SLOWENISCHE OFFENSIVPOWER
U19-Talent Martin Pecar wechselte im Sommer 2018 von Slowenien nach Deutschland, um seither in der Offensive der Nachwuchsteams von Eintracht Frankfurt Akzente zu setzen. Dies gelingt Lara Prasnikar als gefürchtete Torjägerin in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Sie zog bereits zwei Jahre zuvor nach Deutschland – zunächst nach Potsdam, seit Sommer 2020 läuft sie ebenfalls mit dem Adler auf der Brust auf. Die EvM-Redaktion hat sich mit unseren Slowenen über ihre Heimat, ihre Anfänge und die Eintracht unterhalten.
Interview:
Nina Bickel, Paul Schönwetter
Fotos:
Eintracht Frankfurt, privat
Wie habt ihr beiden
euch kennengelernt?
Lara: Wir haben uns durch
die Eintracht kennengelernt. Als ich im vergangenen Sommer nach Frankfurt kam,
hat Martin mir über Instagram gratuliert. Wir Slowenen sind sehr offene Menschen.
Wir sind ein sehr kleines Land, somit trifft man im gleichen Verein nur selten Fußballerinnen
und Fußballer aus Slowenien. Da ist es schon etwas Besonderes und man freut
sich, jemandem aus der Heimat zu begegnen. Mittlerweile sind wir gute Freunde geworden.
„MITTLERWEILE SIND WIR
GUTE FREUNDE GEWORDEN“
Lara Prasnikar
Martin: Ich habe Lara vorher schon einige Male im Fernsehen gesehen, gerade in Slowenien ist ihr Name sehr bekannt. Ich kannte Lara zwar nicht persönlich, aber habe sie trotzdem einfach mal angeschrieben, als sie nach Frankfurt gewechselt ist.
Wie war es für euch, in
jungen Jahren nach Deutschland zu kommen – in ein für euch bis dahin fremdes
Land
Lara: Ich war 17 Jahre alt
und bin alleine nach Potsdam gekommen. Ich habe mir dort mit einer Mitspielerin
im Fußballinternat ein Zimmer geteilt, das hat mir sehr gutgetan. Ich hatte Glück,
dass sie aus der Schweiz kam und deshalb immer Deutsch mit mir gesprochen hat. So
habe ich die Sprache sehr schnell gelernt und hatte es leichter, Freunde zu
finden.
Martin: Ich war damals 16 und bin mit meiner Mutter nach Deutschland gezogen, während mein Vater mit meinem kleinen Bruder in Slowenien geblieben ist. Das hat mir geholfen, mich einzugewöhnen. Ich habe zwar in Slowenien bereits ein Jahr in einem Internat gelebt, aber ein neues Land ist nochmal etwas anderes. Vor etwa einem halben Jahr ist meine Mutter zurück zu meiner Familie gegangen, seither lebe ich nun alleine und sie kommt nur noch zu Besuch.
Mit vier Jahren fing Martin an, in seiner Heimatstadt Izola im Verein Fußball zu spielen. Sein Vater war sein erster Trainer. Schon damals kickte er meist gegen ältere Jungs. Als die Eintracht im Sommer 2018 von NK Olimpija Ljubljana das slowenische Offensivtalent verpflichtete, absolvierte der damals 16-Jährige bereits Spiele für die U19 von Ljubljana.
Was waren die größten
Unterschiede zu Slowenien, als ihr nach Deutschland kamt?
Martin: Die Mentalität war für
mich am Anfang schwierig. Im Balkan ist alles viel langsamer und gechillter.
Hier gibt es klarere Regeln, es wird zum Beispiel sehr auf Pünktlichkeit geachtet.
Lara: Daran musste ich mich
auch erst gewöhnen. Wir haben in der Mannschaft einen Strafenkatalog, in dem
man unter anderem fürs Zuspätkommen bezahlen muss. Hierfür ist in den ersten
zwei, drei Monaten einiges an Geld draufgegangen (lacht). Aber auch sportlich
war es eine große Umstellung. Das Niveau ist in Deutschland deutlich höher als
in Slowenien.
Lara Prasnikar
Wie oft seht ihr eure
Familien?
