Schiedsrichter
– Die wahren Helden
Wenn in den
Medien die Übertragungen von Sportwettbewerben laufen, haben viele Zuschauer
sehr schnell und klar ihre Urteile parat. Denn sie verfügen über die Bilder und
Wiederholungen. Den Schiedsrichtern dagegen wird von Fans, Spielern und
Trainern auch schon mal Parteilichkeit, Manipulation oder gar Bestechung
vorgeworfen, wenn sie unzufrieden sind. Ihr Job ist oftmals undankbar, sie
müssen in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen fällen und haben nur selten die
Möglichkeit eines Videobeweises wie im Bundesligafußball beispielsweise, dabei
sind die Schiedsrichter auf dem Platz unverzichtbar und doch die eigentlichen
Helden!
Texte: Nina
Bickel, Denis Biesold
Fotos: Denis
Biesold, Tim Dannenberg, Arndt Falter, Philipp Haase, Lucas Körner, Sebastian
Kromer, Jonas Wenzel
Als
Schiedsrichter – auch Spielleiter oder Unparteiischer bzw. umgangssprachlich
Schiri genannt – wird eine unparteiische Person definiert, die bei einer
Sportart mit mehreren gegeneinander antretenden Parteien, Mannschaften oder
Spielern beziehungsweise Athleten das Spiel oder den Wettkampf leitet. Er
überwacht den regelgerechten Spielverlauf durch Tatsachenentscheidungen sowie
Zeitnahmen und ahndet regelwidriges Verhalten durch disziplinarische Maßnahmen.
Somit ist klar: Ohne Schiedsrichter kein Spiel. Ohne Kampfrichter kein
Wettkampf. Denn sie messen Zeiten und Weiten, kontrollieren, dass die Sportler
die Regeln einhalten. Im Sportentwicklungsbericht des Deutschen Olympischen
Sportbundes bezeichnen die Autoren den Schieds- bzw. Kampfrichter deshalb auch
als „existentielle Sozialfigur des organisierten Wettkampfsports“.
Dabei stellt
allerdings die Rekrutierung von Schiedsrichtern und Kampfrichtern Vereine und
Verbände vor große Herausforderungen. Es wird immer schwieriger, Freiwillige zu
finden. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Einige möchten vielleicht lieber
selbst noch aktiv ihren Sport betreiben, anstatt Partien zu leiten oder
Wettkämpfe zu überwachen, das Amt ist zudem zeitintensiv bei wenig
Aufwandsentschädigung, aber ebenso fehlender Respekt gegenüber den
Unparteiischen sind nur einige Argumente.
Auch in einem
Großverein wie Eintracht Frankfurt mit den über 50 Sportarten kennt man die
Probleme, und doch gibt es zahlreiche Mitglieder, die ihre freie Zeit und ihr
Herzblut dem so wichtigen Amt opfern. Und noch etwas haben sie, auch wenn sie
aus den unterschiedlichen Sportarten kommen, gemein: Sie müssen alle Regeln
sicher beherrschen. Die Verbände vieler Sportarten geben dazu Regelbücher heraus
und verlangen von ihren Unparteiischen die Teilnahme an Fortbildungen und
entsprechende Schulungen zum Lizenzerhalt. In den Ausführungen, in den Aufgaben
und ja auch in der Bezeichnung, Schiedsrichter oder Kampfrichter, unterscheiden
sie sich aber doch.
Rund 25
Schiedsrichter vertreten die Farben der Eintracht im Fußball. In den oberen
Klassen laufen die Schiedsrichter bekanntermaßen als Gespann auf – ein
Schiedsrichter mit zwei Assistenten – in den unteren Ligen leitet meist nur ein
Schiedsrichter die Partie. Wahrlich keine einfache Aufgabe, dann noch alle
Nickligkeiten, Abseits oder Trainer wie Zuschauer im Blick zu haben.
Während im
Fußball der Schiedsrichter nicht immer zu beneiden ist, da er vielleicht von
Trainern und Spielern bedrängt oder von den Zuschauern ausgepfiffen wird, gilt
er im Rugby als „heilige Kuh“ des Sports. Tumultartige Rudelbildungen sind
undenkbar, denn Entscheidungen des Unparteiischen sind Gesetz und mit ihm reden
dürfen während eines Spiels nur die Kapitäne der beiden Mannschaften. Die
Rugbyabteilung verfügt über drei lizenzierte Unparteiische. Drei Personen – ein
Schiedsrichter, zwei Linienrichter – werden in der Regel pro Spiel benötigt.
Während im
Fußball, Rugby oder Handball unabhängig von der Spielklasse die Schiedsrichter
extern eingeteilt werden, sieht es im Volleyball oder Tischtennis schon anders
aus. In der Kreisklasse bis hin zur Landesliga sowie in den Jugendklassen
werden im Volleyball die Schiedsrichter von den Vereinen gestellt. Dabei leiten
in der Regel zwei Unparteiische das Spiel, zudem werden zwei Schreiber
benötigt. Die Schiedsrichter müssen dabei je nach Spielklasse eine D-, C- oder
B-Lizenz vorweisen können. Ab der Oberliga bis hin zur Bundesliga werden die
beiden Schreiber von den Vereinen, die beiden Schiedsrichter extern gestellt,
wobei für jedes gemeldete Team der entsprechenden Liga mindestens zwei
Unparteiische in den „Schiedsrichterpool“ gemeldet werden müssen. Um die
vorgeschriebene Anzahl der Schiedsrichter stellen zu können, versucht die
Volleyballabteilung das Problem damit zu lösen, dass möglichst jedes Mitglied
eine D-Lizenzausbildung macht. So bringt sie es aktuell auf rund 30
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter.
