Der Roh-Diant

„Ich bin sehr glücklich, dass wir mit Diant ein absolutes Toptalent aus dem deutschen Torwartnachwuchs für uns gewinnen konnten.“ Sagt Jan Zimmermann im Mai des vergangenen Jahres, als Eintracht Frankfurt den Wechsel von Diant Ramaj vom Zweitligisten 1. FC Heidenheim 1846 an den Main bekanntgibt. Der Torwarttrainer ist überzeugt von den Qualitäten Ramajs, der sozusagen ein Rohdiamant ist, den er zu einem Top-Torhüter schleifen möchte. Der mittlerweile 20-Jährige zahlt mit viel Fleiß, Ehrgeiz und Disziplin zurück, aktuell hat ihn jedoch eine Verletzung am Meniskus im linken Knie ausgebremst. 37 Tage nach der Operation besuchen EintrachtTV und die „Eintracht vom Main“ den gebürtigen Stuttgarter in seiner Heimat, wo er die Reha absolviert. Eine gute Gelegenheit, mit Ramaj nicht nur über die aktuelle Situation, sondern auch über seine Kindheit zu sprechen und Familienmitglieder zu treffen. Am Bolzplatz, wo er früher von morgens bis abends kickte, kommt es zu einem überraschenden Treffen.

Interview: Lars Weingärtner
Reportage: Michael Wiener
Fotos: Ansgar Wörner

„Hey Diant, wie geht’s dir? Wie hat dein Knie auf die Belastung gestern reagiert?“ Es ist der 37. Tag nach der Operation am Außenmeniskus, Diant Ramaj hat auf der Behandlungsliege Platz genommen. Max Bader, sein Physiotherapeut, möchte zunächst wissen, wie es um Diant und sein Knie steht, bevor der nächste Tag mit Rehabilitationsmaßnahmen startet. „Mir geht’s gut, ich habe gestern alles gut vertragen“, antwortet er. Im Schatten der Stuttgarter Mercedes-Benz Arena absolviert der Torhüter die Reha. Ramaj ist in der schwäbischen Metropole geboren, in Bad Cannstatt aufgewachsen, seine Familie lebt noch heute hier. Vater Dukagjin hat acht Geschwister, alle leben oder lebten schon in Deutschland, sie kamen in den 1990er Jahren als Flüchtlinge aus dem Kosovo. Der junge Torhüter kann aktuell die Zeit nutzen, um sich „im Hotel Mama etwas verwöhnen zu lassen“, mehr Zeit als gewöhnlich mit Freundin und Familie verbringen. Wohlfühlatmosphäre also, um ein großes Ziel wieder zu erreichen: In der Fußballbundesliga auf dem Platz zu stehen. Das durfte der frühere Juniorennationaltorhüter erstmals Anfang Januar, als Kevin Trapp Corona-bedingt passen musste. Kurz danach wurden seine Schmerzen am Außenmeniskus größer, ein operativer Eingriff wurde notwendig. „Die Schwellung ist nun raus, seit gut einer Woche ist das Knie für die Bewegung freigegeben. Jetzt geht es wieder an Aktivität und Muskelaufbau“, erklärt Bader, während er Diants Knie bearbeitet. Der junge Torwart ist nicht zum ersten Mal hier, vor zwei Jahren hat ihn eine Verletzung am rechten Knie fast eine ganze Saison gekostet.

Diant, du hast nun schon einige Wochen Reha hinter dir. Das ist sicherlich eine Zeit, die hart für einen Sportler ist, wenn man sich nach einer Verletzung wieder auf sein Niveau zurückkämpfen muss. Wie sehr leidest du momentan?
Die Phase am Anfang, in der ich nur zu Hause war und nichts machen durfte, war sehr schwierig. Wenn ich nicht auf dem Platz stehen kann, habe ich Zeit, an anderen Sachen zu arbeiten und etwas für meinen Kopf tun. Jan Zimmermann, mein Torwarttrainer, hat mir ein Buch zugeschickt, das ich lesen und von dem ich ihm bei meiner Rückkehr nach Frankfurt berichten soll. 

Wie sieht der generelle Zeitplan bei dir aus?
Wir haben zunächst vereinbart, dass ich die ersten sechs Wochen in Stuttgart in der Reha bleibe und nach dem Kontrolltermin in München zurück nach Frankfurt komme. Dort werde ich dann dosiert hereinstarten. Je nach Heilungsverlauf werde ich die Belastung hochfahren, bis ich irgendwann wieder auf dem Platz stehen kann.

