„Ich bin ein Fußball-Nerd“

Jan Aage Fjörtoft über zehn Tage in Schottland und darüber, was er mit diesem Land verbindet.

Jan Aage, Weihnachten und Silvester liegt hinter uns. Du warst in Schottland, und deine Posts auf deinem Twitter-Account sehen sehr spannend aus. Was hast du dort gemacht?
Es war bereits das dritte Jahr hintereinander, dass wir die Feiertage in Schottland verbracht haben. Mein Sohn spielt aktuell in der Zweiten schottischen Liga und war auch am Boxing Day gefordert. Darum macht es Sinn, dass wir uns quasi bei ihm treffen. Der Ablauf ist immer der gleiche: Erst sind wir nur mit der Familie ein paar Tage in Edinburgh. Eine schöne, abenteuerliche Stadt, die vor allem um Weihnachten herum wundervoll aussieht. Auch in Deutschland kennen vermutlich viele die Umgebung dieser Stadt, denn hier hat J. K. Rowling sich zu „Harry Potter“ inspirieren lassen, da entstanden auch die Bücher. Jedenfalls treffen wir uns dort zuerst nur im engsten Familienkreis, bevor wir etwas außerhalb ein Haus mieten und dann auch einige Freunde dazustoßen. Wie man sehen konnte, hast du auch ein wenig Fußball-Sightseeing gemacht und dir ein Hotel namens „Seamill Hydro“ angeschaut. 

Was macht diesen Ort für den schottischen Fußball so besonders?
Dass ich dort war, habe ich einem schottischen Freund zu verdanken, der mich während meines Aufenthalts anrief. Er sagte mir, dass die Anlage nur 20 Minuten von meinem Aufenthaltsort entfernt wäre. Dieses Hotel an der Küste ist der Ort, an dem Trainer Jock Stein sich mit Celtic auf das Endspiel im Europapokal 1967 vorbereitet hat. Die Mannschaft sollte später als „Lisbon Lions“ in die Geschichte eingehen. Ich interessiere mich sehr für Fußballgeschichte, also musste ich unbedingt dorthin, als ich hörte, dass es in der Nähe liegt. Darüber habe ich auch ein kleines Video gemacht, das schnell 300.000 Views hatte und wahnsinnig viele Reaktionen auslöste. Mit meinem Interesse an solchen Themen bin ich also offensichtlich nicht allein. Ich habe dann noch erfahren, dass noch mal 15 Minuten entfernt die Statue eines Celtic-Spielers steht, aber da hat meine Frau mir dann klargemacht, dass ich es nicht übertreiben soll (lacht). 

„Schottland ist fast wie eine zweite Heimat“ 

Du hast auch eine persönliche Verbindung zum Celtic Football Club.
Ja, denn eine Celtic-Legende von damals war für meine Karriere extrem wichtig. David Hay war zunächst mein Trainer bei Lilleström in Norwegen und hat mich dann nach meiner Zeit bei Rapid Wien zu Swindon Town in die Premier League geholt. Ich habe auch sonst schon immer einen gewissen Bezug zu Celtic, sie haben eine tolle Historie und was oft vergessen wird: Durch den Sieg im Finale im Europapokal der Landesmeister gegen Inter Mailand waren sie auch der erste britische Klub überhaupt, der einen Europapokal gewonnen hat. Noch vor Manchester United mit George Best und Sir Bobby Charlton, denen das erst ein Jahr später gelang. 

Diesen Ausflug hätte wohl nicht jeder Fußballfan gemacht. Würdest du dich selbst als Fußball-Nerd bezeichnen?
Ich glaube schon, ja. Ich mache verschiedene Dinge in meinem Berufsleben, aber ein Drittel davon hat direkt mit Fußball zu tun. Das ist auch Arbeit und wenn ich als Field-Reporter im Einsatz bin, will ich natürlich auch vorbereitet und professionell sein. In der zweiten Januar-Woche hießen meine Stationen London, Liverpool und Dortmund. Natürlich ist das cool und es macht Spaß, ständig die besten Mannschaften zu sehen. Je älter ich werde, desto mehr suche ich aber vor allem nach den Geschichten im Fußball. Als ich kürzlich an einem Wochenende nicht unterwegs war, habe ich mir stattdessen zu Hause fünf oder sechs FA-Cup Spiele angeschaut. Da hat zum Beispiel Cambridge sensationell gegen Newcastle gewonnen und Nottingham Forest, auch ein Klub mit großer Geschichte, hat Arsenal eliminiert. Ich bin nicht komplett auf allen Gebieten im Fußball „nerdy“, aber ein paar Bereiche gibt es da tatsächlich schon. 

Relativ am Ende deines Ausflugs hat man ein Bild von dir gesehen, das dich in einem Kilt zeigt. Wie viel „Braveheart“ steckt in dir?
Schottland ist ja - nur getrennt durch die Nordsee - ein Nachbarland von Norwegen und ich bin auch an der Küste geboren. Mein Vater war Seemann und fuhr als Kapitän regelmäßig zwischen Stavanger und Aberdeen hin und her. Darum war auch mein erstes Trikot überhaupt eines von Aberdeen, das er mir von einer seiner Überfahrten mitgebracht hat. Zu der Zeit war Alex Ferguson Trainer beim FC Aberdeen und hat sensationell den UEFA-Cup gewonnen. Ich hatte also schon früh diesen Klub im Auge. Als ich später zu Rapid Wien gewechselt bin, habe ich dort mein erstes Europapokalspiel gemacht – gegen den FC Aberdeen. Auswärts haben wir 1:2 verloren, das Rückspiel aber durch ein Tor von mir 1:0 gewonnen und waren damit eine Runde weiter. Für Norwegen wiederum habe ich mein zweites Länderspieltor gegen Schottland erzielt. Irgendwie habe ich eine besondere Beziehung zu diesem Land und liebe es fast wie eine zweite Heimat, denn es ist Norwegen nicht nur von der Natur her sehr ähnlich. Ich hatte immer einige schottische Freunde, zudem spielt auch noch mein Sohn Markus aktuell in Schottland bei Ayr United. Der Kilt war somit im Grunde längst überfällig (lacht). 

Interview: Markus Rutten 

Jan Aage Fjörtoft, 55, hat die Eintracht 1999 zum Klassenerhalt geschossen und genießt bei den Fans nicht nur daher Kultstatus. Er ist ein fußballerischer Weltenbummler, meinungsstark, immer auf dem Laufenden, ein gefragter Experte und nicht zuletzt unserer Eintracht nach wie vor tief verbunden. Das sind Gründe genug für eine regelmäßige Interview-Kolumne mit dem Norweger.