„Borré hat Nerven aus Stahl“

Jan Aage Fjörtoft war als Berichterstatter ganz nah dran in Sevilla, das zeigt allein hier eine private Bildauswahl von seinem Handy. Der Norweger über seine Erlebnisse in der magischen Nacht.

Interview: Markus Rutten 

Jan, was für eine Nacht in Sevilla. Zuerst das Sportliche: Wie hast du unsere Mannschaft während des Spiels erlebt?
Die Mentalität der Mannschaft war einmal mehr überragend. Du bekommst durch einen Lucky Punch dieses Gegentor in der zweiten Hälfte und kommst dennoch zurück in dieses Spiel. Du machst mit Kostic und Borré den Ausgleich, der ein klassische Eintracht-Tor des Willens und der Mentalität ist. Und am Ende gehen alle zusammen die letzten Schritte zum Titel. Gegen Ende der Verlängerung stand ich ganz nah an der Frankfurter Bank, als sich die Blicke von Sebastian Rode und mir trafen. In dem Augenblick haben wir beide die unglaubliche Anspannung dieses Moments gespürt.

Was waren für dich die herausragenden Momente im Match?
Kevin Trapp wurde völlig verdient zum „Man of the Match“ bei diesem Finale gekürt. Allein der gehaltene Elfmeter und diese Parade in der 118. Minute rechtfertigen die Wahl. Die Anspannung in diesem Spiel war ja schon für den Zuschauer nicht gesund (lacht). Und er bringt noch so einen Reflex und hält danach noch diesen Elfmeter von Ramsey. Das war eine unglaubliche Leistung. Eigentlich hat aber die gesamte Mannschaft diese Auszeichnung verdient, denn sie war einmal mehr eine überragende Einheit, ob diejenigen, die 120 Minuten durchgespielt haben oder die Spieler, die später reinkamen, um diesen Titel letztlich zu holen. Ich denke da an Lenz oder Hasebe. Jeder hat alles für diesen Triumph gegeben. Trotzdem gehört der Titel nicht nur der Mannschaft und dem Trainerteam, sondern dem gesamten Verein. Absolut alle haben dazu beigetragen, dass die Eintracht diesen unglaublichen Erfolg erringen konnte. Jeder im Verein vom Spieler über die Medienabteilung, Betreuer bis zum Busfahrer und natürlich die Fans. Sie alle können sich Europapokalsieger nennen. 

Wie hast du den entscheidenden Elfmeter gesehen?
Borré hat Nerven aus Stahl! Dieser Elfmeter war wahnsinnig stark geschossen. In dieser Szene, wenn du weißt, dass du ein Europapokalendspiel entscheiden kannst mit deinem Schuss und vorher schon eine gefühlte Ewigkeit auf die Rangers-Kurve zugelaufen bist, dann musst du den erstmal so reinhauen! 

Nach dem Spiel haben wir dich noch lange auf dem Platz gesehen.
Ja, bestimmt noch eine Stunde. Auch als unsere Übertragung schon beendet war, habe ich mich noch mit Krösche, Hellmann, Holzer und einigen anderen unterhalten. Allen war klar, dass das einer der größten Tage der Vereinsgeschichte war. 

Vorher hast du zu einem sehr frühen Zeitpunkt Interviews geführt und konntest so sehr emotionale Statements einfangen.
Wir hatten das große Glück, einen der besten Plätze aller TV-Sender zugeteilt zu bekommen. Dadurch waren wir ganz nah dran und hatten auch nach dem Spiel sehr viele Möglichkeiten. Ich konnte unter anderem mit Jens Petter Hauge, Sebastian Rode, Kevin Trapp und Oliver Glasner sprechen und bin wahnsinnig dankbar, dass ich an diesem für die Eintracht so besonderen Tag so nah dabei sein konnte. Das war ein absolutes Privileg. 

Wie ging es nach dem Spiel weiter?
Ich bin mit zum Empfang gefahren und war dort bis 4 Uhr morgens. Um 7 Uhr musste ich zum Flughafen und ich wusste, dass ich nur noch ein paar Stunden habe. An Schlafen war nicht zu denken, also habe ich mir die Highlights zum Spiel angesehen. Da bin ich bei der Parade von Trapp direkt noch mal zusammengezuckt, obwohl ich wusste, dass der Schuss nicht reingeht (lacht).

Jan Aage Fjörtoft, 55, hat die Eintracht 1999 zum Klassenerhalt geschossen und genießt bei den Fans nicht nur daher Kultstatus. Er ist ein fußballerischer Weltenbummler, meinungsstark, immer auf dem Laufenden, ein gefragter Experte und nicht zuletzt unserer Eintracht nach wie vor tief verbunden. Das sind Gründe genug für eine regelmäßige Interview-Kolumne mit dem Norweger.