Martin: Wenn ich zur
Nationalmannschaft reise, haben wir in der Regel einen Tag frei. Dann fahre ich
nach Hause. Außerdem besuche ich in der Winter- und Sommerpause meine Familie. Einige
Male kamen sie aber auch schon nach Frankfurt zu Besuch.
Lara: Bei mir ist das genauso. Wir haben Glück, dass Slowenien klein ist und wir, wenn wir mit der Nationalmannschaft spielen, schnell mal nach Hause zu unserer Familie können. Aktuell besteht durch Corona leider nicht die Möglichkeit, dass meine Eltern herkommen, aber direkt nach meinem Wechsel nach Frankfurt im vergangenen Sommer waren sie schon einmal zu Besuch.
Wie seid ihr beiden zum
Fußballspielen gekommen?
Martin: Ich habe mit vier
Jahren angefangen zu spielen. Zuerst hat mich mein Vater trainiert, dann bin
ich in eine Mannschaft gewechselt. Mein kleiner Bruder spielt jetzt auch
Fußball – wir sind eine Fußballerfamilie. Trotzdem gab es nie Druck aus meiner
Familie. Mein Vater war zwar auch Trainer, aber nicht so hochklassig wie Laras.
Prasnikar ist ein großer Name in Slowenien, Bojan Prasnikar ist eine Legende.
„LARAS VATER IST EINE
LEGENDE“
Martin Pecar
Lara: Viele sagen, dass mir Fußballspielen in die Wiege gelegt wurde. Tatsächlich gab es für mich immer nur Fußball. Ich habe, als ich jünger war, auch mal andere Sportarten wie Handball oder Leichtathletik ausprobiert, aber Fußball stand immer an erster Stelle. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Training: Es hat so stark geregnet, dass statt draußen in der Halle trainiert werden musste. Ich war so enttäuscht, dass ich meine Fußballschuhe nicht tragen konnte ...
Martin hat es schon angesprochen:
Dein Vater ist in Slowenien eine Trainerlegende. Hattest du dadurch besonderen
Druck?
Lara: Mein Vater hat
natürlich immer bei meinen Spielen zugeschaut. Früher fand ich das manchmal gar
nicht so toll. Ich war gut und wir haben fast jedes Spiel gewonnen, aber er war
trotzdem nie zufrieden. Dennoch bin ich mir sicher, dass mich diese Situation
nur stärker gemacht hat. Heute spreche ich gerne mit ihm über Fußball und wir
analysieren zusammen meine Spiele.
Bojan Prasnikar trainierte zwei Mal die slowenische Männernationalmannschaft, zwischen 2007 und 2009 war er Bundesligacoach bei Energie Cottbus. Zuletzt trainierte Laras Vater die erste Mannschaft von Olimpija Ljubjana, wo Martin vor seinem Wechsel zur Eintracht in der U19 spielte.
Lara, wie war der
Restart für dich vergangenes Jahr bei Potsdam, bevor du nach Frankfurt
gewechselt bist? Du konntest durch eine Verletzung keine Spiele mehr für
Potsdam absolvieren und dich nicht wirklich verabschieden.
Lara: Ich hatte mich damals
in Potsdam leider verletzt und mir einen Muskelbündelriss im Oberschenkel
zugezogen. Ich habe alles dafür getan, noch einmal für Turbine spielen zu
können, aber es hat leider nicht gereicht. Im vergangenen Sommer habe ich mich
dann auf Frankfurt fokussiert und die Sommerpause genutzt, um fitter zu werden.
Zum Zeitpunkt meines Wechsels hatte ich immer noch Probleme, aber ich muss
unseren Physiotherapeuten bei der Eintracht ein großes Kompliment aussprechen,
dass sie mich bis zum Saisonstart fit bekommen haben.
15 Treffer in 16 Spielen bis zur Verletzung und dem ersten Lockdown 2020 hatte Lara Prasnikar in der vergangenen Saison für den großen FFC-Rivalen Turbine Potsdam erzielt, wo drei slowenische Nationalmannschaftskolleginnen noch unter Vertrag stehen. Für die Eintracht erzielte Lara zuletzt den wichtigen 1:1-Ausgleich im DFB-Pokalhalbfinale gegen den SC Freiburg.