„Jan Zimmermann hat mir ein Buch zugeschickt, das ich lesen und vom dem ich bei meiner Rückkehr nach Frankfurt berichten soll“

Nach rund einer Stunde auf der Liege steht für Diant ein paar Meter weiter das Aufbautraining an. Es ist ein sonniger Tag, Temperaturen um 15 Grad bieten eine gute Gelegenheit, die nächste Stunde im Freien zu verbringen. Diant geht durch den Kraftraum hinaus in den Außenbereich, legt seine Matte auf den Boden, dreht die Musikbox auf und absolviert einige Stabilisationsübungen. „Wie war die Stimmung in Sevilla? Hat Kostic den wirklich so gewollt?“ Natürlich ist das nur wenige Tage zurückliegende Eintracht-Spiel in der UEFA Europa League auch Thema im Gespräch mit den Besuchern aus dem Herzen von Europa, von denen einige am Vortag noch in Andalusien weilten. Diant ist gut drauf, lacht viel, nimmt in den Pausen gerne mal einen Ball in die Hand und versucht ihn mittels eines scharfen Abwurfs aus rund zehn Metern durch einen Ring mit etwa einem halben Meter Durchmesser zu werfen. Das klappt beim ersten Mal nicht. „Der Vorführeffekt ... Ich treffe immer“, scherzt er und setzt zum nächsten Versuch an. Treffer. Weiter geht’s später mit Deuserbändern, einer Slashpipe und einer Langhantel. Marco Rehklau ist an seiner Seite. „Achte auf deine Bewegung. Wie wenn du über eine Hürde steigst“, rät er, während Diant den vor ihm aufgestellten Spiegel nutzt, um die Übung sauber durchzuführen.

„Durch das Krafttraining und die gute Ernährung habe ich nach meiner Ankunft in Frankfurt in kürzester Zeit sechs Kilo Muskelmasse zugenommen. Das wirkt sich auf dem Platz aus“

Der Kraftraum allgemein ist für den Fußball zum ständigen Begleiter geworden. Nicht nur in der Reha, sondern auch im Alltag. Jens Grahl, Kevin Trapp und du seid regelmäßig im Gym zugange.
Ich würde fast sagen, dass es ohne Kraftraum vor dem Training oder den Spielen bei mir fast gar nicht geht. Ich nutze das, um Spannung aufzubauen, bevor ich auf den Platz gehe. Als ich nach Frankfurt gekommen bin, war ich mit 76 Kilo ein ganz dünnes Ding. Durch das Krafttraining und die gute Ernährung habe ich in kürzester Zeit sechs Kilo Muskelmasse zugelegt. Das wirkt sich auf dem Platz aus, wenn man hinten stabil steht und die Bälle sicher fängt. 

Über Instagram gibst du deinen Fans Einblicke in das Training. Teilweise sieht man auch Turnelemente. Wie kommt es dazu?
Kevin hat mit Muscle Hub [Fitness-Community; Anm. d. Red.] angefangen und mich dazugenommen. Ich meinte zu ihm: Was du kannst, kann ich schon lange (schmunzelt). Da haben wir uns ein bisschen ausgetobt. An den Ringen bin ich mittlerweile ganz gut. Es ist gar nicht so schwer, wenn man die Technik verstanden hat. 

Wen sehen wir bald bei den Olympischen Spielen im Turnen?
Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kevin und mir. 