Auch beim
Tischtennis kommt in den hessischen Spielklassen der Unparteiische aus den jeweiligen
Mannschaften. Ab der fünften Liga – so wie es bei den ersten Herren der
Eintracht, die in der Oberliga spielt, der Fall ist – gibt es in der Halle
einen externen offiziellen Oberschiedsrichter. Die Tischschiedsrichter stellen
die Teams. Auch im Tischfußball wird der Unparteiische erst ab der Bundesliga
vom Ausrichter gestellt, in den Ligen darunter einigt man sich.
In den
Sportarten wie Leichtathletik, Triathlon, Kunstturnen, Rhythmische
Sportgymnastik, Cheerleading, Trampolin oder Ringen spricht man von
Kampfrichtern beziehungsweise bei Letzteren strenggenommen von Kampfleitern.
Wie war das
noch mit dem Windschatten auf dem Rad? Welche Strafe droht, wenn Verpflegung
von Außenstehenden angenommen wird? Was passiert, wenn der Sportler seinen Müll
in die Landschaft wirft? Das sind nur einige wenige Fragen, mit denen sich die
Kampfrichter der Triathlonabteilung auseinandersetzen. Zu ihren weiteren
Aufgaben gehört – je nach Qualifikation – die Abnahme der Wettkampfstätte, der
Check-in mit Materialkontrolle, die Kontrolle von Schwimm-, Rad- und
Laufstrecke sowie der Wechselzone vor und während des Wettkampfs ebenso wie die
Prüfung der Wassertemperatur auf der Schwimmstrecke. Zurzeit gibt es 19
Kampfrichter in der Abteilung, die damit sage und schreibe ein Fünftel aller
hessischen Kampfrichter stellt.
Auch im
Trampolin, in der Rhythmischen Sportgymnastik oder im Kunstturnen gibt es
Kampfrichter, kurz Kari, genannt. Hierbei werden pro Wettkampf mehrere
Kampfrichter benötigt, die in verschiedene Gruppen eingeteilt sind und im
Kunstturnen Haltung, Dynamik und Technik, in der Rhythmischen Sportgymnastik
Schwierigkeit, künstlerische Bewertung/Artistik und Ausführung sowie im
Trampolin Haltung/ Schönheit und Schwierigkeit bewerten. Im Trampolin kommt
außerdem noch ein Wettkampfleiter sowie ein Kari zum Bedienen der Maschine, die
die Sprunghöhe misst, hinzu. Ohne eine solche Maschine können es auch noch zwei
Karis mehr sein.
Zwei Sportarten
bei der Eintracht kommen aber auch größtenteils ohne Schiedsrichter aus: So
gibt es im Ultimate Frisbee selbst bei der Weltmeisterschaft keine
Schiedsrichter. Das Regelwerk ist in diesen Fällen so konzipiert, dass
eventuelle Meinungsverschiedenheiten bei Regelverstößen auf einfache Art
geklärt werden können. Und auch beim Tennis ist der Schiri im weißen Dress auf
dem Stuhl am Rande des Platzes eine Ausnahme: „Beim Tennis kommen nur selten
Schiedsrichter zum Einsatz. Auch bei Turnieren gibt es oft nur einen
Oberschiedsrichter, der für diese Zwecke dann ‚eingekauft‘ wird. Bei eigenen
Turnieren übernimmt Carsten Müller aus der Tennisabteilung diesen Job und wird
im Fall von Streitigkeiten auf den Platz gerufen, um zu entscheiden.“ Manchmal
kommt es zwar zu kleinen Streitigkeiten, das sind aber Ausnahmen – und gibt es
doch mal strittige Punkte, dann werden diese im Zweifelsfall einfach
wiederholt.
Ohne sie geht
im Sport gar nichts: Die Schieds- und Kampfrichter. Sie versuchen in aller
Regel nach bestem Wissen und Gewissen ihren Beitrag zu leisten, damit es im
Sport fair zugeht. Ehrenamtlich widmen sie sich ihrer Liebe und Leidenschaft –
meist gegen eine nur geringe Aufwandsentschädigung. Im Fokus der Medien stehen
sie selten. Die Schieds- und Kampfrichter sind die heimlichen Helden des
Sports. Es sollte mehr von ihnen geben. Deshalb haben wir ihnen das FokusThema
dieser Klubmagazin-Ausgabe gewidmet, uns in den Sportarten des Vereins umgehört
und mit einigen Schiedsrichtern und Kampfrichtern gesprochen, um
herauszufinden, wie eigentlich die Situation bei der Eintracht ist, welche
Aufgaben sie zu erfüllen haben und vor allem, was ihre Motivation für dieses
Amt ist und sie antreibt. Herausgekommen sind zahlreiche spannende Gespräche,
die ein komplettes Klubmagazin füllen könnten. Lest selbst! Uns bleibt nur noch
zu sagen: Dankeschön an all unsere Unparteiischen bei der Eintracht, wir sind
stolz darauf, euch zu haben!