Safari, Sauerbraten, Skifahren

Sportdirektor Bruno Hübner blickt auf eine bewegte Karriere als Spieler wie als Funktionär zurück. Seit 2011 lenkt er die Geschicke der Eintracht als Sportdirektor, im Sommer ist Schluss. In der Rubrik Eagles25 stellt sich der gerade 60 Jahre alt gewordene Ex-Profi 25 persönlichen Fragen.

Dein Lieblingsreiseziel?
Ich möchte auf jeden Fall noch nach Südafrika und dort eine Safari machen. Da ich mich gerne in Gesellschaft von Tieren aufhalte, steht das auf meiner Liste. Bislang hat es die Zeit nicht zugelassen, aber bald haben wir hoffentlich Gelegenheit. 

Dein Lieblingsessen?
Früher war es Sauerbraten. Meine Mutter kommt aus Österreich und konnte gut kochen, deshalb war das früher mein Leibgericht. Meine Mitspieler haben es nie verstanden, wie ich kurz vor einem Spiel einen Sauerbraten mit drei Klößen essen konnte. Seit ein paar Jahren bin ich etwas vom Fleisch weggekommen und esse auch gerne Brokkoli oder einen Teller Pasta.

Dein Lieblingsort in Frankfurt?
Der Deutsche Bank Park, denn hier verbringe ich nach wie vor am meisten Zeit. Auch die Feier zum Pokalsieg auf dem Römer war ein unvergesslicher Moment. Insgesamt hat sich Frankfurt im Laufe der Jahre enorm entwickelt, sodass es auch Spaß macht, unseren Neuzugängen die Stadt mit all ihren schönen Plätzen zu zeigen sofern es die Pandemielage zulässt. 

Dein Lieblingsplatz im Taunus, der schon lange deine Heimat ist?
Das Areal rund um meinen Wohnort Taunusstein, eine idyllische Landschaft. Ich fühle mich dort extrem wohl und wohne dort deshalb auch mittlerweile schon seit 27 Jahren. Dort kann ich abschalten und bin trotzdem im Dunstkreis der Eintracht und weiterhin Teil der Eintracht-Familie. Es macht mir einfach Spaß, dass ich dort etwa mit meinem Hund spazieren gehen und unabhängig von der Jahreszeit oder Uhrzeit mich einfach wohlfühlen kann.

Welche Musik magst du?
Ich höre gerne deutschsprachige Musik, zum Beispiel Helene Fischer. Mit ihr zusammen zu singen, würde aber wahrscheinlich nicht klappen (schmunzelt). Als ich jung war, habe ich außerdem gerne die Lieder von Barry White [Anm. d. Red.: US-amerikanischer Soulsänger] gehört. 

Wer war dein Idol in deiner Kindheit?
Ich hatte mehrere, unter anderem Jürgen Grabowski, Gerd Müller und Franz Beckenbauer. Wir hatten während meiner Kindheits- und Jugendzeit viele gute Stürmer, mit denen wir verdient 1974 Weltmeister wurden. Diese Stürmertypen haben mich als Jugendlicher immer beflügelt. 

Dein Lieblingssport neben dem Fußball?
Bei uns läuft rund um die Uhr Fußball (lacht). Mir macht es einfach Spaß, Fußball zu verfolgen, egal ob Bundesliga, Champions League, Europa League oder andere Wettbewerbe. 

Was war als Kind dein Berufswunsch?
Ich wollte schon immer Fußballprofi werden. Meine Mutter hat immer mit mir geschimpft, weil ich meine Hausaufgaben nie richtig gemacht habe, sondern immer schon mit meinen Jungs und einem Ball im Gepäck draußen auf der Straße kicken war, sobald ich von der Schule kam.  

Welche Position hast du in der Jugend gespielt?
Angefangen habe ich eigentlich als Libero. Ich kann mich aber noch gut erinnern, dass meine Trainer irgendwann meinten: „Du bist so torgefährlich, du musst auf jeden Fall nach vorne.“ Also bin ich in der C- oder D-Jugend in den Sturm gewechselt und habe auch das ein oder andere wichtige Tor geschossen. So bin ich relativ früh zu den Profis des FC Kaiserslautern gekommen und wurde hier mehrfach Torschützenkönig. Ich denke, dass ich im Sturm ganz gut aufgehoben war (schmunzelt).