Die zweite Stunde ist nun vorbei. Diant packt seine Sachen zusammen, verschwindet kurz in der Umkleide und kommt mit Badehose bekleidet nach ein paar Minuten wieder. „Jetzt geht’s zehn Minuten ins Becken“, sagt er und geht in die nächste Tür hinein. Sein Trainer Max erklärt: „Das hebt den Stoffwechsel an, durch den Wasserwiderstand haben wir hier eine regenerative Wirkung.“ Danach geht’s kurz unter die Dusche – und anschließend in den nächsten Raum. Hier wartet der Lymphomat. „Nochmal zehn Minuten, dann sind wir durch“, frohlockt Diant, während sich die Kammern mit Luft füllen. Der Lymphomat soll Thrombose vorbeugen und die Regeneration beschleunigen, außerdem Schwellungen rausdrücken. „So, das war’s mit der Reha. Fertig für heute. Morgen geht’s weiter“, sagt Diant, als er seine schwarze Tasche schultert und die Räumlichkeiten verlässt. „Lasst uns Mittagessen gehen.“ Diant steigt ins Auto und steuert eine Tiefgarage in der Innenstadt an. „Wir treffen dort noch meinen Bruder und meine Cousins.“ Im Stuttgarter Zentrum ist an diesem frühen Nachmittag viel los. Auf dem Schlossplatz, einer großen Freifläche mit einigen Grünstreifen, haben es sich viele Sonnenanbeter, teils mit, teils ohne Decke, gemütlich gemacht, jede Bank ist besetzt. In den umliegenden Cafés und Bars sind viele Plätze an der frischen Luft belegt. Das Wetter lädt zum Verweilen ein. Diants Bruder Dijon und seine Cousins Mergon, Drilon und Dritlind stoßen dazu. Das Verhältnis ist innig, aber dazu später mehr. „Wir gehen ins Vapiano. Dort esse ich gerne“, gibt Diant die Richtung vor. Vom Schlossplatz aus sind es nur wenige Meter durch eine Einkaufsstraße, an der nördlichstem Ende das bekannte Unternehmen eine Filiale betreibt. Diant bestellt wie gewohnt seine Lieblingsspeise: Dinkel-Fusilli mit Garnelen und Spinat, gewürzt mit Knoblauch und Chili. Kurz zuvor, in der Mittagssonne auf dem Schlossplatz, haben wir mit Diant über das Torhütertrio bei der Eintracht gesprochen. Kevin Trapp (31), Jens Grahl (33) und Ramaj gehören dazu und werden von Jan Zimmermann (36) angeleitet, den Grahl kürzlich im Interview mit der „Eintracht vom Main“ als „akribischsten Torwarttrainer, unter dem ich jemals trainiert habe“, bezeichnet hat.

Die Beziehung zwischen Kevin, Jenson und dir ist schon eine spezielle, oder?
Allgemein ist die Gruppe der Torhüter immer etwas speziell, ein Team im Team. Dazu gehören auch Jan Zimmermann und Martin Spohrer, der uns als Athletiktrainer betreut. So einen Zusammenhalt sieht man nicht alle Tage, sei es auf dem Platz, sei es außerhalb. Wir versuchen immer, uns gegenseitig zu helfen, und sind immer korrekt zueinander. Jenson kommt auch aus Cannstatt, das verbindet. Respekt an Jan, wie er dieses Team zusammengestellt hat. 

Was kannst du von Kevin Trapp und Jens Grahl lernen?
Eine Menge. Beide sind über zehn Jahre älter als ich, das ist fast eine Sportlergeneration. Ich kann von beiden viel mitnehmen, sportlich wie menschlich. Ihre Erfahrung, die sie natürlich mit über 30 schon haben, ist unbezahlbar. In der Kabine sitze ich neben Jenson.

„Respekt an Jan, wie er dieses Team zusammengestellt hat“ 

Wie hat dich Jan Zimmermann bislang vorangebracht?
Als ich den ersten Trainingsplan gesehen habe, war ich erstaunt, wie viele Laufeinheiten draufstanden. Ich dachte: Mensch, du bist doch Torhüter, wie kann das sein? Aber ich habe gelernt, dass es hilft. Vielleicht habe ich sogar meine Liebe zum Laufen durch Jan entdeckt (schmunzelt). Klar ist, dass er mich auch in meinem Torwartspiel weiterentwickelt hat. Jan arbeitet unglaublich akribisch und weiß, wie er mit einem jungen Torhüter umgehen muss. Er ist streng, aber das ist zielführend. Er hat mich auch optimal auf meinen Einsatz gegen Augsburg vorbereitet. Ich hätte in meinem ersten Bundesligaspiel nicht so gut auftreten können, wenn er mich nicht so top eingestellt hätte. Dank ihm war ich fit und bereit. 

