Rückkehrer mit Vorzeigeweg

Er hat das erreicht, wovon viele Frankfurter Nachwuchskeeper träumen: Mit dem Adler auf der Brust in der Bundesliga das Tor hüten. Im vergangenen Sommer ist Sven Schmitt zur Eintracht zurückgekehrt und möchte nun als Torwarttrainer höchstselbst für Nachschub aus dem Adlernest sorgen.

Ob die jungen Torhütertalente im Leistungszentrum am Riederwald wüssten, wer ihnen seit Anfang der Saison 2021/22 das Torwartspiel lehrt? „Ich glaube schon, dass sich einige Jungs darüber informiert haben. Viele alteingesessene Eintrachtler können bestimmt auch etwas mit meinem Namen anfangen“, entgegnet Sven Schmitt schmunzelnd. Freilich ist er, bezogen auf Bundesliga-Einsatzzeit und Bekanntheitsgrad, weder ein Oka Nikolov noch ein Uli Stein oder Kevin Trapp. Doch hat es Sven Schmitt – und das ist Leistung genug – im deutschen Herren-Oberhaus für die SGE auf Spielminuten gebracht. Und mehr noch: Der heute 44-Jährige durchlief vom jüngeren C-Junioren-Jahrgang an alle Nachwuchsteams der Eintracht. Somit gelang ihm ein Jugend-Karriereweg, der für Leistungszentren und Fußballromantiker durchaus als Paradebeispiel dienen könnte.

122 Spielminuten in der Saison 2000/01 unter Trainer Felix Magath lautet seine Bundesliga-Gesamtbilanz. Auf sein Debüt, eine Einwechslung auswärts beim VfB Stuttgart infolge einer Verletzung von Stammtorwart Dirk Heinen, folgte die Partie bei der SpVgg Unterhaching, in der er über die gesamte Spieldistanz das Tor hütete. Hinzu kommen drei Zweitligaspiele, rund 170 Einsätze in der Regionalliga sowie knapp 300 Begegnungen in der Hessenliga beziehungsweise der Oberliga Hessen, dem Vorreiter der Hessenliga. „Rückblickend“, sagt Sven Schmitt, „habe ich eine sehr schöne und abwechslungsreiche aktive Karriere mit unterschiedlichen Höhepunkten hinter mir.“

„Und dann saßen sie alle da: Köpke, Gaudino, Yeboah. Das war total aufregend“

Seine ersten fußballerischen Gehversuche wagte Sven Schmitt beim TSV 1860 Hanau, dem Heimatverein eines gewissen Rudi Völler. Sein Vater sei damals dort Jugendleiter und -trainer gewesen und habe ihn immer mitgenommen, verrät er. „Wie es sich eben oftmals ergibt. Der Papa war fünf-, sechsmal die Woche auf dem Sportplatz und so habe ich als kleiner Bub auch viel Zeit dort verbracht. Anfangs noch als Feldspieler aktiv, fand der gebürtige Hanauer in der E-Jugend seine Berufung als Schlussmann – und machte rasch mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. „Ich hatte damals als E-Jugendspieler aufgrund meiner physischen Voraussetzungen bereits in der D-Jugend gespielt. Bei einem Pokalspiel gegen die Eintracht muss ich wohl Eindruck hinterlassen haben. Und das, obwohl wir die Begegnung haushoch verloren“, lacht er. So war der Weg geebnet: Als jüngerer C-Junioren-Jahrgang streifte sich das Torwarttalent erstmals das Adler-Trikot über.

Im Nachwuchsbereich erinnert er sich insbesondere an die Zeit in der B-Jugend gerne zurück: „Hier hatten wir eine Top-Mannschaft und viele tolle Begegnungen. Wir haben unter anderem gegen den VfB Stuttgart im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft gespielt und durften an hochkarätigen internationalen Turnieren teilnehmen“, erinnert sich Sven Schmitt und ergänzt: „In Zürich haben wir uns beispielsweise mit Manchester United und dem FC Barcelona gemessen.“ Ohne Wenn und Aber gehöre natürlich sein Bundesligadebüt zu den schönsten Erlebnissen seiner Eintracht-Zeit, ein weiterer Moment blieb aber ebenso in bester Erinnerung, nämlich der erstmalige Kontakt zu den Profis. „In meinem zweiten Jahr bei den A-Junioren war Jupp Heynckes Cheftrainer“, erinnert er sich und führt weiter aus: „Er wollte einen dritten Torhüter bei den Trainingseinheiten dabeihaben – und ich wurde auserkoren.“ Den ersten Schritt in die Kabine habe er noch genau vor Augen. „Plötzlich saßen sie alle da: Köpke, Gaudino, Yeboah. Das war total aufregend.“