Deine Erinnerungen an dein erstes Bundesligaspiel?
Das war am ersten Spieltag der Saison 1981/82 ein Auswärtsspiel bei der Eintracht mit dem FCK. Ich weiß noch, wie unser Trainer Karl-Heinz Feldkamp zu mir sagte, dass ich gleich eingewechselt werde. Wir lagen 0:2 zurück und er war der Meinung, dass wir das Spiel mit mir auf dem Platz zu unseren Gunsten gestalten könnten. Letztlich haben wir noch ein 2:2 erreicht. Mein erstes Profispiel hatte ich bei der Eintracht, in wenigen Wochen dann vielleicht auch das letzte. Diese tollen Geschichten schreibt wirklich nur der Fußball.

An welches Spiel in deiner Profizeit erinnerst du dich besonders gerne?
An die Europapokalspiele 1982 gegen Real in Madrid erinnere ich mich noch gut. Gerade wenn du als junger Spieler mit Kaiserslautern auf europäischer Ebene gegen Madrid um Stars wie Uli Stielike und Co. spielst, bleibt dir das im Gedächtnis. Wir haben leider in Madrid 1:3 verloren, ich habe durchgespielt und sogar das Tor gemacht. Im Rückspiel, das wir mit 5:0 auf dem Betzenberg gewonnen haben, hat mich Kalli draußen gelassen. Friedhelm Funkel hat dafür gespielt und zwei Tore geschossen, also hat Kalli [Anm. d. Red.: Trainer Feldkamp] alles richtig gemacht. Aber ich war trotzdem stolz, ein Teil dieses tollen Ereignisses gewesen zu sein. Real hat drei Rote Karten erhalten, weil sie das Geschehen zu diesem Zeitpunkt gar nicht verkraften konnten. Ein legendäres Spiel! 

Wer war dein härtester Gegenspieler zu deiner aktiven Zeit?
Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Zu meiner Zeit gab es noch ganz andere Rollenverteilungen, Vorstopper und Manndecker etwa. Die haben auf alles und jeden draufgehauen. Und wenn du an ihnen vorbei warst, kam immer noch der Libero. Da hättest du als junger Spieler eigentlich auch im Bus bleiben können, statt aufs Feld zu gehen, weil du nichts zu deinen Gunsten gepfiffen bekommen hättest. Ich denke da etwa an den Kölner Paul Steiner oder Jürgen Gelsdorf von Bayer 04 Leverkusen. Der legendäre Trainer Max Merkel hat damals mal gesagt, die hätten auch einen Kasten Wasser aus dem Strafraum geköpft. Entsprechend hart war die Gangart. 

Was war die beeindruckendste Kulisse, vor der du jemals gespielt hast?
Ganz klar beim Spiel gegen Real in Madrid, als ich vor über 90.000 Zuschauern auf dem Rasen stehen durfte. Jedes Spiel auf europäischer Ebene hat Spaß gemacht, gerade auch in der jüngeren Vergangenheit in meiner Funktion als Sportdirektor, weil sich unsere Fans auf die Fahrten durch Europa immer ganz besonders vorbereitet haben. Bei den Choreographien, die sie für die Mannschaft vorbereitet hatten, hatte ich immer Gänsehaut. Ich denke da auch an unser Spiel in Bordeaux 2013, als Armin Veh nach dem Spiel von den Fans gefordert wurde und vor ihnen die Fahne geschwungen hat. Das war Wahnsinn. Eintracht Frankfurt hat die geilsten Fans und schafft eine Atmosphäre, die außergewöhnlich ist.

Deine bitterste Niederlage als Profi oder Sportdirektor?
Das verlorene DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund 2017 ist eine Partie, an die ich nicht so gerne zurückdenke. Wir sind ihnen damals auf Augenhöhe begegnet, weshalb es schade war, dass wir den DFB-Pokal nicht schon ein Jahr früher gewinnen konnten. Das hat definitiv wehgetan. Gleiches gilt für die Niederlage im Elfmeterschießen gegen den Chelsea FC in der Europa League 2018/19. Wir waren eigentlich die bessere Mannschaft und Chelsea war im Hintertreffen, weshalb das Ausscheiden extrem wehgetan hat. Trotz der Niederlagen überwiegt allerdings der Stolz darüber, was die Mannschaft geleistet hat, um es bis dorthin zu schaffen.

