„Man
ist ganz nah an den Athleten dran“
Marko
Deichmann, Bernd Köcher und Michael Bender sind Schiedsrichter bzw.
Kampfrichter. Sie investieren viel Zeit und Herzblut in ihr Amt. Während Marko
die Rugbyspiele in der Rhein-Main-Region leitet, sind Bernd im Trampolin und
Michael im Triathlon deutschlandweit als Kampfrichter im Einsatz. Im Gespräch
mit der EvM-Redaktion erzählen sie, wie sie zu ihrem Job gekommen sind, was sie
aushalten müssen und vor allem, was sie antreibt.
Seit wann seid ihr Kampfrichter
beziehungsweise Schiedsrichter?
Bernd Köcher: Ich habe im Alter von 20 Jahren als
Kampfrichter angefangen.
Dir wurde der Trampolinsport quasi in
die Wiege gelegt …
Bernd: Das stimmt, mein Vater hat die Trampolingruppe damals in
Nied 1974 gegründet und mich dann mit circa sieben Jahren in die Halle
geschleppt. Und so bin ich bei der Sportart hängengeblieben. Meine Tochter Maya
springt selbst auch aktiv Trampolin.
Seit wann seid ihr in dieser Funktion,
Michael und Marko?
Michael Bender: Ich habe jetzt genau zehn Jahre auf dem
Buckel.
Marko Deichmann: Offiziell bin ich seit 2003
Schiedsrichter, habe aber vorher schon im Kinder- und Jugendbereich immer mal
wieder gepfiffen.
Wie seid ihr dazu gekommen?
Bernd: Damals sollten die Trainer auch gleichzeitig einen
Kampfrichterschein im Trampolin machen, weil es die Sinne schärft, worauf die
Kampfrichter achten. Nicht, dass man als Trainer den Kindern, Jugendlichen oder
Erwachsenen etwas beibringt, was vielleicht gar nicht viele Punkte gibt.
Michael: Wir müssen dem Landesverband eine
bestimmte Anzahl an Kampfrichtern abstellen. Diese richtet sich nach der Anzahl
der Startpasslizenzen oder der Anzahl der Mannschaften, die ein Verein beim
Verband für den Ligabetrieb meldet. Stellt man zu wenige ab, muss man Strafen
zahlen. Wir hatten 2012 Probleme, die geforderte Anzahl zu stellen. Um das Geld
lieber in den Trainingsbetrieb zu investieren, gab es einen Aufruf der
Abteilung, wer die Kampfrichter-Ausbildung absolvieren möchte. So kam ich dazu
und bin auch dabeigeblieben.
Marko: Ich hatte ja schon immer mal bei Spielen oder auf
Turnieren im Kinder- und Jugendbereich gepfiffen. Das hatte mir Spaß gemacht
und die Leute meinten, dass ich ganz gut pfeifen könne. Dann habe ich eben die
Lizenz gemacht.
Wie sieht die Ausbildung aus und wie
wird die Lizenz erworben?
Bernd: Es gibt im Trampolin verschiedene Stufen der Ausbildung.
Zunächst fängt man mit dem Gau-Kari-Schein an, mit dem man bei regionalen
Wettkämpfen eingesetzt werden kann. Im Anschluss kann man eine C-Lizenz
erwerben, die für ganz Hessen gilt. Irgendwann in den 90ern habe ich die
Fortbildung für die nationale Lizenz absolviert. Hierfür benötigt man die
Empfehlung des Landesverbands, in unserem Fall des hessischen. Mit dieser hat
man die Berechtigung, bei den Deutschen Meisterschaften eingesetzt zu werden.
