Die Hyryläinens
Volle Unterstützung für das Nesthäkchen

Luka Hyryläinen ist erst seit Sommer des vergangenen Jahres ein Adlerträger, fühlt sich am Riederwald aber schon wie zu Hause. Warum das so ist, welche Rolle dabei seine Familie spielt und was Lukas Hradecky damit zu tun hat? Die „Eintracht vom Main“-Redaktion hat nachgeforscht.

„Olen iloinen, että pelaan jalkapalloa Eintrachtissa!“ – übersetzt: Luka Hyryläinen ist froh, für Eintracht Frankfurt Fußball zu spielen. Mit diesem Satz in seiner Muttersprache brachte das Nachwuchstalent Ende August seine Freude über seinen Wechsel an den Main zum Ausdruck. Auch heute, etwas mehr als ein halbes Jahr später, hat er diesen Schritt zu keinem Zeitpunkt bereut – im Gegenteil: Luka ist angekommen. In der U17, im Internat, in Frankfurt und nicht zuletzt in der deutschen Sprache. „Heute kann ich diesen Satz auch ohne Probleme auf Deutsch wiedergeben“, lacht Luka, der sich tatsächlich in rasender Geschwindigkeit einen sehr respektablen Wortschatz angeeignet hat und vor keiner Unterhaltung zurückschreckt. Gründe, warum sich der junge Finne am Riederwald so wohlfühlt, gebe es nach eigener Aussage viele. „Ich wurde von Anfang an sehr gut aufgenommen. Frankfurt ist eine schöne Stadt, die Eintracht ein familiärer Verein und das Internat bietet mir alles, was ich zum Leben brauche“, führt er aus. So weit, so gut. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass das heranwachsende Talent den mutigen Entschluss fasste, sein gewohntes Umfeld erstmals zu verlassen, um in einem fremden Land seine noch junge Karriere voranzutreiben? 

Den Puck auf Eis gelegt
In der finnischen Hauptstadt Helsinki geboren und aufgewachsen, entdeckte Luka schon im Kindesalter diverse sportliche Aktivitäten für sich. Papa Aki-Mikael Hyryläinen, selbst Fußballer und 26-facher Nationalspieler Finnlands, diente als Vorbild in Sachen Lieblingssportart. Wobei sich der Sohnemann so früh gar nicht festlegen wollte: „Noch während seiner zweiten Station im Vereinsfußball, bei Laajasalon Palloseura, spielte Luka nebenbei Eishockey“, erinnert sich Aki. „Das ist eben der populärste Sport bei uns in Finnland“, hakt Luka schmunzelnd ein. Schnell wurde jedoch klar, dass das Talent am runden Leder überwiegt, weshalb 2012 der volle Fokus auf die fußballerische Laufbahn gelegt wurde. Im Alter von acht Jahren wechselte Luka nämlich zurück zum Spitzenverein HJK Helsinki, in dessen Fußballschule er vor seiner Zeit bei Laajasalon das Fußballspielen erlernte. Beim finnischen Rekordmeister reifte er zu einem Mittelfeld-Ass heran, stellte seine Fähigkeiten in Klub sowie Junioren-Nationalmannschaft unter Beweis und weckte das Interesse gleich mehrerer namhafter europäischer Klubs. Die Entscheidung, künftig mit dem Adler auf der Brust spielen zu wollen, traf der heute 16-Jährige gemeinsam mit seinen Eltern. „Wie Luka hatten auch wir von Anfang an den Eindruck, dass die Eintracht ein großer, gleichzeitig aber sehr familiärer Verein ist“, sagt Mama Merja Hyryläinen und ergänzt: „Uns war ebenfalls wichtig, dass er in seinem neuen Klub problemlos seine Schule fortführen kann – und darauf legen auch die Verantwortlichen großen Wert.“ 

Hradecky sei Dank
Mitbeeinflusst hat diese Entscheidung auch ein bei der Eintracht nicht unbekannter Bundesliga-Torwart. „Natürlich habe ich, als früherer Fußballprofi, auch meine Kontakte genutzt, um mich über den Verein und die Gegebenheiten zu informieren“, sagt Aki und fährt fort: „In einem Telefonat hat mir Lukas Hradecky [Anm. d. Red.: In den Spielzeiten 2015/16 bis 2017/18 Torhüter von Eintracht Frankfurt] ein sehr positives Feedback zum Verein gegeben und eine Empfehlung ausgesprochen.“ Spätestens nach diesem Telefonat war sich die Familie einig: Lukas Weg führt an den Riederwald. Dort angekommen, fasste das Nachwuchstalent schnell Fuß. Seine sympathisch- gelassene, skandinavische Art wissen seine Internatsmitbewohner und Mannschaftskollegen zu schätzen. Und auch aus sportlicher Sicht entwickelte sich Luka schnell zu einer unverzichtbaren Stütze im Team der U17. Bis zur Saisonunterbrechung Ende Oktober stand der defensive Mittelfeldspieler in jedem der fünf Punktspiele nicht nur in der Startelf, sondern auch über die gesamte Spieldistanz von 80 Minuten auf dem Platz. Logisch, dass auch er eine schnelle Rückkehr in den Wettbewerb der B-Junioren Bundesliga Süd/Südwest herbeisehnt: „Es macht großen Spaß, in der U17 Bundesliga zu spielen, weil das Niveau dort sehr hoch ist. Wir haben ein starkes Team und ich hoffe, dass es bald wieder möglich sein wird, in der Liga um Punkte zu kämpfen“, so der Stammspieler. 