Hast du als Spieler schon gewusst, dass du später Funktionär werden möchtest?
Eigentlich nicht, ich bin in die Aufgabe hineingewachsen. Ich musste ja verletzungsbedingt früh mit 24 Jahren meine Karriere beenden. Es gab die Überlegung, zum Bürokaufmann umzuschulen. Aber die Leidenschaft für den Fußball war dafür viel zu groß, sodass ich nicht von heute auf morgen loslassen wollte. Wolfgang Steubing wollte mich damals zu Rot-Weiß Frankfurt holen, aber ich habe mich bewusst für den Schritt zum SV Wehen Wiesbaden in die Bezirksliga entschieden und parallel eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Mit Wehen über mehrere Jahre bis in die Zweite Liga aufzusteigen, war Wahnsinn. In dieser Phase durfte ich immer mehr Verantwortung hinsichtlich der Kadergestaltung übernehmen. 

Vervollständige bitte diesen Satz: Ein Leben ohne Fußball wäre …
… nicht lohnenswert, würden jetzt wahrscheinlich viele sagen. Das kommt nahe an meine Meinung: Der Fußball hat mir so viel gegeben: eine gewisse Sicherheit, Spaß und Freude zum Beispiel. Und durch ihn habe ich vieles kennen und schätzen gelernt. Ohne den Fußball hätten wir auch bei uns in der Familie weniger Gespräche und weniger Erfolgsmomente. Das würde uns gewaltig fehlen. 

Beim Skifahren: blaue, rote oder schwarze Piste?
Ich nehme sie, wie sie kommen. Auf den Skiurlaub mit der Familie freue mich jedes Jahr. Deshalb ist es schade, dass wir durch die Pandemie dieses Jahr nicht wie gewohnt zum Skifahren zusammenkommen konnten. Auch das ganze Drumherum ist immer toll als Familie: Wir schlafen aus, genießen auch mal den Après Ski und ansonsten fahren wir so, wie die Piste liegt. Schlechtes Wetter gibt es da auch nicht. Ich würde sogar sagen, dass die Hübners die Einzigen sind, die auch bei Nebel und schlechtem Wetter auf der Piste sind (lacht). 

Wer ist der beste Skifahrer im Hause Hübner?
Meine drei Jungs fahren alle gut. Ich habe es erst relativ spät gelernt durch die Tatsache, dass Skifahren für Fußballprofis lange Zeit ein Stück weit verboten war aufgrund der hohen Verletzungsgefahr. Benni hat den elegantesten Sprung (schmunzelt). 

Und wer hat fußballerisch das meiste Talent? Benjamin, Florian, Christopher oder Bruno?
Das lässt sich nicht miteinander vergleichen, zumindest nicht bei mir. Es waren andere Zeiten, zu denen ich Fußball gespielt habe. Wenn man den Werdegang betrachtet, ist es wahrscheinlich Benjamin, der mit Hoffenheim schon in der Champions League gespielt hat, im Verein dort eine feste Größe ist und auch innerhalb der Mannschaft Gehör findet. Aber auch Florian ist ein fantastischer Fußballer, im Vergleich zu Benjamin vielleicht der elegantere Fußballer. Benni kommt eher über seine Einstellung und den Willen. Christopher hatte leider ein ähnliches Schicksal wie ich damals und musste seine Karriere früh aufgrund einer Verletzung beenden. Jeder hat seine Stärken. Außergewöhnlich ist auch, dass die gesamte Familie Hübner im Profifußball tätig ist und wir alle im Fußball arbeiten. Zwei Bundesligaspieler, einer, der die Spieler betreut und ich als Sportdirektor. Das gibt es nicht so oft. Das Schöne an dieser Geschichte ist, dass jeder meiner Jungs und auch ich den anderen den Erfolg gönnt. Darauf bin ich sehr stolz. Benjamin hat mal einen schönen Satz dazu gesagt: „Mit diesen zwei geilen Brüdern aufgewachsen zu sein, war das Beste, was ich mir vorstellen kann. Jedes Mal, wenn ich Bundesliga spiele, steht auch ein Teil der beiden auf dem Platz.“

War es nie eine Überlegung, dass sie für die Eintracht spielen könnten?
Zu meiner Zeit in Wehen habe ich den Eindruck bekommen, dass Außenstehende behauptet haben, meine Söhne würden nur spielen, weil der Vater Sportdirektor ist. Das ist ein Stück weit auch menschlich, aber wird der Sache nicht gerecht. Deswegen haben wir unter uns vereinbart, künftig nicht im selben Verein tätig zu sein, weil eventuell auch Kollegen in der Kabine ein ungutes Gefühl hätten und sich nicht öffnen würden. Ich kann dennoch nicht ausschließen, dass die drei nach ihrer Karriere nochmal gemeinsam am Ball sein werden. 