Zwischen 2005 und 2016 hatte ich außerdem eine internationale Lizenz. Diese
ruht jetzt seit rund fünf Jahren. Im nächsten Jahr möchte ich aber eine
Auffrischung machen, um wieder die internationale Lizenz zu haben. Diese
Ausbildung orientiert sich an dem vierjährigen olympischen Zyklus und findet
jeweils im Folgejahr nach den Olympischen Spielen statt. Bis zu den Olympischen
Spielen hat es mich zwar noch nicht getragen, aber immerhin bis zu den
Europameisterschaften nach Portugal. Zusätzlich bin ich seit einigen Jahren als
Kampfrichterausbilder tätig.
Michael: Man fängt im Triathlon mit Level 1 an, das sind die Kampfrichter in der Wechselzone, die beispielsweise die Laufwege oder das Auf- und Abziehen der Helme überwachen, die darauf achten, dass in der Wechselzone nicht abgekürzt, betrogen oder manipuliert wird. Nach drei, vier Jahren habe ich die Fortbildung zum Motorrad-Kampfrichter gemacht und war seitdem viel in diesem Bereich eingesetzt. Weitere zwei, drei Jahre später habe ich die Ausbildung zum Einsatzleiter (Level 2) gemacht. Dieser bildet mit den anderen Kampfrichtern das Wettkampfgericht. Er hat die Aufgabe, sich den Wettkampf im Vorfeld anzuschauen, mit dem Veranstalter die Rahmenbedingungen abzusprechen, vor Ort zu kontrollieren, ob alles richtig geplant und korrekt durchgeführt wird. Der Einsatzleiter setzt die Kampfrichter entsprechend ihren Qualifikationen ein, führt das Briefing durch, kontrolliert während des Wettkampfs, dass korrekt gearbeitet wird, protokolliert die ausgesprochenen Sanktionen und macht am Ende den Wettkampfbericht fertig. Seit zwei Jahren bin ich Technischer Delegierter, das ist das Höchste, was man im Landesverband erreichen kann. In dieser Position überprüfe ich vorab den Streckenverlauf, die Wechselzonen sowie den Start- und Zielbereich der Veranstaltung. Ich kontrolliere, ob der Wettkampf von der Sicherheit her entsprechend den Ordnungen geplant ist. Nun habe ich mich für die nächste Weiterqualifikation, den DTU Bundeskampfrichter, gemeldet. Wenn ich ausgewählt werde, kann ich dann für die Deutsche Triathlon-Union (DTU) bei Bundesligawettkämpfen und Deutschen Meisterschaften eingesetzt werden.
„Es macht einfach Spaß, die Sportler
deutschlandweit zu begleiten“ –
Bernd Köcher –
Marko: Im Rugby gibt es vier Levels. Wenn man im Kinder- und
Jugendbereich anfängt, bekommt man die D-Lizenz. Anschließend folgen die C-, B-
und A-Lizenz. Man fängt mit C an und erhält nach zwei Jahren automatisch –
sofern man regelmäßig pfeift, dies auch nachweisen und dokumentieren kann – die
B-Lizenz. Mit dieser darf man bis zur 2. Bundesliga pfeifen, muss aber
spätestens alle zwei Jahre an einer Fortbildung teilnehmen. Wenn man möchte,
kann man anschließend noch die A-Lizenz machen, um Bundesliga pfeifen zu dürfen.
Aber das ist schon etwas aufwändiger. Ich hatte dafür nicht genug Ehrgeiz, bin
in B geblieben, mache meine regelmäßigen Lizenzen und bin viel in der
Bundesliga als Assistent [Linienrichter; Anm. d. Red.] eingesetzt.
Seid ihr eigentlich beim Rugby durch
Headsets miteinander verbunden?
Marko: In den höheren Ebenen ist es inzwischen Standard, dass das
Dreiergespann mit Mikros und Headsets ausgestattet und somit miteinander
verbunden ist. Bei den Bundesligaspielen ist oftmals noch ein
SchiedsrichterCoach für den Hauptschiedsrichter dabei, der dann ebenfalls mit
drinhängt.
Michael hatte vorhin angesprochen, dass
im Triathlon Strafen fällig sind, wenn nicht genug Kampfrichter gestellt
werden. Wie sieht es in den anderen Sportarten aus?
