Eine von uns - Felicitas Gaigl
Unverhofft kommt oft
Den größten
Teil ihrer Jugendzeit spielte Felicitas Gaigl für den Eishockey-Nachwuchs der
Löwen Frankfurt. Vor zwei Jahren folgte dann der Wechsel zu Eintracht
Frankfurt. Nur wenige Monate nachdem sie erstmals gemeinsam mit dem Team
trainieren konnte, stand sie schon im Tor der Hessenliga-Mannschaft.
Ausgerechnet gegen ihren ehemaligen Verein
Text: Yann
Ruppersberg
Unverhofft
kommt oft – was im ersten Moment wie eine abgedroschene Floskel wirkt, bewahrheitet
sich im Endeffekt doch immer wieder. So auch für die junge Eishockey-Torhüterin
Felicitas Gaigl. Im Juli 2020 wechselte die gebürtige Frankfurterin von den
Löwen Frankfurt zu den Adlerträgern und musste sich zunächst gedulden. Aufgrund
der Coronapandemie dauerte es bis zum April 2021, bis sie erstmals zu dem Team
dazustieß. Seitdem trainierte und spielte sie in erster Linie für die
LandesligaMannschaft der Adlerträger, doch Mitte Februar 2022 kam es zu einer
Ausnahme. „Aufgrund von Corona und Verletzungen sind alle Torhüter der
Hessenliga-Mannschaft plötzlich ausgefallen. Mein Trainer hat mich dann morgens
Im Training gefragt, ob ich aushelfen könnte, weil man das Spiel sonst hätte
absagen müssen“, erklärt die angehende operationstechnische Assistentin.
Plötzlich ergab sich für die damals noch 19-Jährige die Möglichkeit, ihr Debüt
in der Hessenliga zu feiern – ausgerechnet gegen die Löwen Frankfurt II, bei
dem Verein, in dem ihre Eishockey-Karriere überhaupt erst startete.
„Als ich
etwa elf Jahre alt war, hat mein Onkel in seiner Firma drei Karten für ein
Eishockeyspiel der Löwen gewonnen. Wir sind hingegangen und haben uns die
Partie angeschaut. Danach haben wir uns noch ein Spiel und noch ein Spiel
angesehen und irgendwann einfach eine Dauerkarte gekauft“, schildert Felicitas, wie sich ihre
Liebe zum Eishockey entwickelte. Ihre Karriere auf dem Eis begann bei den Löwen
Frankfurt, für die sie bis zum Frühjahr 2020 spielte, bevor der Wechsel zur
Eintracht erfolgte. „Für den Wechsel gab es mehrere Gründe. Zum einen würde
ich eigentlich noch in der U20 spielen. Das hat aber zeitlich mit meiner
Ausbildung nicht funktioniert und außerdem habe ich den Eindruck, dass ich mit
Erwachsenen etwas besser klarkomme. Hier bei der Eintracht gibt es feste
Trainingszeiten, die auch recht spät sind, daher war der Wechsel ideal“,
erklärt die Torhüterin.
Ein Aspekt, der
Felicitas seit jeher begleitet, ist der, dass nur wenige Mädchen Eishockey
spielen und der Sport eher unter Jungs verbreitet ist. So begann Felicitas auch
zunächst, Inlinehockey zu spielen, bevor sie sich auf das Eis begab. Auch heute
hat sich an dieser Situation kaum etwas verändert. In jedem Team, in dem sie
bislang spielte, sind die Jungs beziehungsweise Männer in der klaren Überzahl
gewesen, doch mit der Zeit kommt auch die Routine: „Das ist mittlerweile zur
Gewohnheit geworden. Ich fühle mich auch als einzige Frau sehr wohl in dem Team
und merke das eigentlich gar nicht mehr“, beschreibt Felicitas. Auch in den
Zeiten, in denen sie mal eine oder mehrere Mannschaftskolleginnen in ihrem Team
hatte, habe man diesen Faktor nicht sonderlich beachtet.
Einen Vorteil
sieht die mittlerweile 20-Jährige aber auch in ihrer Position. „Im Tor hat
man es etwas leichter, denn als Spieler muss man körperlich dagegenhalten können.
Gerade Bodychecks sind als Frau schwieriger.“ Stattdessen fällt der
körperliche Aspekt als Torhüterin weg, zumal Felicitas die Defizite im
physischen Bereich durch Geschwindigkeit und Reaktion wettmachen kann. Demnach
gab es auch keine besonderen Momente, in denen Felicitas den Eindruck hatte,
sich in dem Konkurrenzkampf zwischen den Männern besonders beweisen zu müssen.
Allerdings kann die junge Torhüterin sich durchaus vorstellen, hin und wieder
von anderen Eishockeyspielern unterschätzt zu werden. „Ein wenig kann das
schon sein. Man bekommt manchmal von Spielern Reaktionen wie ‚Du bist ja
wirklich gut‘ mit. Das kann dann vielleicht so ausgelegt werden.“
Entsprechend
wohl fühlte sich die Adlerträgerin bei ihrem Debüt auf der Hessenliga-Ebene. „Auf
diesem Niveau hatte ich vorher noch nicht gespielt, daher war das in dem Moment
ein sehr schönes Gefühl. Als Torhüterin ist es so, dass ich sehr abhängig von
meinen Mitspielern bin, und in der Hessenliga ist die Qualität anders als in
der Landesliga. Die Schüsse auf das Tor sind viel gezielter, der Spielaufbau
ist besser und das Spiel lässt sich einfacher lesen, weil alles fließender
wirkt.“ Besonderen Reiz hatte die Partie, die die Eintracht mit 12:3 für
sich entscheiden konnte, selbstverständlich auch dadurch, dass Felicitas mit
den Löwen Frankfurt gegen ihren ehemaligen Verein spielte und auch einige
Spieler auf dem Eis noch aus ihrer Zeit bei dem Stadtkonkurrenten kannte.
Dennoch glaubt sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass in naher Zukunft zwingend
weitere Spiele in der Hessenliga hinzukommen werden, da ihr Einsatz den vielen
Ausfällen im Tor geschuldet war. Das sei primär aber auch gar nicht ihr Ziel,
stattdessen gehe es ihr vielmehr darum, in naher Zukunft weiter „Spaß und
Freude am Eishockey“ zu haben, ohne sich aber allzu großen Druck zu machen,
zwingend in der höheren Liga zu spielen. Und einen Tipp für junge Mädchen hat
Felicitas auch parat, um ihre Sportart auf dem Eis schmackhaft zu machen: „Viele
Mädchen denken, dass sie in den Sport nicht reinpassen, komplett unterschätzt
werden oder sich extra beweisen müssen. Man sollte sich aber nicht davon
einschüchtern lassen, dass hauptsächlich Jungs und Männer Eishockey spielen,
sondern es einfach mal ausprobieren.“