Europäische Interessenvertretung der Fans

Football Supporters Europe, kurz FSE, ist eine europäische Fanvertretung, die sich aus Fangruppen von 55 UEFA-Nationen zusammensetzt. Vom 21. bis 24. Juli 2022 ist die Fanabteilung Ausrichter des European Football Fans Congress, der von FSE organisiert wird.

Das Endspiel der UEFA Europa League in Sevilla hat eindrücklich gezeigt, mit welchen Problemen sich Fußballfans in ganz Europa konfrontiert sehen. Neben dem gravierenden Mangel an Essen und Trinken kam es zu verschiedenen organisatorischen Problemen, die beispielsweise die Einlasskontrollen und Durchsuchungen der Fans betrafen. Im Nachgang haben sich Eintracht Frankfurt und Glasgow Rangers unter Einbezug der FSE zusammengesetzt, um die Probleme zu besprechen: „Als europaweite Interessenvertretung der Fans ist es unsere Aufgabe, im Nachgang solche Vorfälle anzuprangern und bei den Verbänden Druck aufzubauen, dass sich so etwas nicht wiederholen darf“, bilanziert Martin Endemann, Sprecher von FSE und persönlich vor Ort, nach dem Finale.

Football Supporters Europe hat sich im Jahr 2008 gegründet und vereint nationale sowie überregionale Fanorganisationen, lokale Fangruppen und Einzelpersonen aus 55 UEFA-Nationen. Übergeordnetes Ziel ist die Vertretung von Faninteressen auf europäischer Ebene. Dazu gehöre der Kontakt zu allen Akteuren im europäischen Fußball, seien es nationale Verbände, Spielergewerkschaften, Vereine, die UEFA oder Polizeidienststellen, so Endemann. FSE fungiert als offizieller Ansprechpartner der UEFA in Fanfragen, das Thema Fanrechte wird aktiv verhandelt. Einen Beobachtungsstatus besitzt die Fanorganisation in der Saint-Denis-Konvention des Europarats unter dem Titel „Integrated Safety, Security and Service Approach at Sports Events“, die zweimal jährlich zusammenkommt. Die Konvention ist nicht bindend, findet aber unter Einbezug aller nationalen Sicherheitsorgane statt. Als FSE könne ein Input gegeben werden, der für die europaweite Verbesserung der Fanrechte notwendig sei. Für Martin Endemann ist entscheidend, in diesem Gremium auch widersprechen zu können. Offiziellen Stellungnahmen der Behörden könne widersprochen werden, den Fans gebe man dadurch eine wichtige Stimme. So kann auch das Europa-League-Finale in Sevilla im Nachgang in institutionellem Rahmen kritisch begleitet werden und zu einer europaweiten Verbesserung von Fanrechten beitragen, indem bestimmte Punkte festgelegt werden können. Bisher sei eine ausreichende Wasserversorgung der Fans beispielsweise nirgends festgelegt.

Kerngeschäft von FSE bleiben jedoch klassische Fanthemen wie der Erhalt von Stehplätzen und die Unterstützung der Mitglieder in den jeweiligen Ländern. Wie können Fans von Erfahrungen anderer Fans in unterschiedlichen Ländern lernen und wie können Strukturen, beispielsweise bei europäischen Turnieren und Auswärtsspielen, verbessert werden. Die Vergabe von europäischen Endspielen in autoritäre Regime sei ein Beispiel, das immer wieder in den Blickpunkt rücke. Die Probleme müssen aufgezeigt werden, dabei hilft auch der Kontakt zu Fananwälten oder Menschenrechtsorganisationen, um die Spiele vor Ort zu begleiten. „Wir müssen eine Öffentlichkeit dafür schaffen, welche Probleme vor Ort für Fans bestehen und die Stellung der Fans in gewissen Ländern genau beobachten“, sagt Endemann.

In der Coronapandemie haben Verbände gespürt, dass die Fanbindung im Fußball nicht endlos ist. Hieraus ergebe sich eine Chance für Fanorganisationen, da die Verbände Druck verspüren würden. Hinter diesem Druck steht die Angst, dass die Fans weglaufen können, der direkte Kontakt mit den Fans trete vermehrt wieder in den Vordergrund. Dazu kommt die Debatte der Super League, bei der sich Fans und UEFA gleichermaßen ähnlich stark positioniert haben: „Bei der Ablehnung der Super League waren Fans und UEFA auf einer Linie. Aus dieser Position heraus kann auch mehr Einflussnahme entstehen, zum Beispiel bei der Verbesserung der Bedingungen für Auswärtsfahrer in europäischen Wettbewerben“, zeigt Endemann auf. Es gebe Länder, die sich an getroffene Absprachen nicht halten würden. Die Frage sei, welche Regularien die UEFA aufstelle und was dafür getan werde, dass diese auch in der Praxis umgesetzt werden. Europäische Auswärtsspiele von Eintracht Frankfurt werden beispielsweise mit einem Meeting vorbereitet, bei dem FSE die beteiligten Fanorganisationen an einen Tisch bringt. Ziel sei eine Risikominimierung für den Spieltag, in dem die Rahmenbedingungen allen Beteiligten aufgezeigt werden. Die anwaltliche Begleitung der Spieltage hilft zusätzlich, mögliche Konflikte schnell lösen zu können. Eine Zusammenarbeit, von der Eintracht Frankfurt bereits mehrfach profitieren konnte.

Alle zwei Jahre richtet FSE den European Football Fans Congress (EFFC) aus, der vom 21. bis 24. Juli von der Fanabteilung veranstaltet wurde. Teilnehmer aus über 35 UEFA-Nationen werden erwartet, um aktuelle europäische Fanthemen zu besprechen: die Europameisterschaft 2024, die Integrität der europäischen Wettbewerbe mit der Reform der Champions League oder die Menschenrechtslage in Katar, dem Ausrichter der Weltmeisterschaft 2022. Die Frage steht im Raum, wie diese Themen mit der klassischen Sicht der Fans vereinbar sind. Der Kongress soll auch dazu genutzt werden, um die gute Fanarbeit von Eintracht Frankfurt als positives Beispiel hervorzuheben: „Ohne die Unterstützung der Vereine kann keine Fanarbeit funktionieren. Eintracht Frankfurt gilt als Vorzeigeverein für Fannähe und Unterstützung der Fanrechte. Wir finden eine Professionalität in der Fanarbeit vor, bei der eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten stattfindet“, ist Martin Endemann vom Frankfurter Weg begeistert. Beim Kongress im Herzen von Europa kommen hunderte Fans aus ganz Europa zusammen, um die brennenden Fanthemen der kommenden Jahre zu besprechen. Damit auf die Frage: „Wem gehört der Fußball?“, auch zukünftig eine eindeutige Antwort gefunden werden kann: Der Fußball gehört den Fans.