Du bist als eine von 22
Teammitgliedern im vergangenen Herbst bei der slowenischen Nationalmannschaft
an Corona erkrankt. Wie war die Erkrankung und die Zeit damals in der
Quarantäne für dich?
Lara: Ich war zu diesem
Zeitpunkt gerade in einer guten Phase und habe mich nach meiner Verletzung
immer besser gefühlt. Corona hatte mich dann wieder etwas zurückgeworfen. Entsprechend
war ich unglücklich. Auf der anderen Seite hatte ich so die Möglichkeit, noch etwas
länger zu Hause in Slowenien zu bleiben – zwar nicht bei meiner Familie, aber
in der Umgebung. Ich hatte leider nicht nur leichte Symptome, aber jetzt nach
vier Monaten bin ich glücklich, nichts mehr von der Erkrankung zu merken und
mich wieder sehr gut zu fühlen.
Martin, wie erlebst du
aktuell die Zeit im Lockdown, in der ihr mit der U19 keine Pflichtspiele
absolvieren dürft?
Martin: Natürlich ist es
schade, dass wir über vier Monate keine Spiele mehr bestreiten konnten.
Aber wir waren in der privilegierten Lage, trainieren zu dürfen. Die
Meisterschaftsspiele werden zwar nach wie vor noch nicht fortgesetzt, aber ich
freue mich sehr, dass wir seit wenigen Wochen wieder Testspiele haben. Ich habe
außerdem noch einige Spiele mit der Nationalmannschaft gehabt.
Martin gilt in seiner Heimat als eines der größten slowenischen Talente und wurde schon früh für die Nationalmannschaft entdeckt. Seit der U15 im Jahr 2014 hat er alle Juniorennationalmannschaften durchlaufen und führte sein Team oftmals mit der Kapitänsbinde aufs Feld. Aktuell zählt er zum Kader der U21 und ist mit seinen 18 Jahren der Jüngste im Team. Bis heute kommt Martin auf 47 Länderspiele und traf dabei sechs Mal.
„LUKA JOVIC HAT DIREKT
VERSUCHT, MICH ZU INTEGRIEREN“
Martin Pecar
Hast du in den
vergangenen Monaten mal bei den Profis mittrainiert?
Martin: Ich habe schon drei,
vier Mal bei den Profis mittrainieren dürfen. Luka Jovic, den ich bereits bei
seinem ersten Vertrag in Frankfurt kennengelernt habe, hat direkt versucht,
mich zu integrieren, als ich noch niemanden kannte. Auch während seiner Zeit in
Madrid sind wir in Kontakt geblieben. Mittlerweile verstehe ich mich auch mit
Filip und Ajdin richtig gut, wir sind schon wie eine Familie.
Die slowenische
Nationalmannschaft der Männer hat bereits an zwei Welt- und einer Europameisterschaft
teilgenommen. Wann ist es denn bei den Frauen zum ersten Mal so weit?
Lara: Hoffentlich in zwei
Jahren bei der WM. Im September startet die Qualifikation und ich bin sehr
gespannt und optimistisch. Wenn wir etwas Glück haben und eine gute Gruppe
bekommen, ist alles möglich. Die kommende Generation bei den Frauen ist sehr
stark. Es wird mittlerweile in Slowenien sehr viel für den Frauenfußball getan.
Es gibt jetzt zum Beispiel ein Fußballgymnasium für Frauen in Ljubljana. Ich
bin mir sicher: The future is bright!
Mit 17 gab Lara vor sechs Jahren ihr Debüt die Nationalmannschaft Sloweniens, das erste Tor folgte ein halbes Jahr später. Mittlerweile hat die passionierte Klavierspielerin 22 Treffer in 36 Partien auf dem Konto (Stand Anfang April 2021).
Verfolgt ihr die Spiele
des jeweils anderen?
Lara: Als Martin noch
Meisterschaftsspiele hatte und Zuschauer zugelassen waren, habe ich diese
verfolgt. Ich war auch einmal beim U19-Spiel gegen Mainz vor Ort. Es hat
geregnet und war sehr kalt, aber ich bin trotzdem gekommen, um Martin zu
supporten.
Martin: Ich konnte leider bisher noch nicht vor Ort dabei sein, aber sehe viele Spiele von Lara im Internet beziehungsweise im Stream.
LARA PRASNIKAR
MARTIN PECAR