Mannschaftsbetreuer
im Familienbetrieb
Koordinieren, organisieren, anpacken und mitfiebern. Werner und Marc Pippinger erzählen von ihrer vielseitigen Arbeit als Teambetreuer der Zweitliga-Frauen.
Text: Marie Huhn
Fotos: privat, Eintracht Frankfurt
An Spieltagen der Zweitliga-Frauen haben sie den wohl längsten Arbeitstag des gesamten Teams. Denn lange bevor Spielerinnen und Trainer eintreffen, sind die beiden schon mitten in den Vorbereitungen. Und wenn nach Abpfiff alle schon auf dem Weg nach Hause sind, schließen sie die Kabinentür hinter sich ab: Werner und Marc Pippinger. Gemeinsam ist das Vater-Sohn-Duo seit mehr als fünf Jahren für die Teambetreuung der zweiten Frankfurter Frauen-Mannschaft zuständig und sorgt seitdem zuverlässig dafür, dass der FFC II beziehungsweise seit Juli 2020 die Adlerträgerinnen bestens verpflegt, in frisch gewaschenen Trikots und natürlich stets pünktlich auflaufen können. „Wir selbst können auf dem Platz nichts beeinflussen“, beschreibt Marc die Aufgaben der beiden, „wir können aber dafür sorgen, dass sich die Mädels wohlfühlen und sich auf das Spiel konzentrieren können.“
Dafür haben sich Vater und Sohn die
unterschiedlichen Aufgaben eines Teambetreuers, die während der Trainingswoche,
aber vor allem am Spieltag anfallen, untereinander aufgeteilt. Sohn Marc
übernimmt dabei vorrangig die Arbeit eines Materialwarts. Unter der Woche
bedeutet das zum Beispiel das Waschen und Vorsortieren der Trikots, die er am
Spieltag je nach Aufstellung in der Kabine bereitlegt. Der 46-Jährige packt als
echtes Multitalent aber auch an anderen Stellen mit an: „Bei Heimspielen
übernehme ich den Liveticker auf fussball.de und sitze dafür zusammen mit dem
Stadionsprecher im Kommentatorenbereich“, erklärt er. Bei Auswärtsspielen stehe
er zudem regelmäßig selbst hinter der Kamera und mache Fotos für die Homepage
und die Spielerinnen.
Vom
American Football zum Frauenfußball
Sein Vater Werner hingegen ist der
Planungsexperte unter den beiden und für die administrativen Aufgaben
zuständig. Dazu gehört zum Beispiel die Absprache mit Gegner und DFB über die
Trikotfarbe vor dem Spiel und die Koordination der Abfahrtzeiten des Busses. Am
Spieltag empfängt der 73-Jährige die Schiedsrichterinnen und kümmert sich um
die Verpflegung der Adlerträgerinnen. „Nach dem Spiel beginnt Marc mit dem
Aufräumen, Saubermachen und Einpacken in der Kabine, während ich noch die
Freigabe des Spielberichtsbogens mit den Schiedsrichterinnen übernehme“,
erklärt Werner. Dabei muss er überprüfen, ob alle Torschützinnen, Karten und
Auswechslungen richtig notiert wurden. Anschließend dürfen sich die beiden nach
einem langen Tag und „pickepackevollem Programm“, wie Werner beschreibt, auch
endlich auf den Nachhauseweg machen – „zum Trikotwaschen und Planen der
nächsten Spielwoche“, ergänzt Marc.
