Der Stolz überwiegt 

Die Adlerträgerinnen geben alles bei ihrer ersten DFB-Pokal-Finalteilnahme als Eintracht, verpassten durch ein spätes Gegentor die Überraschung. Bitter wiegt die schwere Verletzung von Spielführerin Tanja Pawollek.

Gekämpft, als Team alles gegeben, die Eintracht bestens vertreten – aber am Ende trotzdem knapp verloren. Direkt nach dem 0:1 im DFB-Pokalfinale, diesem Thriller ohne Happy End, gegen den VfL Wolfsburg nach Verlängerung sieht man in weinende und enttäuschte Gesichter. Verständlich nach dem bitteren Gegentor in der 118. Minute durch Ewa Pajor. Doch wer im Vorfeld noch geunkt hatte, der Underdog aus Frankfurt wäre gegen den Dauersieger Wolfsburg chancenlos, wurde in 120 packenden Minuten eines Besseren belehrt. Das Endspiel bot alles, was ein mitreißendes Finale bieten muss – Drama, Tränen, unbändige Willensleistung. Die Eintracht Frankfurt Frauen zwangen den VfL bis in die Verlängerung, verpassten ihrerseits die Führung und mussten sich erst in den letzten Zügen geschlagen geben. Vor dem Wolfsburger Lucky Punch hatte VfL-Torhüterin Almuth Schult Rot gesehen (96.). Das Finale war zweifelsfrei die Krönung einer überragenden Pokalsaison und Werbung für die Mannschaft, für die Eintracht insgesamt.

SGE-Trainer Niko Arnautis sah wie die vielen Zuschauer vor den TV-Geräten eine „richtig starke Vorstellung. Ich bin sehr stolz auf die Leistung der Mädels, auch wenn die Enttäuschung für uns alle riesengroß ist. Die Mädels haben mit dem ersten Pokaleinzug als Eintracht Frankfurt ihre erste Geschichte geschrieben. Jeder hat gesehen, dass die Mannschaft will. Wir haben gegen ein Team gespielt, die seit sieben Jahren kein Pokalspiel verloren hat und sie an den Rand einer Niederlage gebracht. Wenn man verlieren darf, dann mit so einer Leistung. Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir wieder nach Köln fahren wollen, um nach dem Titel zu greifen.“ Die vorher versprochene Gier nach dem Titel zeigten alle Adlerträgerinnen, allen voran Spielführerin Tanja Pawollek. Die Mittelfeldspielerin verletzte sich nach einem Zweikampf am linken Knie, spielte aber nach Behandlungspause noch einige Minuten weiter, bevor sie unter Tränen ausgewechselt werden musste. Die Diagnose Kreuzbandriss am Finalabend schlug aufs Gemüt. Doch auch die 22-Jährige, die am Tag darauf noch vor Ort operiert wurde, wird zurückkommen.

Wiederkommen und vollenden

Das unbändige Engagement als eine Einheit, als ein Team ließ im Spiel selbst bis zur letzten Sekunde nicht nach, mit schwindender Kraft ging hüben wie drüben auch die letzte Durchschlagskraft verloren, manchmal fehlte nur eine Fußspitze, wie bei Lara Prasnikar oder Laura Freigang in der Verlängerung, um die Leistung mit dem Pokal zu krönen. Verteidigerin Sophia Kleinherne fasste es stellvertretend für alle Adlerträgerinnen zusammen: „Ich glaube, wir alle brauchen erst einmal einen Augenblick, um zu reflektieren, was da passiert ist. Wir haben super dagegengehalten und super Charakter bewiesen. In der Vergangenheit haben wir schon gezeigt, dass uns nur noch ein kleines Stück fehlt, um an Wolfsburg ranzukommen. Im Finale wäre der perfekte Tag gewesen. Meiner Meinung nach können wir aber mit Stolz sagen, dass in unseren Augen die Medaille auch etwas golden glitzert.“ Torfrau Merle Frohms ist überzeugt: „Es ist sicherlich nicht unser letztes Pokalfinale gewesen!“

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Mannschaft von Niko Arnautis nach der Fusion bestens bei der Eintracht angekommen ist, zeigte dies die Unterstützung des gesamten Vereins auf allen Ebenen. Eintracht-Präsident Peter Fischer und Vorstandssprecher Axel Hellmann brachten abends – in krankheitsbedingter Abwesenheit von Sportdirektor Siegfried Dietrich, der von zu Hause aus vor dem TV-Gerät mitfieberte – im Hotel vor dem gemeinsamen Abendessen den Stolz der gesamten Eintracht-Familie zum Ausdruck. Der Tenor war klar: „Wir kommen wieder!“ Und machen es bestenfalls sogar wie das Männerteam. 2017 verlor die Eintracht gegen den BVB, im Folgejahr gelang gegen den FC Bayern München der Titelgewinn.

Am Ende mag es nur die Silbermedaille gewesen sein, die überreicht wurde, aber wichtiger waren die gewonnenen Sympathien – als Mannschaft, als Verein. Das gibt Kraft – für den nächsten Anlauf in der Saison 2021/22.

Text: Paul Schönwetter
Fotos: Carlotta Erler, Lucas Körner