Motivation – Der Spaß am Ringen

Eine andere Sportart als Ringen, das war in der Familie von Dirk Zewetzki keine Option. Auch wenn sein Vater erst im Alter von 23 Jahren mit Ringen angefangen hatte, spielte Kampfsport ab diesem Zeitpunkt dafür aber eine umso größere Rolle in der Familie. Auch Dirks drei ältere Brüder kamen im frühen Kindesalter zum Ringen. Und so war vorprogrammiert, dass auch Klein-Dirk schon mit fünf Jahren in der Halle im Training stand. Bereits mit 17 Jahren war der heute 37-Jährige neben seiner aktiven Sportlerkarriere auch Trainer und Kampfrichter. Der dreifache Familienvater erklärt in der EvM-Redaktion die Sportart Ringen, die Position des Kampfrichters und warum Männer keinen Dreitagebart im Wettkampf tragen dürfen.

Dirk Zewetzki über…

… die Bezeichnung Kampfrichter: Im Ringen reden wir eher vom Kampfleiter, weil wir den Kampf leiten. Die Akteure führen ihre Aktionen durch und wir begleiten diese durch Punktewertungen.

… den Kampfrichterschein: Für die Lizenz zum Kampfrichter übt man zunächst einmal als Anwärter bei den kleinen Bezirksturnieren. Anschließend muss man eine Prüfung in Theorie und Praxis absolvieren, um den Kampfrichterschein zu erwerben. Für die Verlängerung müssen wir jährlich im Sommer eine Prüfung ablegen, die spezielle Fragen zu Turnierverfahren und Mannschaftskampfverfahren beinhaltet. [Ein Unterschied ist beispielsweise die reine Kampfzeit. Während die Jugendlichen beim Mannschaftskampfverfahren zwei Mal drei Minuten ringen, sind es bei Turnieren zwei Mal zwei Minuten; Anm. d. Red.]

… seine Position als Bezirksobmann: Ich habe mit 17 den Kampfrichterschein und mit 21 den Trainerschein gemacht. Mit 25 bin ich stellvertretender Bezirksobmann beim Hessischen Ringer-Verband geworden und mit 32 Jahren Bezirksobmann. Das Amt übe ich bis heute aus.

… die verschiedenen Gewichtsklassen: Die Anzahl der Gewichtsklassen und Kämpfe sind von Liga zu Liga unterschiedlich. In der Oberliga gibt es zehn Gewichtsklassen und Kämpfe pro Mannschaftskampf, in der Hessenliga neun, in der Landesliga und Verbandsliga nur acht. Für eine Mannschaft benötigt man mindestens einen Sportler in jeder Gewichtsklasse. Als Beispiel: Bei zehn Gewichtsklassen hat man theoretisch zehn Kämpfe. Wenn jetzt beide Mannschaften nur mit neun Athleten antreten und die eine Mannschaft kann die unterste und die andere die zweitunterste Gewichtsklasse nicht besetzen, hat man statt zehn nur noch acht Kämpfe. Wenn ein Verein zwei Gewichtsklassen nicht besetzen kann, geht der Kampf schon auf der Waage verloren.

… verschiedene Stilarten: Beim Ringen werden zwei Stilarten unterschieden: Es gibt zum einen den Freistil – hierbei gilt der gesamte Körper von der Fußsohle bis zum Scheitel als Angriffsfläche. Zum anderen gibt es Griechisch-Römisch. Bei diesem Stil darf nur der Körper von der Gürtellinie bis hin zum Scheitel angegriffen werden. Als Kampfrichter lernt man, beide Stilarten zu leiten.

… Diskussionen im Ringen: Wenn man einen Mannschaftskampf pfeift und sich ein Trainer an der Ecke die gesamten zehn Kämpfe über beschwert, dann ist es als Kampfrichter schwierig einzuschätzen, ob man richtige Entscheidungen getroffen hat oder nicht. Wenn man dagegen einen Trainer an der Ecke sitzen hat, der lediglich bei einem von zehn Kämpfen wie ein HB-Männchen hochgeht, dann weiß man, dass man einen Fehler gemacht hat. Deswegen versuche ich den Trainern zu sagen, dass sie sensibler und ruhiger bleiben sollten. Bei Turnieren kommt das aber eigentlich nur selten vor, Mannschaftskämpfe dagegen können schon mal hitziger sein, sodass dann Gelbe Karten verteilt werden müssen.

… Vorbereitung auf einen Mannschaftskampf: Der Obmann teilt die Kampfrichter ein und benachrichtigt uns, wann wir wo pfeifen. Anschließend informiere ich mich, welche Vereine gegeneinander kämpfen, in welcher Liga der Kampf stattfindet und welche Regularien es in dieser gibt. Es gibt zudem eine Wiegeliste, auf der die Ringer stehen. Auf dieser darf beispielsweise ein Name nur einmal erscheinen und es muss darauf stehen, ob es sich um einen Jugendlichen oder Senior handelt, denn ein Jugendlicher mit Übergewicht darf zwar gegen einen Senior mit gleichem Gewicht ringen, aber nicht um Punkte. Außerdem müssen die Lizenznummern richtig sein. Das sind alles Dinge, die ich mir nochmal durchlese. Wenn ich durch bin, wird die Liste unterschrieben und geht an das Listenbüro.

… die Besonderheiten während des Wiegens: Beim Wiegen wird kontrolliert, ob die Fingernägel der Sportler geschnitten sind. Wenn diese zu lang sind, kratzt man möglicherweise den Gegner. Bei den Senioren, die einen Dreitagebart haben, streiche ich noch einmal über die Wange. Ist diese rau wie Schmirgelpapier, ist es ebenfalls für den Gegner gefährlich. Dann muss der Sportler sich nochmal rasieren. Neben dem Gewicht des Sportlers wird auch geschaut, ob es Hautveränderungen gibt, damit sich niemand mit einem Ringerpilz ansteckt. Schmuck ist während eines Kampfes natürlich auch nicht erlaubt. Bei langen Haaren muss ich darauf achten, dass der Sportler einen Kopfschutz trägt.

… den Zeitaufwand: Da ich schon so lange dabei bin und viele Jahre selbst aktiv war, benötige ich maximal eine Stunde für die Vorbereitung zu Hause. Meistens werde ich im Odenwald oder im Spessart eingesetzt. Das sind für mich relativ kurze Anfahrtswege. Bei den Mannschaftskämpfen muss ich 10 bis 15 Minuten vor Wiegebeginn vor Ort sein. Wenn ein Wettkampf um 20 Uhr beginnt, ist um 19:30 Uhr Wiegebeginn, entsprechend bin ich circa um 19:15 Uhr anwesend. Die reine effektive Kampfzeit dauert bei den Senioren zwei Mal drei Minuten, durch Unterbrechungen kann eine Runde auch schon mal vier Minuten dauern. Insgesamt bin ich für einen Kampf etwa vier Stunden unterwegs, inklusive Vorbereitungszeit benötige ich zwischen vier und fünf Stunden.

… wichtige Eigenschaften: Der Kampfrichter muss alles im Blick haben und beobachten können – nicht nur die Sportler, sondern auch die Trainer. Wir müssen im Kopf reaktionsschnell sein, sportlich dagegen ist die Schnelligkeit weniger wichtig.

… die Motivation: Der Spaß am Sport (lacht). Vom Finanziellen her gibt es im Job nur eine Aufwandsentschädigung.