Einer non uns
Niklas Neuhäusel 

Hinter Niklas Neuhäusel liegt ein turbulentes Jahr. Immer wieder wurde der Turner in den vergangenen Monaten von Verletzungen ausgebremst und konnte die Saison dennoch erfolgreich mit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga abschließen. Die EvM-Redaktion hat zusammen mit dem Adlerträger auf die vergangene Saison zurückgeblickt. 

Reha, Physiotherapie, Aufbautraining: Die Arbeit für sein Comeback bestimmte den Jahresanfang von Eintracht-Turner Niklas Neuhäusel, der sich Anfang Oktober des vorangegangenen Jahres bei einer Aufwärmübung einen Bruch am rechten Sprungknochen sowie zwei Außen- bandrisse zugezogen hatte. Eine Verletzung, die ihn insgesamt ein halbes Jahr von Turn-Wettkämpfen fernhalten sollte. „Gerade zu Beginn des Jahres war es nicht leicht für mich“, blickt Neuhäusel auf den Frühling zurück. „Ich konnte noch nicht vollständig trainieren, weil die Verletzung noch nicht ganz ausgeheilt war.“ Erst im März durfte der 21-Jäh- rige wieder an allen Geräten trainieren, Anfang April feierte er sein Wettkampfcomeback in der Schweiz. „Ich habe noch nicht alle meine Übungen auf der vollen Schwierigkeit geturnt“, berichtet Niklas. „Aber ich konnte genau sechs Monate nach meiner Verletzung wieder an allen sechs Geräten turnen.“ Genau das, so erklärt der Adlerträger, sei das Ziel gewesen, das er und sein Trainer Andreas Kollig sich gesetzt hatten. „Es war sehr erleichternd, wieder auf Wettkampfniveau zu turnen. Manche Dinge musste ich fast von Grund auf neu lernen. Dass das nach einem halben Jahr schon wieder möglich war, war echt gut.“ 

Doch auch nach der Genesung seiner Füße sollte es für Neuhäusel, der sich bei den Landesmeisterschaften im Juni die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften sichern wollte, nicht leichter werden. „Eigentlich lief es in dieser Zeit recht gut für mich“, erinnert sich der Eintrachtler. „Aber plötzlich hat bei bestimmten Übungen etwas in mir blockiert.“ Von einem Tag auf den anderen konnte Niklas Elemente, die eigentlich Routine für ihn sind, nicht mehr ans Gerät bringen. Ein Problem, das im Turnsport gerade nach Verletzungen keine Seltenheit ist. „Mein Kopf hat komplett zugemacht, das war ziemlich schwer für mich“, so der Adlerträger, der bei den Hessischen Meisterschaften deshalb viele Elemente und Abgänge seiner Übungen weglassen musste. Ob- wohl er sich den Hessenmeistertitel sichern konnte, kostete ihn die Blockade schlussendlich die Qualifikation für die Finals [Deutschen Meisterschaften; Anm. d. Red.] in Berlin. „Das war ein echter Schlag ins Gesicht. Mein Ziel für diese Saison war ja nicht, mich für die Deutsche Meisterschaften zu qualifizieren, sondern dort anzutreten und gute Leistungen abzuliefern“, berichtet Niklas mit Blick auf die Landesmeisterschaften. „Dass dann die Qualifikation nicht geklappt hat, war ziemlich hart.“ 

Als Reaktion auf die Hessischen Meisterschaften veränderte der Adlerträger sein Training, um die mentale Blockade zu lösen. „Wir haben komplett andere Sachen trainiert und auch ein bisschen Lerntraining eingebaut“, so der 21-Jährige. „Eigentlich Dinge, die man mitten in der Saison nicht macht. Aber genau dieses freie Training hat mir im Kopf sehr gutgetan.“ Die Methoden seines Trainers zahlten sich schon nach kurzer Zeit aus. Nur wenige Woche später gelang es Niklas, bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften wieder sein ganzes Potenzial ausschöpfen und mit dem Einzel-Titel sowie Silber an drei Geräten nach Frankfurt zurückzukehren. „Es war sehr wichtig für mich, dass ich so schnell wieder erfolgreich sein konnte, und auch ein Zeichen dafür, dass wir mit unserem Training auf dem richtigen Weg waren.“ 