Bernd: Entsprechend der Teilnehmerzahl, die für einen Wettkampf
gemeldet wird, müssen wir die Anzahl an Kampfrichtern stellen. Andernfalls gibt
es bei uns ebenfalls Strafen. Dementsprechend ist für die Vereine der Anreiz
da, genügend Kampfrichter auszubilden.
Marko: Im Rugby gab es ebenfalls lange Zeit Strafen. Dann hat man
aber gemerkt, dass das nichts bringt, da sich insbesondere die großen Vereine
freigekauft haben. Das Problem der zu wenigen Schiedsrichter war somit nicht
gelöst. Deshalb wurde später die Regel eingeführt, dass die Vereine mit
Mannschaften in der Bundesliga pro Team einen Schiedsrichter stellen müssen.
Ist das nicht der Fall, dann bekommt die Mannschaft nicht die Lizenz für die
Bundesliga. Somit haben die Vereine die Motivation, Schiedsrichter auszubilden.
Viele Vereine beklagen, dass es immer
schwieriger sei, Freiwillige für dieses Amt zu finden. Wie ist die Situation in
euren Sportarten?
Bernd: Im Trampolin sind wir in einer komfortablen Situation. Wir
haben vier Kampfrichter mit Gau-Schein, vier Landes-Kampfrichter und sogar
sechs auf Bundesebene. Wenn unsere Aktiven teilweise in ganz Deutschland
unterwegs sind und auch an vielen Wochenenden, haben wir einen großen Vorteil,
über einige Bundes-Kampfrichter zu verfügen. So können wir die Wettkämpfe auf
mehrere Köpfe verteilen und haben nicht den gleichen Reisestress wie unsere
Athleten.
Michael: Wir müssen aufgrund der zahlreichen
Ligamannschaften 14 Kampfrichter stellen – aktuell haben wir sogar 19. Damit
stellen wir ein Fünftel aller hessischen Kampfrichter.
Marko: Als ich selbst noch aktiv Rugby gespielt habe, hatten wir
oft keinen Schiedsrichter. Dann mussten beispielsweise Trainer pfeifen.
Inzwischen sind wir in Hessen, aber auch bundesweit deutlich besser
aufgestellt. Es gibt heutzutage zahlreiche Schiedsrichter, auch im
Jugendbereich. Da bei der Eintracht nur die Frauen in der Bundesliga spielen,
reicht uns theoretisch ein Schiedsrichter. Auch wenn die Herren in die 2.
Bundesliga aufsteigen würden, könnten wir die Vorgaben erfüllen. Wir sind
insgesamt drei lizenzierte Schiedsrichter.
Wie akquiriert bzw. motiviert ihr die
Personen zu diesem Job?
Bernd: Wir erklären schon den Jugendlichen, dass sie einen Schein
erwerben sollten. Denn so lernen sie, worauf sie achten müssen, um sich zu
verbessern. Aber es ist jetzt nicht so, dass der Job für jeden passt, weil er
für den ein oder anderen vielleicht zu abstrakt oder zu zeitaufwändig ist.
Dementsprechend muss man eine Art Pyramide bauen, das heißt. am Anfang viele
ausbilden. Einige von ihnen kommen nach und nach in höhere Kategorien und
bleiben länger dabei. Außerdem ist es schön und macht es Spaß, Sportler in ganz
Deutschland oder auch auf internationale Wettkämpfe zu begleiten.
Michael: Wir versuchen, Anreize zu geben,
beispielsweise sind Kampfrichter bevorzugt in der Buchung von Sondertrainings.
Wir fragen ab, wer grundsätzliches Interesse hat und führen anschließend mit
den interessierten Kandidaten Gespräche. In diesen versuchen wir
herauszufinden, wer wirklich geeignet für den Job ist. Wir müssen die
Kandidaten vom Charakter einschätzen können, ob sie stark genug für die
Position sind, da es auf Wettkämpfen teilweise schon hart zugeht, und ob sie
länger dabeibleiben werden.