Seit
sieben Jahren ist Werner Pippinger mittlerweile im Verein aktiv, zunächst als
Fahrer beim FFC, später dann als Co-Betreuer und alleiniger Teambetreuer. Sein
Sohn Marc hatte, wie er erzählt, zu diesem Zeitpunkt gar nichts mit Fußball zu
tun. Stattdessen engagierte er sich beim American Football, bei dem er sich in
der Jugendabteilung um die Videos für das Videocoaching kümmerte. „2015 fragte
mich Werner, ob ich nicht mit zum ChampionsLeague-Finale des FFC in Berlin
kommen wolle, zu dem er einige Mädels mit dem Bus gefahren hat“, erinnert sich
Marc an seinen ersten Kontakt zum Frauenfußball zurück. „Ich war dort das erste
Mal nah an der Mannschaft dran und habe mich sofort wohlgefühlt.“ Als er kurze
Zeit später von Werner gefragt wurde, ob er ihm nicht in der
Mannschaftsbetreuung aushelfen wolle, musste Marc deshalb nicht lange
überlegen: „Das Umfeld, die Trainer, die Spielerinnen – einfach die ganz
Atmosphäre beim FFC hat mir sofort gut gefallen. Und schwupps war ich vom
Football im Frauenfußball gelandet.“
Seitdem sind die beiden sozusagen als
Familienunternehmen aktiv und haben diese Entscheidung bis heute nicht bereut.
Stattdessen wird schnell klar, mit wie viel Spaß und Leidenschaft die beiden
trotz voller To-do-Listen und Belastung am Spieltag bei der Arbeit sind – vor
allem, wenn beides wie aktuell durch die Corona-bedingte Aussetzung des
Spielbetriebs ausfällt. „Man flucht zwar immer, wenn an den Spieltagen so viel
anfällt. Wenn es auf einmal weg ist, vermisst man es aber sehr“, meint Marc.
Zwar stünde auch aktuell immer etwas an, versichert Werner, seien es kleinere
Fahrten, das Nachbestellen von Kleidung oder die Planung von Testspielen. Vor
allem fehle ihnen beiden aber der Kontakt zur Mannschaft. „Das
Mannschaftsgefüge mit den Spielerinnen, dem Trainerstab und allen drumherum ist
einfach toll und es macht einen Riesenspaß, mit so unterschiedlichen Menschen
zusammenzuarbeiten“, beschreibt Werner. Sein Sohn Marc ergänzt: „Hautnah
mitverfolgen zu können, wie sich die Spielerinnen weiterentwickeln – von
schüchternen Mädchen aus der U17 zu tollen Spielerinnen und Menschen, die ein,
zwei Jahre später in der ersten Mannschaft oder sogar A-Nationalmannschaft auf
dem Platz stehen, ist etwas ganz Besonderes. Ein Beispiel dafür ist Sophia
Kleinherne, die mit 17 Jahren zu uns kam und zwei Jahre später vor 80.000
Zuschauern im Wembley-Stadion ihr Länderspieldebüt gefeiert hat. Da bekomme ich
jetzt schon wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke.“
Verlorene
Wette Nach Last-Minute-Rettung
Gänsehaut bekommen beide auch bei dem Gedanken
an einen ganz besonderen Nachmittag im Mai 2019, der für sie ohne Zweifel eines
der Highlights ihrer Zeit beim 1. FFC Frankfurt war: der Sieg über die
Zweitvertretung des VfL Wolfsburg im letzten Saisonspiel, durch den die
Zweitliga-Frauen im letzten Moment die Klasse gehalten haben. „Das war ein
einmaliges Spiel, wir haben alle 90 Minuten gezittert und gehofft“, erinnert
sich Werner. „Wie die Mannschaft gekämpft hat, war einfach grandios“, sagt auch
Marc, für den das Spiel nach Abpfiff übrigens ganz besondere Folgen hatte. „Ich
habe vorher mit den Mädels gewettet, dass sie mir den Kopf rasieren dürfen,
wenn sie den Klassenerhalt schaffen“, erzählt er mit einem Lachen. Und auch
wenn die Wettschulden natürlich eingelöst wurden und Marc seitdem, wie er
berichtet, mit etwas spärlichem Haarwuchs herumläuft, hoffen beide Pippingers,
bald wieder genau solche Erinnerungen sammeln zu können – dann mit dem Adler
auf der Brust.