Mit
den Fingern sprechen lernen
Für
interessierte Mitglieder bieten Fanabteilung und Fanbetreuung seit diesem Jahr
einen Gebärdensprachkurs an. Vom neuen Angebot profitiert hat Dirk Dewald, der
gehörlose Menschen in ihrem Alltag unterstützen möchte.
Die Nummer 12, sie ist im Fußball eine symbolische Nummer. Der 12. Mann, das sind die Fans. Seit Jahren wird die Trikotnummer bei Eintracht Frankfurt nicht mehr an aktive Spieler vergeben. Stattdessen tragen diese Nummer die Fans auf dem Rücken. Ein imposantes Bild, dass sich am 19. Mai im Berliner Olympiastadion ergeben hat. Mittendrin dabei: Dirk Dewald, für den die Nummer 12 jedoch noch eine ganz andere Bedeutung besitzt, denn sie ist schlichtweg seine Teilnehmernummer.
„Ich möchte die Leute in ihrem Alltag unterstützen“
Dirk Dewald ist
einer von zwölf Mitgliedern, die am ersten Gebärdensprachkurs von Fanabteilung
und Fanbetreuung teilgenommen haben. Der Grund hinter seiner Nummer ist simpel:
„In der Gebärdensprache bestehen Namen aus typischen Eigenschaften. Wenn man in
einen Kurs mit neuen Leuten kommt, dann kann man nicht so schnell die richtigen
Bewegungen den Personen zuordnen. Eine Nummerierung der Teilnehmer vereinfacht
vieles“, fasst der 53-Jährige die pragmatischen Gründe zusammen. Der Kurs wird
in Zusammenarbeit mit der GeKom gGmbH, der Gesellschaft zur Förderung
Hörgeschädigter und von Kommunikation in Gebärdensprache, angeboten. In dem
vierzehnwöchigen Kurs hat Referentin Barbara Rott Grundlagen der
Gebärdensprache vermittelt, aufgrund der Coronapandemie in einer reinen Onlineveranstaltung.
Die Referentin ist selbst gehörlos, die Inhalte werden in Form einer
Präsentation vermittelt. Grundlegende Fragen werden über die Chatfunktion
geklärt, jeder Workshop findet komplett ohne verbale Sprache statt. Eine
wöchentliche Herausforderung für die Teilnehmenden.
Den ersten
intensiven Austausch mit Gehörlosen hat Dirk Dewald auf seinem Weg zur Arbeit
gefunden. Er wohnt in Mainz, vor der Coronapandemie hat er an der
Bushaltestelle regelmäßig Gehörlose getroffen. Mit Händen und Füßen habe man sich
wunderbar verständigen können, wie der gelernte Bürokaufmann seine ersten
Begegnungen beschreibt. Er musste nicht lange überlegen, als er das Angebot der
Eintracht gelesen hat: „Mich hat das extrem gereizt, diese Sprache zu lernen.
Ich möchte die Leute in ihrem Alltag unterstützen. Soziales Engagement ist ein
wichtiger Faktor in meinem Leben.“ Wie die Fans steht auch Eintracht Frankfurt
für Vielfalt, innerhalb des Vereins nimmt das Thema Inklusion einen großen
Stellenwert ein. Auch im Stadion sind gehörlose Menschen anzutreffen, der Kurs
soll einen aktiven Austausch ermöglichen. Bei Heimspielen ist Dirk Dewald in
Block 39 anzutreffen, seit Jahren besitzt er dort mit seinem Fanclub eine
Dauerkarte.
Das Fundament
der Gebärdensprache bildet das Fingeralphabet, das von den Teilnehmenden im
Laufe der Wochen erlernt worden ist. Die Koordination sei unfassbar schwierig,
„denn man muss seine normale Welt ausschalten, die Konzentration voll und ganz
auf seine Finger legen“. Das ist ein schwieriger Prozess, der Eintracht-Fan aus
Mainz sei nach jeder Sitzung ausgelaugt gewesen. Die Devise lautete
dranbleiben. Von Woche zu Woche funktionierte die Koordination besser. Dem
Fingeralphabet folgte ein Zugang zur Sprache auf spielerische Weise. In Form
von Zeichen wurde eine abgewandelte Form von stiller Post gespielt, bei dem die
jeweils andere Gruppe die Bedeutung erraten musste. Das Verständnis der Sprache
wurde nach und nach verinnerlicht, durch das Fingeralphabet konnten Bedeutungen
konstruiert werden. Dirk Dewald fasziniert die Kombination aus festgelegten
Handzeichen und freiem Reden: „Subjekt, Objekt, Prädikat, das gibt es nicht.
Die Kombination von festen Wortbedeutungen und freier Kommunikation ist
faszinierend.“
Den Abschluss des Kurses bildeten fußballspezifische Vokabeln, die den Teilnehmenden eine aktive Anwendung im Stadion ermöglichen. Trotz der großen Dankbarkeit für das Angebot muss sich der 53-Jährige jedoch auch eingestehen, die Arbeit dahinter bei der Anmeldung unterschätzt zu haben. Ohne regelmäßiges Üben würde er viele Inhalte wieder vergessen, vor allem bestimmte Buchstaben. Er stelle sich nach Abschluss des Kurses in seinen Gedanken weiterhin Wörter vor, die er im Anschluss in Gebärdensprache übersetzt. Trotz der intensiven Kurswochen geben ihm positive Erfahrungen im Alltag Kraft, die Gebärdensprache weiterhin aktiv anzuwenden „Die Menschen freuen sich, wenn bei der Gegenseite ein gewisses Interesse besteht. Das sind immer wieder tolle Begegnungen, aus denen ich unfassbar viel lernen kann“, fasst Dirk Dewald seine Erfahrungen zusammen. Auch im Stadion hat der 53-Jährige schon gehörlose Menschen getroffen, mit denen er dank des Kursangebots auf einer ganz anderen Ebene kommunizieren konnte. Eine Ebene, welche die Vielfalt von Eintracht Frankfurt unterstreicht und einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leistet.
Jetzt anmelden!
Aufgrund der
positiven Resonanz und der starken Nachfrage bieten Fanabteilung und
Fanbetreuung ab dem 14. Februar 2022 erneut zwei Gebärdensprachkurse an, die
Anmeldephase beginnt am 12. Dezember. Weitere Informationen zum Kursformat und
zur Anmeldung sind auf www.fanabteilung.de zu finden. Die Anmeldefrist endet am
Sonntag, den 16. Januar. Das Angebot richtet sich ausschließlich an Mitglieder
von Eintracht Frankfurt ab 18 Jahren (ausgenommen Fördermitglieder).