„Es wird noch besser werden“
Die Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen der Liegenschaften am neuen Standort West sind in vollem Gange, die ehemaligen Mitglieder der SG Nied trainieren inzwischen mit dem Adler auf der Brust. Zu den Gründen der Fusion, den nächsten Schritten, unerwarteten Hürden und Herausforderungen, dem aktuellen Stand und den noch bevorstehenden Zielen sprach die EvM-Redaktion mit Dieter Burkert und Michael Otto, beide geschäftsführende Präsidiumsmitglieder von Eintracht Frankfurt.
Die Fusion ist vollzogen, die
Umbaumaßnahmen laufen, aber kommen wir nochmals auf die Anfänge zu sprechen.
Wie kam es eigentlich zur Fusion und wann gab es die ersten Gespräche dazu?
Dieter Burkert: Wir haben vor langer Zeit dem
zuständigen Sportamt der Stadt Frankfurt angeboten, dass wir Sportvereinen, die
aus unterschiedlichsten Gründen Probleme haben, gerne helfen und in konkreten
Fällen kontaktiert werden können. Es geht und ging uns dabei nicht darum, neue
Mitglieder zu gewinnen oder neue Sportstätten zu bekommen. Wir möchten in
erster Linie Sportlerinnen und Sportlern, die Möglichkeit bieten, ihren Sport
weiter auszuüben. Bereits vor der SG Nied haben wir einen traditionsreichen
Ringerverein [AC Viktoria Eckenheim; Anm. der Redaktion] sowie die Fechter des
Universitätssportclubs aufgenommen. Die Gründe waren unterschiedlicher Natur.
Vor etwa anderthalb Jahren erfuhren wir von Sportamt und Heiko Walldorf, dem
damaligen Geschäftsführer der SG Nied, von der wirtschaftlichen Situation des
Vereins. Zunächst einmal mussten wir sehen, ob wir eine gemeinsame Grundlage
mit ähnlichen Vorstellungen finden. Aufgrund des sehr vielversprechenden
Gesprächs haben wir uns im zweiten Schritt dann mit dem Vorstand
zusammengesetzt.
Michael Otto: Wir haben bei unserem ersten Treffen die Gelegenheit genutzt, die Eintracht vorzustellen. Sie sollten ein Bild von uns bekommen, wer wir eigentlich sind und was wir vorhaben. Wir sind selbst ein Verein, genau wie die SG Nied es war, und wir verstehen deren Probleme. Wenn ich einige Jahre zurückblicke und mich erinnere, wie der Riederwald aussah, dann erinnert mich das schon sehr an die Liegenschaften in Nied. Unser Hauptziel ist es, dem Standort West zu seiner alten Blüte zu verhelfen. Wir hatten sehr gute, angenehme und erfolgreiche Gespräche mit den Verantwortlichen – und das war schlussendlich auch ausschlaggebend für die Fusion. Schließlich sind wir auf das Know-how der Nieder angewiesen. Sie kennen den Standort und die Zielgruppe.
„Wir wollen dem Standort West zu seiner alten Blüte verhelfen“ Michael Otto
Wie ging es dann weiter?
Michael Otto: Wir haben uns als Nächstes ein Bild von
den Liegenschaften gemacht.
Dieter Burkert: Nachdem dann die Entscheidung zur Fusion gefallen war, begannen wir, Konzepte zu baulichen Maßnahmen zu erarbeiten. Diese basierten auf den bestehenden Plänen und Sanierungskonzepten der SG Nied. Dazu gehörte unter anderem, die Funktionen des Gebäudes zu erhalten, und auch die Grundidee, den großen Raum im Keller für sportliche Zwecke zu nutzen. Diese wurden mithilfe unserer Erfahrungswerte verfeinert.
Michael Otto: Anschließend haben wir uns mit den
Abteilungsleitern getroffen, teilweise physisch, teilweise aufgrund von Corona
digital. Wir wollten ein Bild davon bekommen, wo der Schuh drückt, welche Ziele
und Visionen in den einzelnen Abteilungen bestehen und ob diese sich mit
unseren decken. Wir haben Informationen gesammelt, welche Sportarten in Nied
vorhanden sind und ob diese mit unseren zusammenpassen. Im nächsten Schritt
haben wir die Abteilungen für Gespräche untereinander vernetzt. Hierbei waren
wir teilweise nicht mehr involviert. Es lief alles nach einer Art Stufenplan
ab. Nachdem der Geschäftsführer, der Vorstand und die Abteilungen im Boot
waren, wollten wir die Mitglieder der SG Nied überzeugen.
Wie seid ihr diesen Punkt angegangen?
