Fanabteilung triff - Christian Stein

Bunt ist sie, die Eintracht-Welt, voller Geschichten und Erlebnisse – nicht nur auf dem Platz, sondern vor allem auch abseits des Spielfelds. Getragen werden diese Geschichten durch die Fans und Mitglieder der Eintracht. Einer davon ist Christian Stein.

Ob Bochum, Bielefeld oder Barcelona, Christian ist eigentlich immer dabei, wenn die Eintracht spielt. Doch die Liebe zum Verein wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Weder die Eltern noch die Großeltern interessierten sich sonderlich für Fußball. Immerhin begann Steini, wie ihn seine Kumpels nennen, quasi mit der Einschulung selbst zu kicken, seinerzeit als rechter Verteidiger beim 1. SC Kohlheck in Wiesbaden. Natürlich suchten sie sich auch einen großen Verein aus: „Ich hatte mich damals in den 70ern für die Eintracht entschieden. Da war ich aber der einzige. Viele meiner Freunde hielten zum 1. FC Köln“, erinnert sich Steini. In diese Zeit fiel auch sein erster Stadionbesuch. Ausgerechnet auf dem Betzenberg in Kaiserslautern. „Das war eine coole Erfahrung. Damals ging dort alles noch recht locker zu – und die Eintracht holte immerhin einen Punkt. Mit Grabi, Nickel und Holz. Hellström und Briegel kickten auf der anderen Seite. Aber in jenen Jahren war vor allem die Sportschau prägend. Anfangs konnte ich nur bei den Großeltern schauen. Die hatten einen Fernseher im Gegensatz zu meinen Eltern“, berichtet er aus einer Zeit, die heute in der digital vernetzten Welt kaum vorstellbar scheint.

Als er den Kinderschuhen entwachsen war, setzte er sich zu Beginn der 80er Jahre zuweilen in die S-Bahn, um von Wiesbaden kommend die Eintracht im Stadtwald zu sehen. Die ersten Erinnerungen daran sind vage: „Das Ticket kostete fünf Mark und ich wusste noch nicht, wie es in einem Stadion zugeht. Klar, ich sah die Fahnen, aber dass es einen G-Block gibt, davon hatte ich keinen Plan. Aber 1981 war ich eines Tages im Büro meines Vaters, dort saßen aus beruflichen Gründen der damalige Manager der SG Wallau Massenheim, Bodo Ströhmann, und Jürgen Grabowski. Ich stand da wie angewurzelt. Später ging Grabi mit mir zu seinem schicken Mercedes und holte ein Poster aus dem Kofferraum. Dazu schenkte er mir zwei Tickets für ein Spiel. Es war das Abschiedsspiel für Grabi. Und es war das erste und einzige Mal, dass ich mit meinem Vater ins Stadion ging. Leider ist das Poster im Laufe der Jahre abhanden gekommen“, erzählt er traurig.

Als Steini 2003 nach Frankfurt zog, vollzog sich schleichend der Prozess vom Gelegenheitsbesucher zum Viel- bzw. Allesfahrer. Ganz großen Anteil daran hatte Jörg Strehler, der einst die Fanabteilung mit gegründet hatte und heute noch im Vorstand des Museumsfördervereins aktiv ist – und ihm die Eintracht so richtig schmackhaft machte. Christian und Jörg waren beruflich verbunden, durch ihn ist er so lang - sam in die Eintracht-Familie hineingerutscht, lernte immer mehr Leute kennen und erlebte als ersten richtigen Höhepunkt die Auswärtsfahrt nach Bordeaux. „Am Anfang war ich gerade Single, war eh gerne unterwegs und hatte Zeit. Seitdem bin ich bis auf ganz wenige Ausnahmen eigentlich immer dabei, wenn die Eintracht europäisch spielt, in der Bundesliga so - wieso,“ begeistert er sich für seine Eintracht.

Mittlerweile ist Steini gut vernetzt, egal wo er ist, trifft er immer jemanden: „Das ist wirklich eine bunte Mischung aus Freunden, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen. Gerade auswärts spürst du den großen Familiengedanken der Eintracht, das ist wirklich et - was Besonderes in unserem Verein“, schwärmt er. Seit 2015 ist er Mitglied in der Fanabteilung und sitzt nach einem Umzug vor ein paar Jahren jetzt im Block 32B. Und da Nina Goldstein von der Abteilung in der Nähe ihren Platz hat, war es für ihn nur ein kurzer Schritt in das Projekt „Fußballfans im Training“, welches die Abteilung mit der Fanbetreuung auf dem Weg zu einem gesünderen Leben 2019 angeboten hat. „Das war klasse, Stepi hatte meinen Bauchumfang gemessen, Thomas Zampach war unser Coach und ich habe über 12 kg abgenommen. Wir hatten auch ein tolles Gruppengefüge – und treffen uns mit einigen Leuten noch heute. Mal zum Kicken, mal zum Laufen.“

Zu Hause ist Christian in Bockenheim. Hier trifft man ihn im Tannenbaum, in der Volkswirtschaft oder donnerstags auf dem Markt. „Dort treffe ich immer Manni Binz oder Papa Anicic auf einen Café und wir babbeln über die Eintracht“, lacht er. Und wenn er mal nicht im Stadion sein sollte, schaut er sich die Spiele bei Miguel im Unterliederbacher Gartenstadion an. Denkt Steini an die Highlights mit der SGE, fällt ihm natürlich der Pokalsieg 2018 ein. Ganz aktuell sicherlich der unfassbare Abend in Barcelona. Aber von ganz großer Bedeutung ist für ihn die Reise nach Charkiw. Natürlich ob der derzeitigen Situation, aber auch die Erinnerung an einen schönen Abend im „Hoptimist“, einer Kneipe, in der sich peu à peu Eintrachtfans jeglicher Couleur versammelten und die Nacht zum Tag machten, hat er bis heute nicht vergessen.

Christian ist gerne mit seinen Freunden unterwegs, zu denen seit 2003 auch Fans der Shamrock Rovers gehören, verlässt aber oft ausgetretene Pfade, schaut sich die Umgebung an und findet immer einen schönen Platz auf der Welt. „Die Eintracht war am Anfang stets eine Achterbahn der Gefühle, kaum ging es hoch, ging es auch wieder runter. Das alles aus - zuhalten, war ein prägendes Gefühl. Die jungen Leute kennen dieses Diva-Gefühl ja gar nicht mehr …“, grinst er zum Abschluss. Aber das ist ja eigentlich auch mal ganz schön.

Text: Axel Hoffman