Michael, du hattest gesagt, dass es auf
Wettkämpfen schon teilweise hart zugeht. Welchen Situationen und welcher Art
von Beleidigungen ist man im Triathlon ausgesetzt?
Michael: Manchmal sind die Athleten mit einer
Entscheidung, zum Beispiel Verwarnung wegen einer Regelverletzung, nicht
einverstanden. Meistens gibt es keine echten Konsequenzen, aber bei einer
doppelten Verwarnung kann das schon eine Zeitstrafe, Zurückstufung oder Disqualifikation
nach sich ziehen. Die Wettkampfteilnehmer sind ziemlich ambitioniert. Sie sind
zwar Freizeitsportler, investieren aber viel Geld und Zeit in ihren Sport und
haben unglaublich viel Ehrgeiz. Entsprechend sind sie dann schlecht gelaunt,
wenn man ihnen in die Parade fährt, weil sie sich nicht regelkonform verhalten
haben. Im Ligabetrieb geht es oftmals noch härter zu. Da kommt es schon mal zu
Beschimpfungen und Beleidigungen. Es gab in Hessen auch schon Fälle, in denen
Kampfrichter körperlich angegangen worden sind.
Total spannend ist beim vermeintlich
harten Sport Rugby die Regel, dass nur die Kapitäne mit dem Schiedsrichter
sprechen dürfen. Dadurch gibt es keine Rudelbildungen ...
Marko: Es ist eine sehr hilfreiche Regel. Der Schiedsrichter ist
im Rugby eine Respektperson. Das wird schon den Kindern beigebracht. Die
Kapitäne sind diejenigen, die mit dem Schiedsrichter sprechen, wenn es
irgendetwas zu beanstanden gibt. Oftmals hat man noch einen weiteren
Ansprechpartner, der für den Sturm zuständig ist, eine Art Sturmführer. Wenn er
im normalen Ton auf eine Aktion im Gedränge hinweist, dann ist das für mich
auch in Ordnung und bin ich ihm dankbar. Sobald sonst ein anderer Spieler
anfängt zu diskutieren, dann gibt es einen Hinweis an seinen Kapitän. Wenn dieser
Spieler weiterdiskutiert, wird er zehn Minuten vom Platz geschickt und kann
sich dann überlegen, ob er weiter mit mir reden möchte.
„Ich bin zwar nicht mehr aktiv, aber in
der Rolle als Schiedsrichter doch noch mittendrin“ – Marko Deichmann –
Den Zuschauern kannst du keine Gelbe
Karte geben. Inwiefern gibt es dort Beschimpfungen?
Marko: In der Hessenliga, in der ich meist pfeife, sind die
Zuschauerzahlen eher überschaubar und die meisten kenne ich persönlich. In der
Bundesliga geht es schon heftiger zu. Hier muss der Heimverein im Normalfall
Ordner stellen, die gegebenenfalls Zuschauer vom Patz verweisen müssen. Das
kommt zum Glück aber nur sehr selten vor.
Wie oft kommt es vor, dass sich
Zuschauer beim Triathlon oder Trampolin einmischen?
Michael: Beim Triathlon hat man Passanten,
Angehörige, Mannschaftskollegen am Streckenrand stehen. Prinzipiell können sie
brüllen, anfeuern und machen, was sie möchten, solange es keine Beleidigungen
sind oder Aktionen, die zum Nachteil anderer Teilnehmer führen. Was nicht
erlaubt ist, ist die Begleitung von Athleten. Eine kurze Strecke ist
tolerierbar, aber wenn es über 300, 400 Meter sind, dann geben wir wegen
Coaching eine Gelbe Karte für den Athleten. Er selbst ist dafür verantwortlich,
das Coaching abzuwehren.