Michael Otto: Aufgrund der Coronapandemie konnten wir
keine Präsenzveranstaltung durchführen und haben die Mitglieder stattdessen zu
digitalen Informationsveranstaltungen eingeladen. In diesen haben wir die
Eintracht und uns den Mitgliedern vorgestellt, ihnen unsere Visionen vermittelt
und standen für Fragen zur Verfügung. Wer an den Veranstaltungen nicht
teilnehmen konnte, hatte die Möglichkeit, auf der Webseite die FAQ nachzulesen
und sich so ein Bild zu machen. Da die Eintracht oft mit dem Profifußball
assoziiert wird, war eine Sorge der Mitglieder, dass in Nied ab sofort nur noch
Fußball gespielt wird.
Dieter Burkert: Die Tatsache, dass Nied keinen Fußball im Sportangebot hatte, spielte im Übrigen bei der Entscheidung für die Fusion eine wesentliche Rolle. Das wäre für uns problematisch gewesen. Das Zuhause des Fußballs der Eintracht ist und bleibt der Deutsche Bank Park und das Nachwuchsleistungszentrum am Riederwald. Glücklicherweise hatten die Fußballer der SG Nied vor Jahren einen eigenen Verein gegründet, andernfalls hätte das ein K.-o.-Kriterium sein können.
Welche weiteren Sorgen und Ängste gab es
vonseiten der SG-Nied-Mitglieder?
Michael Otto: Der Verein ist älter als die Eintracht.
Zahlreiche Mitglieder haben seit Jahrzehnten die Farben Grün-Weiß mit Stolz
getragen. Der Verlust der sportlichen Identität und eigenen Vereinskultur waren
natürlich Bedenken. Jedes Mitglied, das nun bei Eintracht Frankfurt Mitglied
wurde oder noch wird, behält sein Eintrittsdatum von der SG Nied und wird
entsprechend für sein Vereinsjubiläum geehrt. Zudem wird die Historie des
Vereins einen Platz in unserem Eintracht-Museum bekommen und auch auf dem
Gelände in Nied wird es einen Ort geben, an dem die langjährige Tradition
sichtbar sein wird. Weitere Bedenken waren das Fortbestehen der angebotenen
Kurse und Sportarten, diese sind jedoch unbegründet. Im Endeffekt bleibt alles
so, wie es ist. Es wird nur noch besser!
„Der Standort hat das Potenzial für 3000 Mitglieder in den nächsten Jahren“ Michael Otto
Und die Bedenken konnten allesamt
ausgeräumt werden?
Michael Otto: Wir haben deutlich gemacht, dass wir
den Sport ausbauen möchten und davon überzeugt sind, dass der Standort Nied das
Potenzial hat, dass dort wieder 3000 Sportlerinnen und Sportler ein- und
ausgehen werden. Das ist ein realistisches Ziel in den nächsten Jahren. Das
Votum auf der digitalen Mitgliederversammlung am 8. Mai war mit einer
deutlichen Mehrheit für die Fusion eindeutig. Es waren knapp 400 Mitglieder der
SG Nied anwesend – und damit ein Drittel der Stimmberechtigten! Das ist schon
beachtlich. Trotz des großen Zuspruchs war es aber auch ein sehr emotionaler
Moment. Es sind viele Tränen geflossen, eine Ära ging zu Ende. Aber
gleichzeitig war der Moment auch mit vielen positiven Gefühlen verbunden und
wird als Chance für die Zukunft gesehen. Der Zuwachs derer, die bei uns Anträge
zur Mitgliedschaft gestellt haben, bestätigt das.
Wie gestaltet sich die Zusammenlegung
der Sportarten?
Dieter Burkert: Mit der Zusammenlegung der
Turnabteilungen und der Leichtathletik haben wir kaum etwas zu tun. Hier
besprechen sich die Abteilungs- und Übungsleiter untereinander, koordinieren
diverse Themen und sind sehr gut organisiert. Bei der Handballabteilung gab es
andere Voraussetzungen, die Situation gestaltete sich deshalb zunächst etwas
komplizierter. Zum einen bestand noch die Spielgemeinschaft HSG
Seckbach/Eintracht, was als Dreiecksverhältnis so nicht funktionieren konnte
und zunächst in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst werden musste. Zum anderen
war diese Abteilung als einzige bei der SG Nied größer als bei der Eintracht.
Die Ansprüche an uns waren dementsprechend größer, aber auch diesen konnten wir
gerecht werden. Die ersten Mannschaften sind bereits mit unseren Trikots
ausgestattet worden.
Wie sieht es bei den Sportarten aus, die
die Eintracht vorher nicht im Angebot hatte?
Michael Otto: Die Trampolinturner der SG Nied wurden
mit unserer Turnabteilung zusammengelegt und haben schon ihren ersten Wettkampf
mit dem Adler auf der Brust bestritten. Wir möchten alle Sportarten bestmöglich
ausrüsten und haben bereits ein neues Wettkampftrampolin bestellt. Die
Nachfrage für diese Sportart ist groß und mit bisher einem Trampolin konnte man
dieser aus Kapazitätsgründen einfach nicht mehr nachkommen. Sukzessive werden
auch die anderen Sportarten weiter ausgestattet werden. Wir sind derzeit in der
Beschaffungs- und Ausrüstungsphase.
