Viel mehr als nur Fußball

Punkte sammeln, Siege einfahren, Spielerinnen entwickeln. Das alles sind Ziele eines Trainerteams. Aus Sicht von Francesco Continolo ist das trotzdem nur ein Bruchteil seiner neuen Aufgabe als Cheftrainer der Zweitliga-Frauen. Worauf es ihm beim Umgang mit jungen Talenten ankommt, welche Rolle Empathie und Loyalität spielen und wie er in seiner Arbeit seine persönliche Berufung gefunden hat, erzählt er in der „Eintracht vom Main“.

Die Geschichte von Francesco Continolo beginnt wie die Karriere so mancher Profifußballer: Mit den Fußballschuhen aufgewachsen durchlief er die Jugendmannschaften seines Heimatvereins, setzte sich in der U19 in der höchsten Spielklasse durch und schaffte den Sprung in die Oberliga Baden-Württemberg, damals die dritthöchste Spielklasse. Sogar von der italienischen Nationalmannschaft wurde er zu Sichtungsspielen für im Ausland lebende junge Talente berufen. Und doch war der Traum vieler Jungen in seinem Alter nicht jener von Continolo: „Das Talent war durchaus da. Aber es war ehrlich gesagt nie mein Ziel, Profifußballer zu werden.“ Stattdessen wählte er den Weg ins Ausland, ließ die Fußballschuhe zurück und begann, in der Touristikbranche zu arbeiten. Damals noch nicht ahnend, dass der Zufall einige Jahre später eine ganz neue Karriere auf dem Platz würde beginnen lassen.

„Einige Jahre nach meiner Rückkehr nach Deutschland wurde ich in Hofheim sässig, gründete eine Familie und begann wieder aus Spaß an der Freude in meinem Heimatverein mit dem Kicken. Von da an ging es emotional wieder bergauf mit dem Fußball“, erinnert sich der heute 46-Jährige zurück. Vor allem, als eines Tages der Trainer kurzfristig bei einem Training ausfiel. „Da bin ich ganz spontan eingesprungen“, erzählt Continolo. Mit dem Ergebnis: „Mir hat es unglaublich Spaß gemacht, die Spieler fanden es cool und es hat tatsächlich auch gut funktioniert.“ Und schon nahm die Karriere von Francesco Continolo als Fußballtrainer seinen Lauf. 

Von da an folgten Trainerscheine, Fortbildungen und vor allem jede Menge Erfahrungen an der Seitenlinie von Hofheim über Nordenstadt bis zum Hessischen Fußball-Verband. Ein Team habe ihn dabei, so berichtet Continolo, ganz besonders geprägt: „Die Zeit, in der ich wirklich am meisten gelernt habe, war während meiner Trainerausbildung, als ich ein U11-Mädchenteam übernommen habe“, meint er. „Nicht im taktischen oder fachlichen Bereich, aber was meine komplette Art als Trainer angeht, hat es mich sehr geprägt. Vor allem, weil ich mir vorher gesagt habe: ‚Das schaffe ich nie!‘“ Doch statt zu scheitern, entdeckte er hier zwei Eigenschaften an sich, die bis heute deutlich zum Vorschein kommen: seine Begeisterung für den Frauenfußball und sein Talent im Umgang mit jungen Spielerinnen.

„Von meiner Mutter habe ich oft gehört: Francesco, wer dich nicht mag, ist kein Mensch“, erzählt er mit einem Lächeln. „Ich habe das nie wirklich verstanden. Aber ich habe von vielen das Feedback bekommen, dass ich ganz gut mit jungen Menschen umgehen kann. Erst durch meine Arbeit als Trainer habe ich glauben dürfen, was mir viele immer schon gesagt haben.“ Auch abseits des Rasens hat er als pädagogischer Ausbilder in einem Zentrum für Weiterbildung seinen Platz gefunden, wo es genau auf dieses Talent ankommt. „Es gibt viele Parallelen zum Fußball, denn auch dort gilt es, eine Gruppe von jungen Menschen zu führen, sie zu motivieren und auf persönlicher Ebene weiterzubilden.“ Mittlerweile sagt er: „Das, was ich mache, empfinde ich nicht als Arbeit, sondern als Berufung, Menschen zu entwickeln.“

Fragt man ihn, welche Rolle Fußball in seinem Leben spielt, steht auch hier das Persönliche weit über dem Fachlichen. „Viele Eigenschaften hatte ich vielleicht schon vorher, aber erst durch meine Arbeit als Trainer sind sie zur Geltung gekommen.“ Dazu gehörten Empathie, Offenheit, Sensibilität, aber auch Zielstrebigkeit und Motivation. Werte, die er – neben aller Taktik und fußballerischem Wissen – auch an seine Spielerinnen weitergeben möchte. „Zu sehen, wie man im Team eine Philosophie entwickelt und die Mädels das auf dem Platz umsetzen, ist ein super schönes Gefühl und gibt einem viel zurück.“ Von zwei Dingen hoffe er ganz besonders, sie „seinen“ Mädels vermitteln zu können: Loyalität und Ehrlichkeit. „Wenn man im Team ehrlich zueinander ist, bringt einen das automatisch nach oben. Loyalität dem Team gegenüber bedeutet für mich außerdem, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern immer das Große, das Team im Blick zu haben. Denn das zeichnet eine Mannschaft aus.“ Entsprechend groß sei schon jetzt die Freude, Mitte August das neu zusammengestellte Team im ersten Heimspiel zum ersten Mal in Aktion zu sehen. „Ich freue mich darauf, dass wir nach sechs Wochen Arbeit im Heimspiel hoffentlich ein tolles Spiel machen werden und unseren mutigen, kreativen Fußball mit Charakter zeigen werden.“ Eines sei ihm dabei besonders wichtig: „Wir möchten als Trainerteam die Mädels so bereit machen, dass sie ein gutes Gefühl für das Spiel haben und selbst spüren: Wir sind bereit!“