nächsten Schritt ins Mannschaftstraining, weil man im APT überzeugen konnte, oder wir haben das Gefühl, dass der Schritt zur Eintracht noch zu früh und es für den Jungen besser ist, im Heimatverein weiterzuspielen. Dann wird er mit den Erfahrungen aus dem APT wieder in den Heimatverein entlassen und verabschiedet sich aus der Gruppe. Unabhängig davon, ob die Jungs den Schritt vom APT ins Mannschaftstraining schaffen, können sie stolz auf sich sein: Denn wöchentlich werden tausende von anderen Spielern aus ihrem Jahrgang beobachtet, doch gerade sie spielen schon so gut Fußball, dass sie zum APT eingeladen worden sind. 

Die Partnervereine spielen eine große Rolle bei der Organisation der Adlertage. Inwiefern profitieren auch unsere Kooperationsvereine davon und wie wird die Zusammenarbeit durch diese gestärkt? 

Ich finde, jeder Termin, an dem wir uns begegnen, ist wichtig: Weil man Kontakt miteinander hat, weil man sich über Jugendfußball austauschen kann und die Gelegenheit hat, sich über die letzten Wochen zu unterhalten. Es geht ja nicht nur um den Kontakt mit dem jeweiligen Jugendleiter. Dieser ist zwar immer der Schlüssel, wenn etwas ansteht, aber letzten Endes ist der Draht zu jedem einzelnen Trainer wichtig. Ein Adlertag bietet daher eine gute Gelegenheit, intensiv miteinander in Kontakt zu kommen. Zum anderen ist es für uns auch immer eine Chance, den Partnerverein in der jeweiligen Region als unseren Kooperationspartner zu präsentieren. Hinter der Partnerschaft stehen wir. Es hat Gründe, warum wir mit einem Partnerverein eine Kooperation eingehen: Sie sind ein Magnet für Talente und leisten eine nachhaltige und gute Nachwuchsarbeit. Sie spielen immer wieder in den höheren Ligen und sind so für Kinder aus der Region ein attraktiver Anlaufpunkt.