Dieter Burkert: Als Kampfsportarten gab es bei der Eintracht schon Ringen und Boxen, die SG Nied bringt beispielsweise Karate, Judo und VoVinam mit. Hier haben wir entschieden, eine neue Abteilung zu gründen, die alle Kampfsportarten zusammenfasst. Abteilungsleiter wird der ehemalige erste Vorsitzende der SG Nied, Niko Föller.
Wie gehen die Umbauarbeiten voran?
Welche Maßnahmen wurden bisher umgesetzt?
Michael Otto: Wir haben neue Linien auf den
Tennisplätzen gelegt und Sichtblenden angebracht. Zudem haben wir einen Platz
wieder instand gesetzt und somit nun insgesamt vier Tennisplätze am Standort
West. Neue Netze und Bänke wurden bestellt. Für eine optische Aufwertung der
Grünflächen war ein Garten und Landschaftsbauer vor Ort, der aus dem kleinen
Dschungel eine wirklich schöne und idyllische Anlage gemacht hat. Die ersten
Mannschaftsspiele haben inzwischen stattgefunden und die Resonanz war gut.
Ebenso wurde die Gaststätte schon saniert, ein neuer Boden verlegt sowie die
Wände gestrichen. Als Treffpunkt eines Eintracht Fanclubs war die Gastronomie
bereits gut ausgestattet, aber wir haben beispielsweise Trikotrahmen zur
Verfügung gestellt. Für die Terrasse wurde schon eine neue Bestuhlung bestellt
und mit Krombacher gesprochen, um diese zukünftig mit Schirmen zu bestücken. Im
großen Saal im Obergeschoss könnte man einen wunderschönen Blick auf die Nidda
haben, aber die Fenster sind viel zu hoch angesetzt. Hierfür haben wir ein
Angebot eingeholt, um die Fenster niedriger einbauen zu lassen. Das würde dem
Raum einen vollkommen neuen Charakter geben.
Es wurde schon vieles umgesetzt. Was sind
die nächsten Schritte?
Michael Otto: Die Fassade des Gebäudes bröckelt an
vielen Stellen und muss saniert und gestrichen werden. Im Eingangsbereich
werden Eintracht-Fahnen aufgehängt, das SGNied-Logo wird durch den
Eintracht-Adler ersetzt. In den Sommerferien werden die Heizungsanlage und der
Gasheizkessel ausgetauscht, die Luftheizung in der Halle macht einer
Deckenstrahlheizung Platz und es erfolgt eine Umstellung auf LED-Licht. Da
inzwischen der Sportbetrieb wieder läuft, haben wir diese Maßnahmen in die
Ferien verschoben, um weitere Einschränkungen im laufenden Betrieb zu
vermeiden.
Welche Sanierungs- und
Modernisierungsmaßnahmen sind zukünftig noch geplant?
Michael Otto: Die Umkleidekabinen und sanitären
Einrichtungen müssen erneuert werden. Das größte Projekt jedoch wird das
Untergeschoss sein. Hier befand sich eine Kegelbahn, die wir schon rausgerissen
haben. Der Raum ist groß und birgt viel Potenzial. Wir möchten die Räumlichkeit
als neue und moderne Sportstätte nutzen. Es wird einen Bereich für Fechten
geben und ein neues Dojo für die Kampfsportarten. Zudem planen wir einen
Kraftraum. Zur Verwirklichung der Pläne haben wir Angebote eingeholt,
anschließend müssen der Bauantrag gestellt, ein Brandschutzkonzept sowie Pläne
für die Be- und Entlüftung vorgelegt werden. Das wird viel Zeit in Anspruch
nehmen, aber wir freuen uns sehr über die Schaffung neuer Möglichkeiten, in
Nied Sport treiben zu können.
„Kampfsport wird eine neue Abteilung“ Dieter Burkert
Welche langfristigen Ziele gibt es für
den neuen Standort?
Michael Otto: Wir haben drei Ziele definiert. Erstens
die Liegenschaften aufwerten. Vieles, was schnell eine – optische –
Verbesserung bringt, haben wir bereits durchgeführt. Zweitens hat die Kinder-
und Jugendarbeit bei der Eintracht von jeher eine hohe Priorität. Im Zuge
dessen werden wir Schulprojekte und Angebote für die Kinder im Westen der Stadt
ausbauen, wie beispielsweise unsere Eintracht Frankfurt Pausenliga. Als dritter
Punkt ist das Mitgliederwachstum zu nennen. Durch die Schaffung der neuen
Sportstätten, das erweiterte Sportangebot und die verbesserte sportliche
Infrastruktur hoffen wir, dass wir für neue Mitglieder an Attraktivität
gewinnen und sie den Weg in unseren Verein finden.