Selten allein
Ein weiterer Grund dafür, dass sich Luka in seiner neuen Heimat so schnell zurechtfand, war beziehungsweise ist die große Unterstützung seiner Familie. Vater Aki, Mutter Merja und die beiden älteren Schwestern Jea-Mikaela und Etti-Eerikka nahmen schon des Öfteren den rund zweistündigen Flug aus der finnischen Hauptstadt in die Mainmetropole auf sich, um dem jüngsten Familienmitglied einen – teils auch längeren – Besuch abzustatten. „Als Luka im vergangenen Sommer frisch ins Internat zog, haben Aki und ich uns für einige Wochen eine kleine Wohnung in Frankfurt gemietet, um ihn bei seiner Eingewöhnungsphase zu unterstützen“, so Merja. Aki ergänzt: „Vor dem Hintergrund der Pandemie war es uns möglich, unsere Arbeit im Home Office aus der Ferne zu verrichten. So konnten wir seine neue Heimat mit ihm gemeinsam erkunden.“ Erst kürzlich bekam Luka nochmals Besuch. Diesmal reiste Jea, Lukas älteste Schwester, allein nach Frankfurt. Für die 21-Jährige bereits der dritte Trip an den Main. „Ich kann mir vorstellen, dass es während der Pandemie ziemlich langweilig allein ist. Insbesondere auch deshalb, weil er ja nicht viel unternehmen kann. Deshalb habe ich ihn Anfang Februar nochmal für ein paar Wochen besucht“, so die begabte Eiskunstläuferin. 

Familiensprache FinGer
„Es freut mich natürlich, dass meine Familie mich so oft besuchen kommt – das ist nicht selbstverständlich. Da kommt so gut wie nie Langeweile auf“, schmunzelt Luka. So seien die Wochen mit Schwester Jea wieder sehr unterhaltsam gewesen. Ob Fahrradfahren, Filmabende oder das Auskundschaften neuer, noch unbekannter Orte in Frankfurt – trotz der Einschränkungen war es den beiden möglich, einige spannende Unternehmungen zu starten. „Außerdem habe ich meinem Bruder beigebracht, ein paar einfache Gerichte selbst zu kochen. Die hat er mittlerweile drauf“, lacht Jea. Generell, so fährt sie fort, habe sich ihr Bruder in den ersten Monaten in Frankfurt auf mehreren Ebenen weiterentwickelt. „Ich war überrascht, dass er sich so schnell in den Verein und sein Team integriert hat. Am meisten bin ich aber davon beeindruckt, wie gut er mittlerweile Deutsch spricht.“ Wie in Finnland nicht unüblich, haben auch die drei Hyryläinen-Geschwister in der Schule eine Grundausbildung in Deutsch genossen. „Aber eine Fremdsprache in der Praxis so gut anzuwenden – Respekt“, lobt Jea, die anschließend eine lustige Tatsache preisgibt: „Die deutsche Sprache hat mittlerweile einen so großen Einfluss auf unser Leben, dass wir in unseren Familien-Videochats fast ausschließlich ‚FinGer‘ sprechen, einen Mix aus ‚Finnish‘ und ‚German‘.“

„Lässt uns beruhigt schlafen“
Familie Hyryläinen ist sich einig: Dass sich Luka der Eintracht angeschlossen hat, war die richtige Entscheidung. Nun, mit etwas Abstand und eigenen Erfahrungen am Riederwald, hat sich die Meinung der Eltern sogar verfestigt. „Wir durften im Leistungszentrum ausnahmslos Menschen kennenlernen, die unseren Sohn und generell junge Spieler optimal unterstützen“, sagt Papa Aki. Mama Merja fährt fort: „Ob Andreas Möller [Anm. d. Red.: Leiter Leistungszentrum], Anton Schumacher [Anm. d. Red.: Pädagogischer Leiter Leistungszentrum], Chrissoula Disch [Anm. d. Red.: Internatsbetreuerin] oder auch alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: Sie leisten aus unserer Sicht fantastische Arbeit und geben uns das Gefühl, dass sich Luka in sehr guten Händen befindet. Das lässt uns beruhigt schlafen.“ Beruhigt schlafen kann Luka wiederum nur bedingt – zumindest, wenn es um die derzeitige Situation rund um den Spielbetrieb geht. „Mein Ziel für die Monate ist es, dass wir wieder Ligaspiele bestreiten dürfen und ich so viel wie möglich auf dem Platz stehen kann“, scharrt Luka, dessen Vorbilder übrigens die deutschen Nationalspieler Toni Kroos und Leon Goretzka sind, schon mit den Hufen. „Denn wie ich schon gesagt habe, bin ich froh, bei der Eintracht zu sein. Auf dem Rasen habe ich die Möglichkeit, meine Dankbarkeit zurückzuzahlen.“

Text: Alessandro Crisafulli
Fotos: Aurelia Müller, Privat