Frisch gestärkt folgt nun die Reise in die Vergangenheit. „Ich zeige euch den Platz, die Gegend, wo ich aufgewachsen bin und auch heute noch wohne, wenn ich in Stuttgart bin“, sagt Diant. Rund zehn Autominuten vom Zentrum entfernt geht’s nach Bad Cannstatt, den größten und ältesten Stadtbezirk Stuttgarts. Der Neckar schlängelt sich hier in nördlicher Richtung durch Stuttgart und wird von einem beeindruckenden Eisenbahnviadukt in 30 Metern Höhe überspannt. Hier, unweit des Kurparks direkt am Neckar, haben im Wohngebiet einige kleinere Unternehmen ihren Sitz. Direkt am Ufer befindet sich eine Grünanlage. Nördlich beginnend mit Fußball- und Tennisfeldern mit Vereinsheimen, es folgen Bolz- und Bouleplätze, ehe im südlichen Teil ein Wiesenstück in einen Spielplatz übergeht. Die fünf Jungs fühlen sich sofort wohl, kommen ins Plaudern, erzählen Geschichten und Anekdoten von früher. Sie kennen hier jeden Quadratmeter, jedes Versteck im Gebüsch, jede Unebenheit auf dem Kiesplatz, auf dem sie sich früher unzählige Schürfwunden geholt haben. Das Elternhaus befindet sich nur einen Steinwurf entfernt. „Wenn die Mutter etwas von uns wollte, hat sie nur aus dem Fenster gerufen“, erinnert sich Diant. Das Sportgelände, auf dem heute ein moderner Kunstrasenplatz das Herzstück bildet, beheimatet die Spvgg 1897 Cannstatt, den ersten Verein von Diant und seinem drei Jahre älteren Bruder Dijon. Dieser hat in der Jugend ebenso wie Diant bei den Stuttgarter Kickers und dem VfB Stuttgart gespielt, kam in einigen U-Nationalmannschaften zum Einsatz, ist jedoch nach einem Intermezzo beim Regionalligisten VfR Aalen aktuell vereinslos. Das Elternhaus auf der anderen Straßenseite ist fest in Ramajs Hand, seitdem Diants Vater und einige seiner Geschwister nach Deutschland kamen. Bis zu 20 Familienmitglieder lebten in den drei Stockwerken, Diants Bruder und Cousins waren immer an seiner Seite, sie verbrachten und verbringen jede freie Minute miteinander. Heute wohnen Diant und Dijon mit ihren Freundinnen im obersten Stockwerk des Hauses. Beim Spaziergang durch die Grünanlage berichten Diant, sein Bruder und der älteste Cousin Mergon (27), wie sich der Tag früher abgespielt hat.

Diant, wie ist es, auf „deinem“ alten Bolzplatz zu stehen?
Diant: Natürlich kommen Erinnerungen hoch. Wir waren den ganzen Tag zusammen und haben uns alles geteilt. Das war auf jeden Fall eine geile Zeit. Jetzt habe ich mein Bundesligadebüt für die Eintracht gegeben. Das ist das, wovon wir als kleine Kinder immer geträumt haben, als wir hier tagtäglich gekickt haben. Dass es so gekommen ist, hätte ich nicht gedacht. Dafür haben wir auch gearbeitet. 

Mergon: Wir haben frühen Nachmittag, die Sonne scheint, es ist nicht kalt. Aber es ist kaum jemand da, das war früher anders. Da war hier die Hölle los. Die Kinder aus dem ganzen Viertel waren da, alle haben gekickt, es gab nicht viel mehr. Wir waren im Kindergarten oder in der Schule – und hier. Nach Hause sind wir nur zum Essen.

Diant: Wir sind nach der Schule einfach raus. Keiner hat irgendwo geklingelt, es gab noch keine Handys. Wir haben uns auf dem Platz getroffen und los ging’s. Ich weiß noch genau, wo wir immer unsere Taschen abgelegt haben. Dann haben wir gekickt, bis es dunkel wurde.

Wie oft waren die Knie abends aufgeschürft?
Diant: Das musst du meine Mutter fragen. 

Dijon: Bei Diant öfters, auch die Hände. Aber er hat nie geweint.

Diant kann also einstecken?
Dijon: Ja, auf jeden Fall. 

Mergon:Unsere Siegquote war nicht schlecht, würde ich sagen.

„Diant hat sich natürlich auch viel von uns Älteren angeschaut und den einen oder anderen auch getunnelt. Dafür wurde er dann mit viel Körpereinsatz bestraft. Das war die Härte, die ihm die Angst genommen hat“ Cousin Mergon Ramaj

Wir haben gegen Augsburg, aber auch in den Testspielen zuvor gesehen, dass du fußballerisch für einen Torhüter stark bist. Hast du dir diese Stärke am Ball damals auf dem Feld gegen deine Cousins und deinen Bruder geholt?
Diant: Auf jeden Fall. Ich habe früher immer auf dem Feld gespielt. Mein Cousin hat mich immer zu den Älteren mitgenommen. Er kann dazu sicherlich einige Anekdoten erzählen. 

Mergon: Wenn die Schule aus war, bin ich zu Diants Kindergarten gelaufen. Dort saß er häufiger auf dem Strafstuhl (schmunzelt). Ich habe ihn abgeholt, danach sind wir kurz nach Hause, haben unsere Rucksäcke abgelegt und uns umgezogen. Die Hausaufgaben waren erstmal Nebensache. Alle, die bei uns im Block gewohnt haben, waren auf dem Platz. Er war schon immer frech, aber auch ehrgeizig. Man hat früh gemerkt, dass er mit dem Ball umgehen kann. Er hat sich natürlich auch viel von uns Älteren abgeschaut und den einen oder anderen auch getunnelt. Dafür wurde er mit viel Körpereinsatz bestraft. Das war die Härte, die ihm die Angst genommen hat. Er war drei, fünf, sieben Jahre jünger als die anderen, hat aber mitgehalten.