Welche drei Entscheidungen würdest du zu deinen wichtigsten für die Entwicklung der Eintracht zählen?
Bei aller Bescheidenheit würde ich behaupten, dass die Anzahl der richtigen Entscheidungen überwiegt. Angefangen damit, Armin Veh zu uns geholt und mit Leistungsträgern, die teilweise kritisch gesehen wurden, wie Alex Meier, Pirmin Schwegler, Benjamin Köhler und Sebastian Rode, eine schlagkräftige Einheit geformt zu haben, auch mit den Fans. Als Zweites sehe ich, dass wir Niko Kovac gegen viele, teilweise verständliche, Widerstände für uns gewinnen konnten, obwohl er noch keine Profivereinsmannschaft betreut hatte. Ich bin während unserer Gespräche zu der Überzeugung gelangt, dass es ihm gelingen kann, das ganze Umfeld zu mobilisieren und zu stabilisieren. Er hat Tag und Nacht akribisch für den Verein gearbeitet. Entscheidend war, dass wir auch, als die Ergebnisse ausgeblieben sind, an ihm festgehalten haben. Generell muss ich sagen, dass es sich bei allen Trainern, die wir zur Eintracht geholt haben, um Toptrainer handelt. Dazu zähle ich auch Thomas Schaaf, der mit bescheidenen Mitteln einen einstelligen Tabellenplatz erreicht und Spektakel geliefert hat. Nicht zuletzt ist natürlich Adi Hütter zu nennen, der sich wie alle voll mit dem Verein identifiziert und das Bestmögliche herausholt. Und die Entwicklung ist noch nicht zu Ende! Es fällt mir schwerer, einzelne Spieler hervorzuheben, weil der Trainer immer das Nadelöhr bildet. In dieser Hinsicht ist es uns gelungen, eine gewisse Kontinuität herzustellen.

Apropos Trainer: Wer außer Armin Veh hat eigentlich noch dein Hemd getragen bei seiner Vorstellung?
Sonst keiner, die anderen waren alle gut vorbereitet (schmunzelt). Ihr spielt auf die Geschichte vor seiner Verpflichtung als Trainer 2011 an. Im Vorfeld bin ich zu ihm gefahren, um ihm die Situation zu erläutern. Nachdem er eine Nacht darüber geschlafen hatte, war er der Meinung, dass es schwer würde, mit diesen Möglichkeiten und dieser Mannschaft den Aufstieg zu schaffen. Wir haben aber nicht lockergelassen und ihn motiviert, uns in Frankfurt zu besuchen. Bevor er es sich anders überlegen konnte, haben wir ihn gleich verhaftet und die Pressekonferenz einberufen. Er hatte leider kein Hemd, das habe ich natürlich gerne zur Verfügung gestellt, auch wenn es etwas zu eng war (lacht). Es war nach außen ein starkes Zeichen, einen Meistertrainer für die Zweite Liga gewinnen zu können, was auch zu einer Aufbruchstimmung geführt hat. 

Mit wem aus dem Team verstehst du dich am besten?
Ich denke, mit dem Trainerteam, weil ich eng mit ihnen zusammenarbeite. Aber auch allgemein habe ich ein super Verhältnis zum gesamten Team bei der Eintracht. Von Martin Hinteregger habe ich immer gesagt, er könnte mein vierter Sohn sein, wenn man sich seine Beine anschaut (schmunzelt). 

Welches Tor der Eintracht ist dein persönliches „Tor des Jahrzehnts“?
Vielleicht das 3:0-Abschiedstor von Alex Meier im Spiel gegen den HSV 2018. Da hat alles genau gepasst: Wie Alex stand, wie perfekt die Flanke von David Abraham kam und wie er mit der Innenseite vor dem Tor einen super Abschluss hatte. Das war toll zu sehen, das hatte er sich einfach verdient. 

Wie geht es nach deinem Vertragsende für dich weiter?
Ich möchte im Sommer erstmal kürzertreten und die Stimmung bei der Eintracht zwar weiter aufsaugen, aber auf eine andere, entspannte Weise. Außerdem möchte ich mir das eine oder andere Spiel meiner Söhne anschauen können, natürlich am liebsten mit Zuschauern. Vor allem aber wünsche ich dem Verein alles, alles erdenklich Gute und dass wir in den kommenden zwei Monaten alles daransetzen, etwas Großes zu leisten. Dahingehend habe ich ein gutes Gefühl, weil ich auf all meinen Stationen mit etwas Außergewöhnlichem aufgehört habe.