Fanabteilung trifft … Carolin Menzel

Bunt ist sie, die Eintracht-Welt, voller Geschichten und Erlebnisse – nicht nur auf dem Platz, sondern vor allem auch abseits des Spielfelds. Getragen werden diese Geschichten durch die Fans und Mitglieder der Eintracht. Eines davon ist Carolin Menzel.

Geboren im hohen Norden, verschlug es Caro Mitte der 90er Jahre beruflich nach Frankfurt. Mit Fußball hatte sie damals noch nichts im Sinn. Doch irgendwann kommt man in Frankfurt an der Eintracht nicht vorbei. Im September 1999 besorgten ihr Kollegen ein Ticket für das Spiel der Eintracht gegen die Bayern. Es sollte ein legendäres Spiel werden. Nachdem sich Bayern-Torhüter Oliver Kahn verletzt hatte, kam Bernd Dreher – und als dieser ebenfalls angeschlagen das Feld verließ, folgte mit Michael Tarnat für die letzten Minuten ein Feldspieler ins Tor. Doch die Eintracht schaffte es nicht, diesen zu überwinden und verlor 1:2. Gewonnen aber hatte sie einen Fan: Caro, die von sich selbst sagt: „Seither bestimmt die Eintracht mein Leben.“

Wenige Wochen später wechselte sie den Job und landete in einer Agentur, die für die Halbzeitbeschallung der Eintracht zuständig war. Natürlich fiel dadurch auch die eine oder andere Karte ab. „So war es für die nächsten Jahre kein Problem, an Karten zu kommen, und ich war damals fast immer im Stadion. Als ich in der Agentur aufhörte, wanderte ich erstmals in den Fanshop in die Bethmannstraße – und lernte so die ‚Frankfurter Freundlichkeit‘ kennen“, lacht Caro. „Und meinen neuen Job habe ich auch bekommen, weil ich in der Bewerbung angegeben hatte, dass ich Eintracht- Fan sei. Im Gespräch hat sich mein neuer Chef mit mir nur über die Eintracht unterhalten.“

Seit dieser Zeit fährt Caro auch regelmäßig auswärts, erstmals in der Pokalrunde 2005/2006, die mit dem Einzug in das Finale gekrönt wurde. „Die Karten hatte ich von meinem Chef.“ Meist war sie in jenen Tagen privat unterwegs, lernte in der Bembelbar oder der St. Tropez Bar Leute kennen, das Netzwerk wuchs – und so wurde mit der Zeit aus dem Tennismädchen aus dem Norden ein waschechter Eintracht-Fan. Metamorphosen, sind sie nicht wunderbar?! Später begannen die Reisen mit dem Geiselgangsterbus. „Die erste Fahrt ging nach Wolfsburg – und ich habe beim Weihnachtswichteln einen fiesen Borat-Trainingsanzug gewonnen. Dabei hätte ich so gerne einen Bembel bekommen. Aber ein Mitfahrer hat sich erbarmt und mit mir getauscht. So kam ich als norddeutsches Mädchen zu meinem ersten Bembel“, strahlt Caro, die seit 2006 eine Dauerkarte besitzt und seit knapp 10 Jahren Mitglied der Fanabteilung ist.

Geschichten fallen ihr jede Menge ein: „Damals in Bordeaux. Wir hatten unser Hotel etwas außerhalb und sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt gefahren. Nach dem Spiel ging es in den Irish Pub – und natürlich fuhr nachts keine Bahn mehr. Taxis waren auch nicht zu bekommen. Aber ich hatte dem Türsteher, der sichtlich fror, meine orangene Mütze gegeben. Es sollte sich auszahlen, das zweite Taxi, das kam, war uns. Die Mütze war ich los – aber mit meinem Sohn sicher in der Unterkunft. Am nächsten Tag habe ich in Bordeaux meine Freundin Lisa kennengelernt.“ Oder Hamburg: „Das muss so 2016 gewesen sein, ich war mit Freundinnen vor Ort. Der HSV war Letzter und die Eintracht irgendwo im Mittelfeld. Wir haben gewettet, dass die SGE wie so oft Schützenhilfe leistet. Naja, am Ende stand es 3:0 für die Eintracht und wir mussten unsere Wettschulden einlösen. Ein Tattoo auf der Reeperbahn. Wir sind brav dorthin marschiert und haben uns tätowieren lassen. Wettschulden sind schließlich Ehrenschulden.“

Caro vermisst wirklich viel in den jetzigen Zeiten. Die morgendliche Aufregung, den Frühschoppen auf der Konsti, das Mittagessen in der Atschel vor dem Spiel, die Atmosphäre, das Licht – und vor allem die Fahrten, egal ob national oder international. Wenn sie sich daran erinnert, wird sie sentimental. Der Regen in Rom, die Kneipe in London, in der sie das Chelsea-Spiel mit Freunden verfolgte, oder die Tage auf Zypern: „Dort haben wir uns, kurz bevor es losging, spontan zusammengefunden und ein Hotel im türkischen Teil Zyperns gebucht. Aus den geplanten drei Tagen wurde eine Woche Pauschalurlaub – so entstand die ‚Reisegruppe Europapauschal‘. Wir hatten uns am Spieltag einen Bus organisiert – und tatsächlich waren nach dem Spiel alle wieder da. Das war toll“, schwärmt Caro noch heute von den sonnigen Tagen auf der Insel. „Ach, und das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen: Ich habe über die Eintracht ja auch meine Liebe kennengelernt, meinen Freund Olli, der mit der Eintracht großgeworden ist.“

„Ach die Eintracht ...“, seufzt Caro. „Doch vielleicht sehen wir uns ja alle bald wieder. Mir fehlt das alles – die Verbundenheit, der Zusammenhalt“, gesteht sie zum Abschied, aber: „Immerhin treffe ich meine Sitznachbarin auch jetzt noch regelmäßig, das tröstet ein bisschen“. Und wer kann in diesen Zeiten nicht ein bisschen Zuspruch vertragen?

Text: Axel Hoffmann