Und wenn dann Vereinstraining war, seid ihr einfach rüber auf den Kunstrasenplatz.
Diant:
Genau. Hier haben wir angefangen. Das war sehr praktisch. Unser Vater war unser Trainer und seine Arbeitsstelle ist auch hier um die Ecke. Er kam immer direkt von der Arbeit auf den Platz. 

War er streng?
Dijon: Zu uns schon, zu den Mitspielern nicht so. 

Diant und Dijon, habt ihr in einer Mannschaft gespielt?
Diant: Ich habe bei den Älteren mitgespielt, in der Mannschaft von meinem Bruder. Er ist drei Jahre älter. Das macht schon viel aus, da musstest du dich durchsetzen können. 

Dijon: Diant hat das gut gemacht. Das war die Schule fürs Fußballleben heute.

Genau in diesem Moment, als die Gruppe auf dem Bolzplatz steht, kommt Vater Dukagjin Ramaj die Straße heruntergelaufen. Die Jungs rufen nach ihm.

Diant: So war es früher. Unser Vater kommt von der Arbeit und trainiert uns. Stahlkappenschuhe, Arbeitshose, Shirt vom Arbeitgeber. Dann ab ins Vereinstraining und danach wieder auf den Kiesplatz. 

Wie stolz ist der Papa?
Dukagjin: Unglaublich stolz. Wir sind sehr glücklich, dass es Diant bis zu einem Bundesligaverein geschafft hat. Das hat er sich hier erarbeitet, genau wo wir jetzt stehen.

Der Papa hat nicht viel Zeit, die Arbeit ruft. Doch wie ist der Weg gewesen vom Bolzplatz in Cannstatt bis zum Bundesligadebüt für Eintracht Frankfurt Anfang Januar 2022 gegen Augsburg, bei dem Ramaj insbesondere durch seine technischen Fähigkeiten, die schnelle Spieleröffnung und gutes Stellungsspiel überzeugen konnte?

„Ich hatte einfach keinen Bock zu laufen und bin daraufhin ins Tor“ 

Du warst gut am Ball früher, bist das natürlich heute auch noch. Wie kam es, dass du Torwart geworden bist?
Ich hatte einfach keinen Bock zu laufen und bin daraufhin ins Tor. Ich hatte ein Probetraining bei der U11 des VfB Stuttgart, habe mir dort einfach die Handschuhe genommen und mich ins Tor gestellt. Ich bin wie ein kleines Kind hin- und hergesprungen und habe jeden Ball gehalten. Die Trainer haben das Potenzial gesehen. Daraufhin hat mich der VfB zum Torwart ausgebildet. 

Nach der VfB-Zeit folgten drei Jahre bei den Stuttgarter Kickers, ehe du 2018 zur U19 nach Heidenheim gewechselt bist. Seit knapp einem Jahr spielst du bei der Eintracht. Bist du das erste Mal so richtig weg von zu Hause, weil Heidenheim nur etwas mehr als eine Autostunde von Stuttgart entfernt ist?
Ich habe schon in Heidenheim alleine gewohnt. Ob ich eine oder wie jetzt rund zwei Stunden nach Hause fahre, macht keinen großen Unterschied. Mittlerweile ist das normal für mich. Die Verbindung von Frankfurt nach Stuttgart ist auch gut. 

Wie gefällt dir Frankfurt?
Sehr gut. Ich vermisse es auch aktuell sehr, in Frankfurt zu sein. Die Skyline ist etwas Einzigartiges in Deutschland. 

Du hast auch die kosovarische Staatsbürgerschaft, deine Familie kommt von dort. Wie ist deine Verbindung heute?
Meine Oma und die Brüder meines Vaters leben noch dort. Einmal im Jahr besuche ich sie alle. 

Du hast für Deutschland in den U-Nationalmannschaften gespielt. Noch ist ein Wechsel zum Kosovo möglich, da du noch kein A-Länderspiel gemacht hast. Sind das Gedanken, die du dir machst?
Nein, aktuell nicht. Ich möchte erstmal nach der Verletzung wieder zurückkommen und meine Leistung auf dem Platz zeigen. 

Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Grundsätzlich denke ich immer ganz groß. Ich möchte in der Bundesliga Stammtorhüter werden. Im nächsten Schritt ist es ein Traum von mir, in der Champions League zu spielen.