Magath und Muskelpflege
Vom Indeed-Headquarter aus steuern Hasebe und Co. die Geschäftsräume von Sky PerfecTV an, dem größten asiatischen Direktübertragungssatellitendienst. Im großen Meetingraum stehen neben diversen anderen Devotionalien Hasebes vier Jahre alte Fußballschuhe auf einem Sideboard. Er beantwortet bereitwillig alle Fragen, einige Mitarbeiter werden sogar zugeschaltet. „Ich bin sehr dankbar für die Übertragung von SPTV, denn so kann auch meine Mutter die ausgewählten Spiele schauen“, meint Hasebe schmunzelnd.
Zu seinem Wechsel im Januar 2008 von den Urawa Red Diamonds in die Bundesliga erzählt Hasebe: „Felix Magath wollte mich unbedingt verpflichten. Das Training war manchmal wirklich zu hart und seine Art als Trainer besonders. Aber mir hat er viel geholfen, er hat auf mich gesetzt und wir sind Deutscher Meister geworden. Das spricht in diesem Fall für sich.“ 159 Spiele absolviert er für die Wölfe, ehe er die Saison 2013/14 beim 1. FC Nürnberg verbringt. „Wir sind leider abgestiegen. Der Club wollte mich behalten. Ich habe lange überlegt, aber ich wollte in der Bundesliga bleiben“, erklärt Hasebe, der danach am Main aufschlägt. „Ich habe damals meistens auf der Sechserposition gespielt. Mit Seppl Rode zu den Bayern und Pirmin Schwegler nach Hoffenheim haben zwei Sechser den Verein verlassen. Also habe ich gute Chancen gesehen, bei der Eintracht zu spielen.“
Bei der Eintracht zählt Hasebe von Beginn an zum Stammpersonal, sei es unter Thomas Schaaf, Armin Veh oder Niko Kovac. Bis zu seinem Zusammenprall mit dem Pfosten in München im März 2017 absolviert er fast jedes Spiel, ist kurz zuvor auch erstmals Kapitän und auch danach zeitweise noch Vielspieler – beispielsweise verpasst er in der Saison 2018/19 international in 14 Europa-League-Spielen bis einschließlich Halbfinale nur verletzungsbedingt 58 Minuten. Zwar nehmen die Wehwehchen im Laufe der Zeit etwas zu, meist ist er jedoch Stammspieler.
Unter Oliver Glasner erhält der Japaner auch mal Pausen, das ändert aber nichts an der ungemein großen Wertschätzung des Fußballlehrers für seinen (dienst-)ältesten Profi. „Gerade den jungen Spielern tut es gut, wenn sie jemanden an ihrer Seite wissen, der im Fußball schon alles erreicht hat, der dich immer wieder coacht, der die Verantwortung übernimmt“, schwärmte Glasner in dieser Saison. Hasebe sei „Vollprofi durch und durch“, dazu ein „fantastischer Spieler und Mensch“. Die Teamkollegen loben ihren Oldie ebenso. Tuta sagte kürzlich: „Makoto ist körperlich nicht der größte oder kräftigste Spieler, aber er macht das mit Erfahrung wett. Das zu beobachten, ist sehr hilfreich.“ Kevin Trapp bezeichnet „Hase“ als „sehr intelligenten Spieler“.
Das Wort Vollprofi trifft dabei auf Hasebe zu wie auf keinen zweiten Akteur. Der 38-Jährige ordnet alles dem Fußball unter und legt für die Stabilisation, Beweglichkeit und Regeneration zahlreiche Extraschichten ein. „Jeden Tag geht’s zu Hause in die Badewanne. Ich dehne mich zur besseren Mobilisation eine bis anderthalb Stunden am Tag. Ich mache das gerne“, verrät Hasebe. Wie lange er noch spielen möchte, weiß er nicht, sagt aber: „Ich bin immer noch fit, möchte jeden Tag besser werden. Wenn ich keine Lust mehr hätte oder nicht glauben würde, dass ich mich noch verbessern kann, dann wäre schon längst Schluss. Wichtiger als der Körper ist das Mentale. Ich habe richtig Spaß.“
Teil seiner sehr konsequent durchgeführten Regeneration und Muskelpflege ist die Physiotherapie bei Shimizu Yasutsugu. Nach den Terminen bei Indeed und SPTV macht sich Makoto Hasebe direkt auf dem Weg. In der Tiefgarage warten noch einige Fans in typisch japanischer Manier: in einer Ecke stehend, diszipliniert, sich kaum bemerkbar machend. Zurückhaltung und Demut sind eben Tugenden im Land der aufgehenden Sonne. Hasebe erfüllt geduldig alle Wünsche. Der Termin beim Physio ist um 18.30 Uhr, um 18.20 Uhr kündigt Hasebe im Auto an: „In fünf Minuten sind wir da.“ Japanische Pünktlichkeit eben.
Wenig später betritt er das Gebäude, in dem sich Yasutsugus Praxis befindet. Hinter Eingängen zu Tennisplätzen, einem Tennisshop und einem Ballettstudio geht es durch eine Glastür in einen Flur, an den fünf kleine, durch Vorhänge abgetrennte Kabinen angrenzen. Oberstes Gebot: Schuhe ausziehen. Auch das ist üblich in Japan beim Betreten von Restaurants, Praxisräumen oder Wohnungen. Yasutsugu empfängt Hasebe mit einem kurzen Gruß, dann legt sich der Profifußballer auf die Liege. „Wie geht’s dir?“ Ein kurzer Plausch, dann beginnt die Behandlung.
Viel Platz ist hier nicht, die Einrichtung ist zweckmäßig. Neben der Liege sind zahlreiche Utensilien untergebracht, auf einem kleinen Schrank stehen einige Weleda-Flaschen. „Die habe ich aus Deutschland mitgebracht“, lacht Hasebe. Für die Aufnahmen von EintrachtTV bleibt der Vorhang heute offen, ansonsten sind die Abläufe routiniert. „Ich kenne Shimizu schon, seitdem ich 18 Jahre alt bin. Er war früher Mannschaftsphysio von den Urawa Reds“, erzählt Hasebe, während Yasutsugu für die Akupunktur die Nadeln einsticht.
In seiner früheren Funktion bei Eintrachts erstem Testspielgegner hat der mit Sportshirt und -hose bekleidete Therapeut schon Uwe Bein behandelt, beide werden sich am folgenden Abend im Hotel treffen. Hasebe erzählt: „Da ich früher der Jüngste war, war ich abends immer als Letzter an der Reihe. Da hat mich Shimizu auch mal um kurz vor Mitternacht behandelt. Er kennt meinen Körper und meine Persönlichkeit. Wir passen gut zusammen. Er hat unglaublich viel Erfahrung. Ich habe viel von ihm gelernt und bedanke mich bei ihm dafür. Ich habe ihn auch schon einige Male mit nach Deutschland gebracht.“ Nach ein paar Minuten geht der Vorhang zu, die Behandlung läuft ohne das Eintracht-Team weiter.
„Er hat unglaublich viel Erfahrung. Ich habe viel von ihm gelernt und bedanke mich bei ihm dafür. Ich habe ihn auch schon einige Male mit nach Deutschland gebracht.“ - Makoto Hasebe über seinen Physiotherapeuten -