Das Pech verfolgte den Eintrachtler jedoch weiterhin: Nur wenige Tage nach den Hochschulmeisterschaften zog er sich im Training einen Bruch des Mittelhandknochens zu. „Es war ähnlich wie bei dem Unfall im Oktober“, erzählt er von der Verletzung. „Es ist wieder bei etwas sehr Leichtem passiert, über das man als Turner eigentlich gar nicht mehr nachdenkt. Ich konnte es zuerst überhaupt nicht fassen.“ Anders als bei der Verletzung im Oktober 2021 konnte der Handbruch Niklas allerdings nicht lange aus der Halle fernhalten. Schon zwei Wochen später begann der 21-Jährige wieder regelmäßig mit dem Training. „Wir haben uns viele kreative Übungen ausgedacht, bei der ich die rechte Hand nicht gebraucht habe. So haben wir es über den gesamten Verletzungszeitraum geschafft, dass ich kaum etwas an Kraft und Leistung eingebüßt habe.“ Dies und sein unermüdlicher Kampfgeist sorgten dafür, dass der Adlerträger pünktlich zum Saisonbeginn in der 2. Bundesliga wieder einsatzbereit war. „Es ging alles plötzlich superschnell“, so Niklas, der die Belastung während der Saison langsam steigerte, bis er wieder an allen sechs Geräten an den Start gehen konnte. „Eigentlich hatte das Team für die Saison schon ohne mich geplant und dann konnte ich bereits beim ersten Wettkampf an vier Geräten turnen.“ 

Ende November erntete Niklas mit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga die Belohnung für die Arbeit, die er in diesem Jahr investieren musste. Beim Aufstiegswettkampf gegen den VfL Kirchheim unter Teck zeigte der Adlerträger nicht nur starke Leistungen an allen Geräten, sondern wurde darüber hinaus auch Top-Scorer des Tages. „Mit jedem Wettkampf der Saison wurde ich besser, die Übungen sauberer und die Wertungen höher“, berichtet er von seinem Comeback. „Auch wenn solche Verletzungen viel Zeit und Nerven kosten, merke ich, wenn ich mich zurückkämpfe, wie viel Potenzial nach oben ich noch habe. Dass ich da so gestärkt herausgehen konnte, ist eine riesige Motivation.“ 

„So gestärkt aus der Verletzungsphase herauszukommen, ist eine riesige Motivation“ – Niklas Neuhäusel - 

Neben dem erfolgreichen Aufstiegsfinale sorgt auch der Kadertest, an dem der 21-Jährige vor wenigen Wochen teilnehmen konnte, für Freude. „Das bestätigt uns auch in unserer Trainingsweise und zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind“, erklärt er. Gerade seinem Trainer habe er viel zu verdanken, betont Niklas. „Das Engagement von Andreas [Kollig; Anm. d. Red.] ist wirklich einzigartig. Wie viel Einsatz er in Verletzungssituationen zeigt, damit ich schnellstmöglich zurückkomme, ist echt lobenswert. Dafür bin ich sehr dankbar. Ohne ihn wäre vieles dieses Jahr nicht möglich gewesen.“ Auch auf seine Familie und seine Teamkollegen habe er sich jederzeit verlassen können. „Alles, was um unsere Mannschaft herum passiert, ist einfach besonders. Es hat unfassbar viel Spaß gemacht, gemeinsam mit diesem Team die Bundesligasaison zu turnen.“ 

Schon im Frühjahr stehen für den Adlerträger und seine Mannschaftskollegen wieder die ersten Wettkämpfe im Oberhaus der Deutschen Turnliga an, im Juni sind die Deutschen Meisterschaften geplant, für die sich Niklas im kommenden Jahr qualifizieren möchte. Wettkämpfe sollen in der ersten Jahreshälfte jedoch etwas weniger im Fokus sein. „Ich möchte insgesamt daran arbeiten, dass meine Übungen noch sauberer werden, und ein paar neue Elemente lernen, um die Schwierigkeit weiter zu erhöhen. Was in der zweiten Jahreshälfte möglich sein wird“, fährt er fort, „wird sich zeigen. Ich habe auf jeden Fall viel vor.“