FANABTEILUNG
TRIFFT… STEFAN ERMES
Bunt ist
sie, die Eintracht-Welt, voller Geschichten und Erlebnisse – nicht nur auf dem
Platz, sondern vor allem auch abseits des Spielfelds. Getragen werden diese Geschichten
durch die Fans und Mitglieder der Eintracht. Eines davon ist Stefan Ermes.
Es war im Mai
2012. Ich hatte mich mit meiner Freundin Pia auf den Weg nach Köln gemacht.
Abends sollte die Band „And also the trees“ im Luxor auftreten. Wir waren guter
Dinge und harrten in neutraler Kleidung dem Auftritt der Band, als es von hinten
auf meine Schulter klopfte und eine Stimme feinster rheinischer Färbung uns
ansprach: ‚Sagt mal, habt ihr irgendetwas mit der Frankfurter Eintracht zu
tun?‘ Wir waren baff und bestätigten dies selbstverständlich. ‚Cool‘, antwortete
die Stimme, die zu einem freundlichen Mann unseres Alters gehörte. ‚Ich bin die
Beine von Jessica.‘
So lernten wir
Stefan kennen. Knappe 200 Kilometer von Frankfurt entfernt bei einem Auftritt
einer grandiosen Band, die zwar seit den 80er Jahren unterwegs, aber dennoch
relativ unbekannt geblieben ist. „Die Beine von Jessica“ hingegen könnte auch
der Name einer Punkband aus Düren sein, dem Ort, wo Stefan herkommt, mittig
zwischen Aachen und Köln gelegen. Aber es ist der Spitzname, den sich Stefan
vor über zehn Jahren als Kommentator im Blog-G der Frankfurter Rundschau
zugelegt hat. Ein Name, der sicherlich nach Erläuterung ruft: „Es war zu Beginn
von Premiere, als die junge Jessica Kastrop die Sendung moderierte – und dies
meist eher spärlich bekleidet. Und wie oft kam meine Frau Gisela ins Zimmer und
rief ‚Du guckst doch eh nur auf die Beine von Jessica.‘ Tja, dieser Satz hatte
sich bei mir eingebrannt und so wurde er späte zu meinem Nickname im Blog-G“,
lacht Stefan, der in seiner Heimat ob seiner Liebe zur Eintracht als Exot gilt.
„Hier gehen die Leute zum Effzeh oder nach Gladbach, nach Aachen oder
Düsseldorf – als Eintrachtler bin ich wirklich recht alleine. Doch so ganz al-
leine ist er nicht, immerhin hat er mit seinem Kumpel Jürgen einen
Gleichgesinnten gefunden, wobei Jürgen eigentlich aus Frankfurt kommt und nun
in Düren lebt. Gemeinsam fahren sie alle zwei Wochen nach Frankfurt, entern den
Speisewagen der Bahn und freuen
sich auf den kommenden Sieg. „Irgendwann lief am
Spieltag zufällig ‚We can win‘ von Rod Stewart im Radio und die Eintracht
siegte. Seither höre ich an jedem Spieltag dieses Lied – und meistens klappt es
ja auch, obwohl das eigentlich gar nicht meine Musik ist“, erläutert Stefan
sein Spieltagsritual. Begonnen hat seine Liebe zur Eintracht mit dem WM-Finale
1974. Deutschland wurde in schwarz-weißen Trikots vor den Augen eines kleinen
Jungen, der bei seinem Opa in Düren mit der Familie vor dem Fernseher saß,
Weltmeister. Das nächste Spiel, das Stefan im TV sah, war das Pokalfinale wenige
Wochen später, welches wegen der WM in den August verlegt worden war. Wieder
siegte das Team in schwarz-weißen Trikots, und mit Grabi und Holz durften zwei Spieler
den DFB-Pokal in die Höhe heben, die auch schon den WM-Titel gewonnen hatten.
„Ich dachte, das muss ja eine Supermannschaft sein, die alles gewinnt, zumal
die Eintracht ja ein Jahr später erneut Pokalsieger wurde. Im Grunde bin ich
also Erfolgsfan“, grinst Stefan, dessen Lieblingsspieler Bernd Nickel wurde.
„Ich weiß gar nicht genau, weshalb. Vielleicht weil er Linksfuß war und ich
Linkshänder bin.“
So kam es, dass
sich die Frankfurter Eintracht einen Jungen aus Düren schnappte, dem Ort, in
dem Toni Schumacher geboren wurde und der ehemalige Kölner Nationalspieler
Harald Konopka einen Lottoladen führte. „Letzteren habe ich früher jeden
Freitag gesehen, als ich den Lottoschein abgab und er die Zigarettenmarke
‚Ernte 23‘ verkaufte. Aber ich bin der Eintracht treu geblieben. Als ich ein
bisschen älter wurde, war es natürlich ganz praktisch, dass Köln, Düsseldorf,
Mönchengladbach, später Leverkusen aber auch die Ruhrpottvereine in relativer Nähe
liegen. So konnte ich eine Menge Auswärtsspiele besuchen, ohne viel Geld auszugeben.
Als Jugendlicher hat man ja nicht viel und Reisen nach Frankfurt waren für mich
damals schlicht zu teuer“, schildert Stefan seine frühen Erfahrungen. „Und man
wurde bei jedem Spiel klatschnass. Als ich später in Köln studierte, ging ich
hin und wieder zu Fortuna Köln. Dort traf ich auf einen anderen Eintrachtler
aus der Gegend. „Der wurde Frankfurt-Fan, weil er Frank heißt, es geht also
immer noch besser“, lacht Stefan. Mit dem Einstieg ins Berufsleben änderten
sich die finanziellen Verhältnisse und so ging es mit den Jahren immer öfter in
den Frankfurter Stadtwald. „Eigentlich war mein Glück, dass die Eintracht 2011
abgestiegen ist. Damals haben einige Leute ihre Dauerkarte zurückgegeben und ich
konnte eine ergattern.“ Zwei Jahre später wurde Stefan Mitglied in der
Fanabteilung und zudem Fördermitglied im Eintracht-Museum. Auch ist er Mitglied
in der „Bewegung HeiligAbend“, einer Gruppe Eintrachtler, die jedes Jahr am
Samstag vor Weihnachten im Heinrich-Kraft-Park bei Wind und Wetter kickt.
Überhaupt ist es die Gemeinschaft, die für Stefan im Vordergrund steht, auch
die gemeinsame Anreise mit Jürgen. „Wenn wir am Spieltag nach Frankfurt fahren,
sind immer schon einige Eintracht-Fans am Kölner Bahnhof. Und die Haltung der
Eintracht in politischen Fragen wird in der Region wahrgenommen. ‚Wir mögen
euch zwar nicht, aber das, was ihr außerhalb des Rasens abliefert, ist schon
stark, höre ich immer öfter. Und das ist auch gut so“, sagt Stefan zum
Abschied. Nur Apfelwein geht nicht an ihn ran. „Ich trinke lieber Kölsch.“ Aber
irgendwas ist ja immer …
Text: Axel
Hoffmann