Bernd: Bei uns ist das Publikum eher handzahm. Strafen gibt es
aber für Trainer, wenn sie unerlaubterweise während der Übungen ihren Athleten
etwas zurufen. In letzter Zeit schleicht sich allerdings immer mehr ein, dass
man Vereinsmitglieder auf die Stühle setzt, um Einfluss zu nehmen.
Bernd, beim Trampolin geht es um
Ästhetik. Der eine Athlet hat sicherlich etwas mehr Ausstrahlung, der andere
weniger. Beeinflusst das nicht als Wettkampfrichter – wenn auch unbewusst?
Bernd: Natürlich ist das etwas, was auch mit reinspielt. Es gibt
Elemente, die bei dem einen Athleten besser aussehen als bei dem anderen. Und
auch wenn beide vielleicht keine objektiven Fehler gemacht haben, kann die
objektive Wahrnehmung schon eine andere sein. Es muss nicht alles, was technisch
richtig ist, superästhetisch aussehen. Deshalb haben wir aber je nach Wettkampf
vier bis sechs Kampfrichter, die alle ihre Meinungen haben und bewerten. Am
Ende fließen die beiden mittleren Werte von den vier oder sechs rein. So
versucht man die Extremwahrnehmungen herauszufiltern. Das klappt ganz gut.
In Bruchteilen von Sekunden musst du im
Trampolin als Kampfrichter bewerten. Keine leichte Aufgabe. Weißt du im
Vorfeld, welche Elemente ein Turner zeigen wird?
Bernd: Das stimmt, es geht alles sehr schnell und man muss
innerhalb von Zehntelsekunden entscheiden, aufschreiben und zeitnah das
Ergebnis verkünden. Der Zeitdruck ist da, ein geschultes Auge muss da sein. Von
daher ist es sehr hilfreich, dass jeder Sportler eine Wettkampfkarte ausfüllen
und seine Übungen vorher beim Kampfrichter einreichen muss. So kann man als
Kampfrichter schon mal einschätzen, was gleich auf einen zukommt und in welchem
Bereich sich der Turner etwa bewegen wird.
Wie viele Einsätze habt ihr etwa in
einer Saison beziehungsweise in einem Jahr?
Bernd: Ich habe etwa zehn bis 15 Einsätze in einem Jahr.
Marko: Bei mir ist es ähnlich wie bei Bernd. Ich muss etwa zwölf
Mal pro Saison pfeifen – manchmal mehr, manchmal weniger.
Michael: Im Normalfall sind das um die zehn
Wettkämpfe pro Jahr.
Wie viel Zeit müsst ihr an solch einem
Wettkampf- beziehungsweise Spieltag aufwenden?
Bernd: Wir sind bereits mit den Sportlern in der Halle, das heißt
circa zwei Stunden vor Wettkampfbeginn. Wenn wir deutschlandweit als
Kampfrichter eingesetzt sind, dann kommt es schon vor, dass man freitags
anreist und am Sonntag zurückkommt. International war ich vor einigen Jahren in
Portugal eingeteilt. In dem Fall bin ich bereits am Mittwoch angereist und erst
am Montag zurückgekommen.
Marko: Wenn ich als Assistant eingesetzt bin, sind wir eineinhalb
Stunden vor Spielbeginn vor Ort. Dann gibt es zunächst ein gemeinsames
Briefing. Das Spiel dauert zwei Mal 40 Minuten, hinzu kommt eine Pause von 15
Minuten. Die Anfahrtswege sind im RheinMain-Gebiet überschaubar. Von Anfahrt
bis Rückkehr bin ich insgesamt circa sechs Stunden unterwegs.
