Im Ferienlager zur Champions League

Mit lautem Gesang, selbstgemalten Fahnen und der Power von 30 Kindern unterstützte eine Jugendfreizeit aus Oberrad die Eintracht-Frauen bei ihrem Champions-League-Erstrundenspiel in Dänemark. Was als eher zufällige Idee entstand, wurde für die jungen Fans „genauso besonders, wie mit 25.000 Frankfurtern in Barcelona in der Kurve zu stehen“.

Es lief die fünfte Spielminute im dänischen Hjørring, als es in dem kleinen Stadion im dänischen Norden plötzlich laut wurde und sich die Köpfe der bis dahin rund 150 Zuschauer an den Seitenrand hinter dem von Cara Bösl gehüteten Tor drehten. Was sie dort zu sehen bekamen, war eine Gruppe von rund 45 Personen, darunter etwa 30 Kinder und Jugendliche, die sich mit Fahnen, Bannern und Schals ihren Weg in die Kurve bahnte. Begleitet wurde der Einzug durch Rufe, die über den gesamten Platz wehten: „Hurra, hurra, die Frankfurter sind da!“

Hinter jener Gruppe, die ab diesem Zeitpunkt gemeinsam mit den restlichen rund 40 Eintracht-Fans für 90 Minuten Anfeuern, Gesang und Stimmung sorgen sollte, steckt eine Jugendfreizeit aus Oberrad. „Wir fahren schon seit mehr als 20 Jahren jedes Jahr mit rund 30 Kindern zwischen acht und 17 Jahren nach Dänemark“, erklärt Christopher Hils, der seit knapp zwei Jahrzehnten als Betreuer und mittlerweile Teil des Küchenteams dabei ist.

Plakate malen, Trikots teilen und Lieder lernen
Normalerweise seien die zwei Wochen in einem Selbstversorgerhaus in Strandnähe mit Volleyball, Fußball, Drachen basteln, Freundschaftsbänder knüpfen und Co. gut gefüllt. In diesem Jahr verlief die Freizeit aber etwas anders als gedacht. „Unser Betreuer Sven geht wie viele von uns seit Jahren zur Eintracht und war derjenige, der gesehen hat, dass die Eintracht in genau dem Zeitraum in Hjørring, keine 50 Kilometer von uns entfernt, spielt“, erinnert sich Hils. 

Und so nahm die Idee langsam Form an. Beim gewonnenen Halbfinalspiel gegen Fortuna Hjørring fieberte das Freizeit-Team Donnerstagabend noch auf einem Bildschirm in der Küche mit, nach Schlusspfiff fiel direkt die Entscheidung: Beim Finale sind wir dabei! „Als wir den Kindern am Samstagmorgen erzählt haben, dass wir ins Stadion fahren, um die Eintracht-Frauen zu unterstützen, ist eine richtige Euphorie entstanden. Alle waren direkt Feuer und Flamme“, erinnert sich Felix Reizmann, der als Teambetreuer mit dabei war. Den ganzen Abend über seien fleißig Banner gebastelt, Plakate bemalt und sogar eine eigene Fahne besprüht worden – „Freizeit-Ultras“ taufte sich die Gruppe. Schals und Trikots, die viele mit dabei hatten, seien untereinander geteilt worden, „die Kinder, die die Eintracht-Lieder schon kannten, haben sie für die anderen aufgeschrieben, damit auch sie mitsingen können“, berichtet Reitzmann und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „An dem Abend war es ausnahmsweise mal kein Problem, die Kinder früh ins Bett zu bekommen, weil alle heiß auf das Spiel waren.“

Zu klären war nur noch eine Frage: Wie kommt man zum Stadion? „Wir hatten nur zwei Autos vor Ort, mit den Fahrrädern wäre es zu weit gewesen, also haben wir nach dem Busfahrplan geschaut und tatsächlich aus einer Ortschaft in der Nähe einen Bus nach Hjørring gefunden, der fünf Minuten vor Anpfiff da war“, erzählt Hils. „Schon auf der Busfahrt war richtige Eintracht-Frankfurt-International-Stimmung, anschließend ging es in einem kleinen Fanmarsch von der Bushaltestelle zum Stadion.“ Und schließlich zum großen Auftritt ins Stadion rein.

„Auch die Kinder, die vorher gar nichts mit Fußball anfangen konnten, haben sich total von der Euphorie anstecken lassen. Alle haben sich gegenseitig heiß gemacht, sodass am Ende wirklich alle im Block standen und mitgeschrien haben“, erinnert sich Reitzmann, für den, so wie für den Rest des Teams, das Spiel ganz besonders in Erinnerung bleiben wird. „Ich war schon bei vielen Eintracht-Momenten dabei, unter anderem in Barcelona. Trotzdem war das Erlebnis für mich mit unseren 30 Kids in diesem Stadion genauso überragend, wie mit 25.000 in Barcelona in der Kurve zu stehen.“

Selbst, dass es am Ende eine bittere Niederlage für die Adlerträgerinnen durch einen Fallrückzieher in der Nachspielzeit gab, ließ die neuen und alten Eintracht-Fans nicht einknicken. „Als Eintracht-Fan lernt man, die schönen Momente zu genießen, und wenn ein Spiel verloren geht, den Kopf nicht in den Sand zu stecken“, sagt Reitzmann, und auch die Jüngeren hätten nach einer kurzen Enttäuschung weiter für Stimmung gesorgt. „Egal, ob Sieg oder Niederlage, wir waren da, um die Mädels anzufeuern, und das haben wir getan. Auch die Kinder haben direkt mitgefühlt und gemerkt, dass das Team echt alles gegeben hat, um uns den Sieg zu schenken.“ Statt enttäuscht zurückzufahren, habe man stattdessen viele Erinnerungen mitgenommen. „Auch wenn wir die gesamte Freizeit schon eine gute Gruppe waren, dieses Event hat uns echt alle nochmal enger zusammengeschweißt!“

Geschichte abgeschlossen? Noch nicht ganz. Denn am 16. September folgte noch Part zwei für die Sommerfreizeit aus Oberrad beim Eröffnungsspiel der Eintracht-Frauen im Deutsche Bank Park. „Wir waren wieder mit 40 Personen vor Ort, alle waren total begeistert, auch dort die Eintracht zu unterstützen“, sagt Hils. Und man könnte sich sogar vorstellen, auch das ein oder andere Heimspiel in Zukunft zu besuchen. „So bleiben wir einerseits das ganze Jahr über als Gruppe in Kontakt. Zum anderen freuen wir uns natürlich, den Frauenfußball bei der Eintracht zu unterstützen.“

Text: Marie Huhn
Fotos: Lucas Körner, privat