Als Stammkeeper der Eintracht in der Bundesliga konnte sich Sven Schmitt dann aber doch nicht durchsetzen. Wegen mangelnder Perspektive bei den Profis entschied er sich, zur Saison 2003/04 den Verein zu verlassen und zum 1. FC Eschborn zu wechseln. „Dort habe ich auch ein persönliches Highlight-Jahr erlebt, als uns der Wiederaufstieg in die Regionalliga gelang“, schwelgt Schmitt in Erinnerungen. Es folgten weitere Vereinswechsel zu Darmstadt 98, der TSG Wörsdorf und Viktoria Aschaffenburg, ehe er 2014 beim FSV Fernwald seine aktive Karriere beendete – und beinahe nahtlos in den Trainerbereich einstieg. Beim Oberligisten aus Fernwald war ein Engagement als Cheftrainer fast schon beschlossene Sache, kam letztlich aber doch nicht zustande. Zurück auf den Platz zog es ihn erst, als sein Sohn bei den Sportfreunden Ostheim mit dem Fußballspielen begann. „Wie damals, bei meinem Vater und mir, habe ich fortan viel Zeit mit meinem Sohn auf dem Sportplatz verbracht, bis die Anfrage von den Sportfreunden kam, ob ich nicht als Torwarttrainer der ersten Mannschaft anfangen wolle. Ich kannte ohnehin einige Leute aus dem Verein und es hat direkt gepasst – und so ging ich die ersten Schritte in diesem Bereich.“

„Es ist ein langer und harter Weg, aber wir haben definitiv Torwarttalente, denen ich einiges zutraue“

Im Sommer nahm schließlich die Rückkehr zur Eintracht Gestalt an. „Ende Juli rief mich eine unbekannte Frankfurter Nummer an, die ignorierte ich erstmal“, gibt er grinsend zu. Keine gute Idee, denn in einer wenig später empfangenen Nachricht meldete sich ein alter Bekannter zu Wort: Hier ist der Zimbo, erinnerst du dich an mich? Hast du Zeit, zu telefonieren? „Jan [Zimmermann; Anm. d. Red.] hatte während meiner Zeit bei der U23 in der Jugend gespielt, später habe ich seinen Weg natürlich verfolgt.“ Dass es Sven wieder an den Riederwald führen sollte, kristallisierte sich in den Gesprächen mit dem Torwarttrainer der Profis schnell heraus. Nun neigt sich sein erstes halbes Jahr mit dem Adler auf der Brust auch schon wieder dem Ende entgegen. Sven, der nicht nur als Torwarttrainer der U17 fungiert, sondern ebenso die U13- und U12- Keeper unter seinen Fittichen hat, zieht ein erstes Resümee. „Ich wurde super aufgenommen und kannte ja einige Gesichter auch noch von früher, wie beispielsweise Holger Müller [Nachwuchskoordinator; Anm. d. Red.] oder Klaus Simon [„Mann für alles“; Anm. d. Red.]. Es macht mir riesig Spaß und wir alle harmonieren super miteinander.“

Gerade weil auch er den Großteil seiner Jugend im Eintracht-Trikot verbracht hat und nun junge Talente auf ebendiesem Weg begleitet, kommt er um so manchen Früher-heute-Vergleich nicht herum. Es sei schon ein großer Unterschied, nicht nur bezogen auf die Inhalte und die Spezifität des Trainings, sondern auch bezogen darauf, was heutzutage alles dazugehöre. „Athletiktraining, Leistungsdiagnostik, Videoanalyse: Das gab es zu meiner Zeit alles nicht und ist heute aus keinem NLZ mehr wegzudenken“, führt er aus. Nun wieder im Dienst der Eintracht stehend, sollen sich die Wege – analog zu seiner Jugendzeit – so schnell erst einmal nicht trennen, wenn es nach ihm ginge. „Mein Wunsch ist es natürlich, über einen längeren Zeitraum hier zu sein und die Jungs zu trainieren. Mit welchem Tempo sie Dinge annehmen und verinnerlichen, beeindruckt mich, so der Ex-Profi, der sich ambitionierte Ziele steckt: „Es wäre natürlich überragend, wenn sich zukünftig ein Torwart-Eigengewächs mit Bundesliga-Einsätzen bei den Profis belohnen könnte. Es ist ein langer und harter Weg, aber wir haben definitiv Torwarttalente, denen ich einiges zutraue“, sagt Sven, der somit wohl darauf hofft, dass ein Jungadler künftig in seine Fußstapfen tritt.