Glückwunsch, Palmengarten!
Wahnsinn, der Frankfurter Palmengarten wird dieses Jahr schon 150 Jahre alt! Die Feierlichkeiten mussten corona-bedingt heruntergefahren werden, aber derzeit ist im Palmengarten eine Ausstellung zur Geschichte der Anlage zu sehen. Wussten Sie eigentlich, dass der Palmengarten einst eine bedeutende Frankfurter Sportanlage war? Die Eintracht-Vorgänger haben im Palmengarten große Erfolge gefeiert. Und manchmal auch verloren …
Viele der Geschichten auf dieser Doppelseite stammen aus dem Büchlein „Palmengarten-Neugarten: Sport in der ‚Belle Époque‘ “. Das 110-seitige Buch mit vielen Abbildungen wurde von Peter Schermer, einem Fachmann für die Anfänge des Sports in Frankfurt, geschrieben. Es ist im Eintracht-Museum erhältlich und kostet 8,50 Euro.
Zu klein, zu kurz!
Ehrlich gesagt, sind die ersten Eintracht-Sporterinnerungen
an den Palmengarten nicht so schön. Am 23. Juli 1899 kickte die Victoria hier
gegen den FC Frankfurt 1880. Der Frankfurter Generalanzeiger wusste: „Der
Eingang zum Sportplatz für Nichtabonnenten des Palmengartens ist von der Villa
Leonardsbrunn.“ Die Fans, die über diesen Eingang kamen, sahen eine
0:2-Niederlage, wobei die Redaktion in Zeiten von Siegtreffern in der
Nachspielzeit anmerken möchte, dass das Spiel nur zweimal 35 Minuten dauerte.
Sonst hätten wir vermutlich in der 90. +4. Minute den Siegtreffer gemacht.
Seiʼs drum. Unser erster Captain und Vereinsvorsitzender Albert Pohlenk
analysierte im Spielberichtsbuch knallhart: „Der kleine fremde Platz
beeinflusste das Spiel, hauptsächlich trugen die beiden Baks Müller und
Birkner, welche nach Halftime große Fehler machten und fast ganz versagten,
viel Schuld, dass das Spiel mit 2:0 für Victoria verloren ging.“ Da haben
wirʼs, der Platz war auch noch zu klein. Ein berechtigter Vorwurf an die
Greenkeeper 1899!
Olympisches Flair
Von 1898 bis 1909 organisierte der Verband für Turnsport
jährlich große Sportfeste im Palmengarten, die ab 1904 „Große internationale
Olympische Spiele“ genannt wurden. Das war jetzt keine Sensation, die ersten
Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 erzeugten in ganz Europa eine Begeisterung
für „Olympia“. In vielen Städten wurden internationale Wettkämpfe kurzerhand zu
„Olympischen Spielen“. Die Eintracht-Vorgänger Kickers und Victoria waren bei
den Sportfesten im Palmengarten immer vertreten. Höhepunkt war in der Regel das
abschließende Tauziehen.
Weltmeister, Wimbledon, Wiesbaden
Nach dem Ersten Weltkrieg spielte Oskar Kreuzer für den
Frankfurter Tennisclub Palmengarten, der hier seine Plätze hatte. Immer wieder
traf Kreuzer auch auf die Tennisspieler der Eintracht. Die Besonderheit: Der
Multisportler hatte schon für die erste Mannschaft des Eintracht-Vorgängers
Kickers Fußballspiele absolviert. 1907 kickte Oskar gemeinsam mit seinen
Brüdern für die Kickers, 1911 wechselte er zum SV Wiesbaden. 1912 wurde Kreuzer
im Tennis Weltmeister im Doppel, bei den Olympischen Spielen in Stockholm holte
er Bronze und in Wimbledon erreichte er 1913 das Halbfinale. Oskar Kreuzer, der
mit dem SC 1880 auch vier Mal Deutscher Meister im Rugby wurde, starb 1968.
Keulen und Pyramiden
Die Turner aus dem Oeder Weg zogen am 18. August 1907 in den
Palmengarten-Neugarten. Da fand das Gaufest der Turnerschaft Frankfurt statt.
Pünktlich um 7.30 Uhr startete das Fest mit dem Sechskampf, dem um 8 Uhr der
Vierkampf „für jugendliche Turner“ und das „Wettfechten“ folgten. Nachmittags
gab es Freiübungen, Keulenübungen der Turner und Turnerinnen,
Gesellschaftsspiele, Wettspiele und „Pyramiden“.
Frankfurts beste Mannschaft
1909 und 1910 fanden die Deutschen Athletikmeisterschaften
im Palmengarten statt. Am 28. August 1910 konnten die Athleten der Frankfurter
Kickers keinen Titel gewinnen, da die Konkurrenz, vor allem aus Berlin, zu
stark war. Aber, und jetzt ein Zitat aus der Vereinszeitung: „Bei der
außerordentlich scharfen Concurrenz konnten sich unsere Mannschaften nicht
platzieren, doch endeten sie in sämtlichen Läufen vor der einheimischen
Gegnerschaft.“ Immerhin also waren wir „Frankfurts beste Mannschaft“!
Geplaudert und getrunken
Als die Hockeyabteilung 1956 ihren 50. Geburtstag feierte,
fand die akademische Feier in der Aula der Universität statt, der Jubiläumsball
im Gesellschaftshaus des Palmengartens. Der Ball war ein voller Erfolg: „Zu den
zündenden Rhythmen des immer wieder stürmisch gefeierten Tanzorchesters des
Hessischen Rundfunks schwang jung und alt das Tanzbein. Es wurde geplaudert und
getrunken, im Saal oder in der meist überfüllten Bar bei der außerdem
verpflichteten Kapelle ‚Schnelle‘ “, berichteten die Eintracht-Hefte.
Faustschlag
Na, und dann fanden in den 1980er Jahren auch die
Jahreshauptversammlungen des Vereins im Palmengarten statt. In Erinnerung blieb
vor allem die Sitzung vom 14. November 1988. Gegen 21 Uhr begann in der
turbulenten Veranstaltung der Tagesordnungspunkt 5, „Aussprache über die
Berichte“. Als achter Redner trat Karlheinz J., bewaffnet mit einem Glas Bier,
ans Podium und begann seine Rede über Knispel, Gramlich, Detari, Eishockey und
den „Prinz von Grenada“. Nach mehrfacher Ermahnung wollte Saalordner Freddy W.
den Redner vom Podium verweisen, worauf dieser Freddy mittels Faustschlag in
die hinter dem Rednerpult positionierte Palme (wie passend) beförderte. Dieser
„Faustschlag“ sorgte für ungewollte Reichweite. Er brachte die SGE und damit
auch den Palmengarten sogar ins ZDF heute journal.
Die EvM-Redaktion und die Kollegen aus dem Museum
bilanzieren: Nicht alles war schön im schönen Palmengarten. Trotzdem
Glückwunsch zum 150. Geburtstag