„Mein Bruder
Philipp hat mehr Talent“
Amin Younes
spricht in unserer Rubrik Eagles25 über ein dramatisches U17-Spiel mit
Gladbach, ein Traumtor für Ajax, warum er gerne die Rückennummer 34 tragen
würde, seine familiären Wurzeln im Libanon und Poster von Neil Armstrong.
Dein erstes
Fußballtrikot?
Von Zinédine Zidane bei
Real Madrid. Ich bin zwar eigentlich ein ganz anderer Fußballer geworden, aber
ihn fand ich als kleiner Junge schon immer super.
Welche
Position hast du in der Jugend gespielt?
Zehner. In der U19 war
es dann mehr Linksaußen.
An welches
Spiel in deiner Jugend erinnerst du dich besonders gerne – oder ungerne?!
An ein Spiel mit Gladbachs U17 gegen den VfB Stuttgart, im Halbfinale um die
Deutsche Meisterschaft. Ich war damals im jüngeren Jahrgang und habe ein
wunderschönes Tor zum 1:1-Endstand erzielt, daran erinnere ich mich immer gerne
zurück. Leider sind wir aufgrund der Hinspiel-Niederlage ausgeschieden, das war
natürlich schade. [Anm. d. Red.: Gladbach mit Stammtorhüter Marc-André
ter Stegen verliert in der Hauptrunde nur ein einziges Spiel und wird Meister
der Bundesliga West – das bislang einzige Mal in der Vereinsgeschichte]
Dein
schönster Sieg?
Der schönste Sieg war
ein Weiterkommen in der Jugend gegen Schalke. Wir lagen zurück und hatten auch
eine Rote Karte bekommen. Ich konnte kurz vor Schluss noch ein Tor schießen und
wir sind noch weitergekommen.
Deine
bitterste Niederlage?
Das Endspiel in der UEFA Europa League mit Ajax gegen Manchester United 2017.
Aber auch in der niederländischen Liga hatte ich ein bitteres Spiel gegen De
Graafschap ein Jahr zuvor. Wir waren als Tabellenführer in den letzten Spieltag
gegangen und hätten die Partie nur gewinnen müssen, um Meister zu werden.
Leider haben wir gegen den Tabellen-17. nur 1:1 gespielt und damit die sicher
geglaubte Meisterschaft verpasst. Ist ja auch wie eine Niederlage.
Deine
Erinnerungen an dein erstes Bundesliga-Spiel am 1. April 2012?
Das war zu meiner Zeit
bei Borussia Mönchengladbach. Unter Lucien Favre haben wir auswärts gegen
Hannover gespielt. Es war eine unglaubliche Erfahrung und ein tolles Gefühl.
Steckt eine
besondere Geschichte hinter der Auswahl deiner Rückennummer 32 – eine Nummer,
die du noch nie hattest?
Meine erste Nummer im Profibereich war die 34. Dann habe ich die 34 in Neapel
wieder genommen wegen der Geschichte mit Abdelhak Nouri [Anm. d. Red.: Nouri
erlitt 2017 bei einem Testspiel mit Ajax gegen Werder Bremen einen
Herzstillstand]. Jetzt war die 34 nicht frei, da habe ich die
nächstmögliche Nummer genommen.
Welches Tor
von dir hätte die Auszeichnung „Tor des Monats“ verdient – und warum?
Ich würde das Tor
wählen, als ich mit Ajax ge-gen Feyenoord getroffen habe. Ich lobe mich ja
ungern selbst, aber ich mache auch mal Dinge gut und da finde ich, dass das ein
schönes Tor war (lacht). Schön von der Außenlinie zwei Spieler ausgekappt, dann
Innenpfosten und rein.
Vervollständige
bitte diesen Satz: Ein Leben ohne Fußball wäre …
… leer.
Wer war
bisher dein härtester Gegenspieler?
Der härteste Gegenspieler, mit dem ich zusammen gespielt habe, war Kenny Tete.
Der war mit mir bei Ajax, ist dann nach Lyon gewechselt und spielt jetzt bei
Fulham. Das war der beste Verteidiger, würde ich sagen. Im Spiel würde ich
Valencia von Manchester United nennen.
Wer ist der
beste Spieler auf deiner Position weltweit aktuell?
Messi. Ich glaube, er ist der beste Fußballer aller Zeiten.
Mit wem
verstehst du dich im Team am besten?
Danny da Costa und Jetro Willems. Aber natürlich auch die niederländischen
Kollegen, gegen die ich schon gespielt habe. Ich bin ein umgänglicher und
einfacher Typ. Ich denke, dass ich mit allen sehr gut zurechtkomme.
Wo machst du
gerne Urlaub?