Michael: Im Triathlon hängt es sehr von der
Rolle ab, in der man eingesetzt wird – ist man als einfacher Kampfrichter
eingesetzt, als Motorrad-Kampfrichter oder als Einsatzleiter vor Ort. Der
Einsatzleiter hat den längsten Tag, da er vor allen anderen da sein muss und
auch erst nach der Nachbesprechung Feierabend hat. Da kann es schon auf zehn
bis zwölf Stunden hinauslaufen. Bei einem Ironman ist es noch länger, da die
schnellsten Sportler zwar etwa acht Stunden unterwegs sind, aber das
Breitensportfeld durchaus auch 15 bis 16 Stunden benötigt. Dann hat man einen
wirklich langen Tag. Hinzu kommen am Freitag noch die Vorbesprechung mit dem
Veranstalter und dem Wettkampfgericht und am Samstag der stundenlange
Rad-Check-in.
Ihr habt alle viel Zeitaufwand, bekommt
wenig Aufwandsentschädigung. Warum opfert ihr so viel Zeit? Was ist eure
Motivation?
Marko: Ich habe selbst lange Rugby gespielt. Zu der Zeit habe ich
mitbekommen, wie problematisch die Schiedsrichtersituation war. Ich bin durch
die Kinder- und Jugendturniere mehr oder weniger reingerutscht. Es macht mir
einfach Spaß und gibt mir immer noch die Möglichkeit, Rugby zu „spielen“. Ich
bin zwar selbst nicht mehr aktiv, aber begleite immer noch die Spiele und bin
somit doch noch mittendrin. Da Rugby noch immer eine Randsportart ist, sind wir
außerdem wie eine kleine Familie. Man kennt sich. Und das ist einfach schön.
„Es geht im Wettkampf schon teilweise hart zu“ – Michael Bender –
Bernd: Für mich ist es die Sportart, die mich motiviert. Sie ist
ästhetisch und insbesondere dann schön anzuschauen, wenn es Sportler noch sehr
gut können. Wenn man dann noch sieht, wie sich Trampolin in den letzten 20
Jahren weiterentwickelt hat, motiviert das. Mir geht es außerdem auch wie
Marko: Trampolin ist ebenfalls noch eine Randsportart und dadurch sehr
familiär. Es macht einfach Spaß.
Michael: Man ist total nah an der Weltspitze.
Wir haben bei den Europameisterschaften in Frankfurt ein hochkarätiges Feld,
darunter auch Weltmeister, die an den Start gehen. Man ist ganz dicht an den
Athleten dran, sieht ihre Fahrräder und ihr Equipment und wie sie ihren Sport
umsetzen. Dabei kann man einige Dinge für sich selbst mitnehmen, das ist
spannend. Zum anderen macht es großen Spaß, das Wettkampfgericht aufzustellen,
den ganzen Tag zu leiten, zu managen und die Leute zu fördern. Der Job ist
einfach unglaublich vielfältig und die Sportart Triathlon mit ihren Einzeldisziplinen
sehr komplex.
Gab es besondere Erlebnisse?
Marko: Ein Ereignis vor circa fünf Jahren werde ich nie
vergessen. Ich war bei einem Bundesligaspiel als Assistant eingeteilt. Wir
waren bereits zu zweit vor Ort, dann klingelte mein Telefon. Am anderen Ende
der Leitung war der Schiedsrichter-Obmann und sagte: „Der Hauptschiedsrichter
schafft es wahrscheinlich nicht und du musst jetzt das Spiel pfeifen!“ Ich habe
noch nie ein Bundesligaspiel gepfiffen. Entsprechend ist mir das Herz in die
Hose gerutscht, ich war extrem nervös und habe gezittert. Wir haben uns
besprochen – und dann kam zum Glück doch noch der Hauptschiedsrichter.
Michael: Ich hatte bei einem Wettkampf in
Fritzlar eine Zuschauerin, die mit ihrem Kinderbuggy ein Stromkabel aus dem
Verteilerkasten gerissen hat. Daraufhin ist der Zielbogen zusammengefallen, der
durch das Luftgebläse aufgeblasen war, und hat einen Teilnehmer unter sich
begraben.
Bernd: Bei einem Wettkampf ist das Licht ausgefallen, als gerade
ein Sportler in der Luft war. Dieser konnte glücklicherweise noch gut
abbremsen, sodass nichts passiert ist.