Einer von uns – Le Van Tin

Bei der Eintracht eine neue Heimat gefunden

Kaum ein Mitglied der Tischtennisabteilung kennt Le van Tin nicht. Bereits seit 1979 jagt der Asiate bei der Eintracht dem kleinen weißen Ball hinterher. Doch nicht nur über Tischtennis weiß er viel zu erzählen.

Text und Foto: Johannes Wenzel

In den 43 Jahren bei der Eintracht hat Le van Tin viel erlebt, ohne jemals zu den ganz Großen seines Sports zu gehören. Von der Bezirksklasse bis zur Kreisebene war er in sämtlichen Eintracht-Mannschaften aktiv. Noch heute tritt der 84-Jährige für die neunte Herrenmannschaft an der Platte an. Zahllose Aufstiege – und auch der ein oder andere Abstieg – pflasterten seinen Weg.

Fast 10.000 Kilometer vom Herzen Europas entfernt wuchs Le van Tin in Südvietnam auf. Wie in vielen asiatischen Ländern erfreute sich In den 43 Jahren bei der Eintracht hat Le van Tin viel erlebt, ohne jemals zu den ganz Großen seines Sports zu gehören. Von der Bezirksklasse bis zur Kreisebene war er in sämtlichen Eintracht-Mannschaften aktiv. Noch heute tritt der 84-Jährige für die neunte Herrenmannschaft an der Platte an. Zahllose Aufstiege – und auch der ein oder andere Abstieg – pflasterten seinen Weg. Fast 10.000 Kilometer vom Herzen Europas entfernt wuchs Le van Tin in Südvietnam auf. Wie in vielen asiatischen Ländern erfreute sich dem Boot nach Hong Kong. Noch heute gedenkt man der Strapazen, die Le und seine Landsleute auf sich nahmen, weltweit, und bezeichnet sie als „Boat People“.

Doch auch in Hong Kong wurde Le van Tin nicht heimisch. Sein Aufenthalt war lediglich gedudet, doch nie anerkannt. Die Rettung kam Anfang 1979. Die Bundesrepublik Deutschland beschloss unter Führung einiger Bürgermeister, vietnamesische „Boat People“ aufzunehmen. Auch der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Wallmann, der später als erster Bundesumweltminister in die Geschichtsbücher einging, entschloss sich dazu, insgesamt 180 Flüchtlingen ein neues Zuhause zu geben. So fand Le van Tin endlich eine neue Heimat. In Frankfurt angekommen waren viele Neuankömmlinge voller Tatendrang. Natürlich erinnerte man sich an bessere Tage und daran, welche Freude man beim Tischtennisspiel empfunden hatte. Gleich 40 Vietnamesen wollten an die Platte treten.

40 Flüchtlinge ohne feste Bleibe, die keinen Mitgliedsbeitrag bezahlen können und trotzdem Tischtennis spielen wollen? Das sorgte bei den Frankfurter Tischtennisvereinen 1979 nicht gerade für großen Jubel. „Ich hab sie dann einfach alle mitgenommen“, erzählt der damalige Abteilungsleiter Karl-Heinz Killmann mit einem Schmunzeln im Gesicht. Der Eintracht-Sponsor Minolta stellte die Sportausrüstung zur Verfügung. Le van Tin blieb auch sonst nicht untätig. Er baute sich in Frankfurt eine neue Existenz auf. Direkt am Main gelegen eröffnete er 1981 das erste vietnamesische Restaurant in Frankfurt.

„Die Eintracht, Saigon und Hong Kong“

In Erinnerung an seine Kindheit nannte er es „Saigon“, nach der Hauptstadt Südvietnams. Gemeinsam mit seiner Frau und zwei weiteren Mitarbeitern entwickelte er das Restaurant zu einem beliebten Lokal der Frankfurter. Im Alter von knapp 60 Jahren entschied er sich, etwas kürzer zu treten. Er verkaufte sein Restaurant und eröffnete einen vietnamesischen Imbiss in Bockenheim, den er aus Dankbarkeit für die positiven Erfahrungen seines Lebens „Hong Kong“ nannte. Noch heute ist dieser Imbiss Le van Tins ganzer Stolz. Im Jahr 2005 erfüllte sich Le van Tin einen großen Traum. Nachdem er 26 Jahre lang das Adlertrikot getragen hatte, schloss er endlich auch die Vereinsmitgliedschaft ab. Als Neu-Frankfurter war er sehr dankbar dafür, dass die Eintracht ihm eine sportliche Heimat gab, nun gehörte er auch offiziell dazu. Dabei hatte er sich längst um den Verein verdient gemacht. „Le kann man um 19 Uhr anrufen und eine Stunde später steht er zu einem Punktspiel an der Platte“, spricht Norbert Schneider aus der Abteilungsleitung in den höchsten Tönen von dem 84-Jährigen.

Weshalb Le van Tin der Eintracht seit 1979 die Treue gehalten hat, kann er in wenigen Worten begründen: „Bei der Eintracht verstehe ich mich einfach mit jedem. Jeder hilft, wo er kann. In meinen über 40 Jahren in diesem Verein habe ich nie Erlebnisse mit Rassismus machen müssen. Für mich ist es der beste Verein der Welt.“ Noch heute erzählt Le van Tin gerne, wie dankbar er dafür ist, dass die Eintracht damals den Vietnamesen geholfen hat. Und nicht ohne Stolz merkt er an, dass er als Letzter der 40 Vietnamesen von 1979 noch bei der Eintracht ist.