Mein Vater kommt aus dem Libanon und ich bin auch so gut wie jedes Jahr dort.
Verwandte von mir wohnen noch dort und die ganze Atmosphäre ist toll.
Was hast du
an den Städten Neapel und Amsterdam gemocht und worauf freust du dich an einem
freien Tag in Frankfurt?
Amsterdam ist generell eine schöne Stadt. Ich bin gerne nach Noordwijk gefahren
ans Meer, und war dort gerne Angeln. In Neapel habe ich mich immer aufs Essen
gefreut, sie haben einfach eine gute Küchenkultur. In Frankfurt ist es
schwierig, weil größtenteils Lockdown war und ist, seitdem ich hier bin. Ich
gehe gerne an den Main spazieren, das finde ich sehr schön.
Welche Musik
magst du?
Ich höre generell wenig Musik, aber würde mich für Jazz entscheiden.
Welchen
Sport schaust du im Fernsehen oder spielst du abseits vom Fußball gerne?
Ist einfach: Tennis.
Ich spiele auch gerne Padel, das ist ähnlich wie Tennis. Ich habe es zu meiner
Zeit in Italien angefangen.
Wer hatte
oder hat deiner Meinung nach mehr Talent – du oder dein Bruder Philipp, der in
Gladbach und Düsseldorf Junioren-Bundesliga spielte?
Ich würde sagen, dass
er definitiv mehr Talent hatte. Ich denke, dass meine mentale Stärke und mein
Charakter mich dahin gebracht haben, wo ich jetzt bin. Mein Bruder ist eher der
sensiblere Typ. Deshalb war es für ihn letztendlich nicht verkehrt, einen
anderen Weg im Leben zu gehen. Ich hätte es ihm unheimlich gegönnt und er wäre
auch ein toller Fußballer geworden, davon bin ich überzeugt. Er hatte einen
tollen linken Fuß, ich habe zu ihm aufgeschaut. Viele, unter anderem meine
Eltern, sagen, dass Philipp mehr Talent hat.
Dein Vater
ist Libanese. Wie viel Libanese steckt in dir und wann warst du das letzte Mal
im Libanon – auch in Bezug auf Corona, die schwere Wirtschaftskrise und die
verheerende Explosion kürzlich in Beirut?
Das Temperament habe
ich schon, aber nicht so viel. Ich habe eher das ruhige deutsche von meiner
Mutter. Ich war das letzte Mal im Sommer 2019 im Libanon. Man muss weiter
zurück- gehen, was das Land angeht. Es ist immer wie-der vor große Probleme
gestellt worden, zum Beispiel den Bürgerkrieg. Deswegen hat mein Vater das Land
verlassen. Der Libanon hat viele Gruppierungen und es gibt viel Einfluss von
außen, von größeren Mächten. Ich finde das sehr schade für dieses Land. Ich
wünsche mir, dass wieder Ordnung herrscht und die Menschen wieder friedlich
leben können, weil sie aktuell eine sehr schwierige Zeit durchleben.
Wie lautet
dein Spitzname und wie ist er entstanden?
Ich habe nicht wirklich
einen. Horst Hrubesch hat mich immer Alain Giresse genannt, ein französischer
Spieler, der auch klein und dribbelstark war.
Was ist dein
Lieblingsessen?
Das libanesische Gericht „Kabse“ schmeckt mir sehr gut. Es ist mit Reis,
Hähnchen und Pinienkernen.
Als Kind war
dein Berufswunsch?
Als ich sehr klein war, fand ich Astronaut cool. Meine Großeltern haben mir
auch immer Sachen oder Poster mit Neil Armstrong [Anm. d. Red.: der erste
Mann auf dem Mond] drauf geschenkt.
Wer war dein
Idol in deiner Kindheit?
Sportlich gesehen war es auf jeden Fall Zidane. Von meinem Opa habe ich seine
Biographie geschenkt bekommen. Ich war als Kind ein großer Fan und habe mich
1998 auch riesig gefreut, als Frankreich mit ihm Weltmeister geworden ist.
Deine
Lieblingsapp?
Copter Flopter [Anm. d. Red.: ein Helikopter-Spiel].
Tischkicker
oder PlayStation?
PlayStation.
Chaos-King
oder Ordnungsfanatiker?
Ordnungsfanatiker. Ich bin nicht kleinlich, aber eine gewisse Ordnung brauche
ich schon.
Wie viele
Sprachen sprichst du?
Italienisch, Holländisch, Englisch, Arabisch und Deutsch.
Welches Fach
hast du in der Schule besonders gemocht – und welches gar nicht?
Gemocht habe ich
Erdkunde und Geschichte, Physik und Politik dagegen nicht.
Interview:
Bianca Jockel
Fotos: Jan Hübner, imago images