Seite an Seite auf dem Weg nach oben

Stark als Einzelspielerinnen, stärker als Team. Seit ihrer frühen Kindheit stehen Dilara und Ilayda Acikgöz gemeinsam auf dem Platz. Nun wollen die Zwillinge bei der Eintracht über die U20 den Sprung ins Bundesligateam schaffen.

Auf dem Platz hat jede von ihnen ihr eigenes Zuhause. „Ilayda ist extrem zweikampf- und laufstark, hat ein gutes Ballgefühl und eine hohe Präzision. Ich sehe sie gefühlt überall auf dem Platz, egal, wo ich gerade stehe“, beschreibt Dilara die zentrale Mittelfeldspielerin, die offensiv wie defensiv das Spiel in der U20 gestaltet. „Dilara gewinnt fast jeden Zweikampf, im Spielaufbau hat sie eine extrem gute Übersicht und überläuft mit ihrer Schnelligkeit immer wieder mehrere Gegenspielerinnen“, sagt wiederum Ilayda über die Außenverteidigerin, die bei der SGE II für Stabilität sorgt. Unterschiedliche Stärken, verschiedene Positionen.

Dass die beiden 18-Jährigen einiges gemeinsam haben, wird trotzdem auf den ersten Blick deutlich. Da ist zum einen ihr Ehrgeiz, der sie auf und neben dem Platz antreibt. Und natürlich die unverkennbare Ähnlichkeit der eineiigen Zwillinge – trotz unterschiedlicher Haarlänge. Seit Sommer 2021 laufen die gebürtigen Schwäbisch-Hallerinnen mit türkischen Wurzeln im Eintracht-Trikot auf, ihren fußballerischen Weg gehen sie aber schon von Anfang an gemeinsam. Bereits im Kindergarten kickten sie zusammen, die Grundschulmannschaft war ihr erstes gemeinsames Team. Nach vier Monaten bei den Mädchen der E-Jugend spielten die beiden, deren Mutter Ilonka für den TSV Crailsheim in der Zweiten Frauen-Bundesliga spielte, nur noch in Jungsmannschaften.

Doch auch abseits des Platzes verbrachten sie immer schon viel Zeit miteinander. „Wir kochen gerne, probieren viel aus und gehen oft raus“, erzählt Ilayda. Früh lernten sie durch ihren Traum zudem, eigenständig zu werden. Mit 15 Jahren zogen sie von zu Hause aus und lebten in Stuttgart im Olympiastützpunkt im Internat. Sportlich schafften sie es in die männliche U15 des FSV Waiblingen, für die sie in der höchsten Spielklasse, der Regionalliga, aufliefen. Vor einem Jahr traten beide im TV beim Tigerenten Club auf. Im Sommer 2021 wechselten die Schwestern dann, trotz namhafter anderer Anfragen, zur zweiten Frauenmannschaft von Eintracht Frankfurt – ihrer ersten Station im Frauenbereich. „Es war schon ein großer Sprung vom Jugendfußball in die Zweite Frauen-Bundesliga. Da haben wir zwei, drei Spiele gebraucht, um uns an das Niveau anzupassen“, berichtet Dilara, und Ilayda ergänzt mit einem Lachen: „Gerade das Tempo und die Körperlichkeit sind eine ganz andere – das sieht man glaube ich auch an der Anzahl unserer Gelben Karten.“

Wie schnell sie sich wirklich eingelebt haben, beweist, dass sich die Zwillinge nicht nur einen Stammplatz in der U20 gesichert haben, sondern sowohl die Sommer- als auch die Wintervorbereitung mit der ersten Mannschaft absolvieren durften. „Dass wir direkt nach unserem Wechsel bei den Profis mitmachen durften, war eine große Erfahrung, die wir nie vergessen werden“, sagt Ilayda. „Wir haben uns ganz viel abschauen können, nicht nur spielerisch, sondern auch außerhalb des Platzes: Was macht zum Beispiel eine Laura Freigang vor dem Spiel und wie geht sie zum Training?“ In Testspielen sammelten die beiden U19-Nationalspielerinnen, die kürzlich bei der EM in Tschechien im Einsatz waren, ihre ersten Einsatzminuten gegen Teams aus der FLYERALARM-Frauen-Bundesliga. Der große Traum – Bundesliga und A-Nationalmannschaft – ist damit schon ein ganzes Stück nähergerückt.

Bislang sind die Elftklässlerinnen alle sportlichen Schritte gemeinsam gegangen. Das hat viele Vorteile, kann aber auch Probleme mit sich bringen. „In guten und in schlechten Zeiten hat man immer jemanden an seiner Seite und ist nicht allein, das hilft uns beiden sehr. Wir mögen es aber nicht, wenn man uns nur als Doppelpack sieht“, erklärt Dilara. „Wir sind zwei einzelne Spielerinnen, sogar auf verschiedenen Positionen. Jede geht ihren eigenen Weg und muss sich selbst beweisen. Wir können nicht für die andere mitspielen, sondern müssen uns alles einzeln erkämpfen.“ Konkurrenzkampf und Vergleiche gebe es zwischen ihnen deshalb auch kaum und nicht mehr als mit anderen Spielerinnen, sagt Ilayda. „Natürlich denke ich mir, wenn Dilara bei der U19-Nationalmannschaft in der Startelf steht, dass ich das auch gerne schaffen würde. Aber es ist nie eine Konkurrenz gegeneinander. Wir motivieren uns eher gegenseitig, immer besser zu werden, ohne neidisch auf die andere zu sein.“

Egal ob in der Zweiten Frauen-Bundesliga oder bei der U-Nationalmannschaft, die beiden sind mehr als nur „die Zwillinge“. Auch was ihren Plan B angeht, haben sie unterschiedliche Vorstellungen. Während Ilayda nach dem Abitur Sportmanagement studieren möchte, zieht es Dilara eher in Richtung Sportpsychologie. Auch sportlich haben beide ihre Stärken, von denen die jeweils andere noch lernen kann. „Von Dilara kann ich mir sicherlich noch etwas von ihrer Ruhe, die sie auf dem Feld ausstrahlt, abschauen“, sagt Ilayda. „Ilaydas Beidfüßigkeit“, fällt Dilara hingegen sofort ein. „Wenn sie manchen Pass mit links spielt, denke ich mir: Das würde ich auch richtig gerne können. Da überrascht sie selbst mich immer wieder.“

Text: Marie Huhn
Fotos: Carlotta Erler